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Auch Genies haben zuweilen Aussetzer

OSC Baden-Baden will heute Vorentscheidung im Titelkampf erzwingen

von FM Hartmut Metz, 18. Februar 2006

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   Die Schachspieler des OSC Baden-Baden greifen heute gegen den deutschen Meister Werder Bremen nach dem Titel. Um mit einem Sieg in Hamburg die Tabellenführung zu festigen und sich vorentscheidend abzusetzen, wird der Spitzenreiter (17:1 Punkte) gegen den Verfolger (16:2) vor allem auf seine ausländischen Asse bauen. Die deutschen Großmeister haben bis auf Philipp Schlosser allesamt in dieser Saison enttäuscht. Der Baden-Badener ist mit acht Siegen und einer Niederlage Topscorer des Meisterschaftsfavoriten. Rustem Dautov (5:4 Zähler) und Rainer Buhmann (3:2), der einzige Nicht-Großmeister in der Riege, weisen nur eine knapp positive Bilanz auf. Fabian Döttling (3,5:3,5) und Robert Hübner (4:4) müssen sich mit exakt der Hälfte der Punkte zufrieden geben.

   Dafür stehen alle Weltstars mit guten Ergebnissen da: Der Weltranglistenzweite Viswanathan Anand (1,5:0,5) wird diesmal gegen Bremen sicher genauso aufgeboten wie der -dritte Peter Swidler (2,5:1,5). Beide verloren noch nie bei einem Punktspiel des OSC eine Partie. Gleiches gilt für den dritten Top-Ten-Spieler, den Franzosen Etienne Bacrot (4:1), und den Dänen Peter Heine Nielsen (3,5:0,5). Sergej Mowsesjan steht mit 5:1 Zählern zu Buche. Auch Alexej Schirow (3,5:0,5), Michal Krasenkow (3,5:1,5) und der vergangene Woche bei einem starken Turnier in Mexiko brillierende Francisco Vallejo Pons (2,5:1,5) überzeugten bisher – sind jedoch zuweilen mit ihrem Stil unsichere Kantonisten.

   Als Beleg zwei unglaubliche Schlappen – Großmeistern traut man eigentlich nicht zu, dass sie bereits nach 12 beziehungsweise 13 Zügen aufgeben müssen. Schirow passierte dieses Missgeschick in Gibraltar gegen den Engländer Peter Wells.

 

Alexej Schirow

Alexej Schirow. Foto: Metz

 

 










Wells,Peter (2501) - Schirow,Alexej (2709) [A45]
Gibtelecom Gibraltar Masters (6), 29.01.2006

1.d4 Sf6 2.Lg5 c5 3.Lxf6 gxf6 4.d5 Db6 5.Dc1 f5 6.c4 Lh6 7.e3 f4 8.exf4 Lxf4 9.Dxf4 Dxb2 10.Se2 Dxa1 11.Sec3 Db2? Ein Fehler, glaubt man den Ausführungen von Wells selbst in seinem Buch über den Trompovsky-Angriff. In dem hoch gelobten Werk wird [11...d6 12.Dd2 Tg8 13.Le2! als beste Fortsetzung angepriesen. Danach soll Weiß besser stehen, befindet Wells. Computer sehen das zunächst anders und verspeisen keck den Bauern auf g2: 13...Txg2 14.Lf3 Tg6 15.Ke2 Lg4 16.Tc1! (16.Lxg4 ist zu vorschnell. 16...Txg4 17.Te1 Td4 18.Dg5 Sd7 19.Kf1 0-0-0 ) 16...Lxf3+ 17.Kxf3 Sd7 18.Sa3 Se5+ 19.Ke2 und Schwarz verliert die Dame ohne ausreichende Kompensation.] 12.d6 Dc2 [12...Sc6 brachte auch nichts ein in der Partie Hodgson - van der Wiel (Amsterdam 1994). 13.Ld3 exd6 14.0-0 Se5 15.Df6 0-0 16.Sd5 Te8 17.Dg5+ Sg6 18.Sf6+ Kf8 19.Dh6+ Ke7 20.Sd5+ Kd8 21.Lxg6 hxg6 22.Sbc3 1:0.] 13.De3 und Schwarz gab auf! Nicht zu früh, wie die folgenden Varianten belegen. [13.De3 Sc6 14.Ld3 Db2 15.0-0+- und im Vergleich zu dem erwähnten Sieg von Hodgson hat Schwarz sogar noch ein paar Tempi weniger ... 15...Tb8 (15...e6 16.Dh6 Tg8 (16...Db6 17.Dg7 Tf8 18.Sd5! ist der K.o.-Schlag.) 17.Lxh7 Tf8 18.Df6 Tb8 (18...Db6 19.Sd5! exd5 20.Te1+ ) 19.Le4 Tg8 20.Lxc6 Kf8 21.Lf3 ist hoffnungslos.) 16.Dh6 Tg8 17.Dxh7 Kf8 18.dxe7+ Sxe7 19.Dh6+ Tg7 20.Dd6 Ta8 21.Sd5 f5 22.Te1 und die schwarze Stellung bricht zusammen.] 1-0

 

   Hätte Schirows Niederlage auch jedem Amateur passieren können, gilt dies nicht für Hübners Patzer im Bundesligaspiel gegen den Solinger Christian Gabriel.

 

Robert Hübner

Robert Hübner. Foto: Metz

 

 










Gabriel,Christian (2531) - Hübner,Robert (2636) [D23]
Bundesliga: Baden Baden - Solingen (8.5), 2006

1.d4 d5 2.c4 c6 3.Sf3 Sf6 4.Db3 dxc4 5.Dxc4 Lf5 6.g3 e6 7.Lg2 Le7 8.0-0 0-0 9.Db3 Db6 10.Sbd2 Td8?! [10...Sbd7 sieht am logischsten aus. Wahrscheinlich hatte Hübner da aber seinen unglücklichen Plan schon im Visier ...] 11.Sc4 Dxb3 12.axb3 Schwarz hat nun mehrere mögliche Fortsetzungen. Weiß bemerkte sicher nur am Rande die Idee Sb6, um den Turm zu fangen. Auf diesen Anfängertrick würde ein Hübner niemals hereinfallen! Gabriels Hauptidee bestand gewiss in Sa5, um auf die Bauern b7 und c6 zu drücken. 12...Td5?? Berichten nach konnte Gabriel zunächst nicht glauben, dass das alles wahr ist. Ehe sich der Großmeister aber versichert hatte, dass er nicht träumt, entdeckte auch Hübner das Malheur durch [12...Td5 13.Sb6 axb6 14.Txa8 Td8 15.Lf4 Sa6 16.Txd8+ Lxd8 mit einem hoffnungslosen Endspiel und gab auf.; Den Remishafen hätte Schwarz ansteuern können mittels 12...a6 13.Sb6 Ta7 14.Ld2 Sbd7 15.La5 Te8 16.Se5 Sxb6 17.Lxb6 Taa8 18.Lc5 Le4 (18...Tad8 19.Lxc6! Lxc5 20.Lxe8 Lxd4 21.Lxf7+ Kf8 22.Tfd1 Lxe5 23.Txd8+ Kxf7 24.f3 Lxb2 25.Ta5 gibt Weiß noch gewisse Chancen, auf Sieg zu spielen.) 19.f3 Lg6 20.Lxe7 Txe7 21.e4 Td8 22.Tfd1 Sd7 23.Sxg6 hxg6 24.Kf2 und nur leichtem Vorteil für Weiß.] 1-0

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