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Baden-Ooser Damen nicht zu schlagen

Emsdetten zieht im Stichkampf um Titel mit 2,5:3,5 den Kürzeren

Text und Fotos von FM Hartmut Metz, 22. Mai 2004

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   Zhaoqin Peng kauerte wie ein Häuflein Elend auf dem Boden. Emsdettens Teamchef Raimo Vollstädt hatte alle Hände voll zu tun, um die Vize-Europameisterin aus den Niederlanden zu trösten. Mit 2,5:3,5 hatten die Schachspielerinnen des SK Turm Emsdetten den Kürzeren gegen den SC Baden-Oos gezogen. In zwei Jahren in der Bundesliga gab das Überteam aus der Kurstadt lediglich zwei Unentschieden ab. Zuletzt im Spitzenspiel gegen Emsdetten, das mit dem 3:3 während der Saison und 21:1 Punkten den Stichkampf um den deutschen Titel erzwungen hatte. Lediglich einmal im Europapokal zeigte das Team aus Baden-Baden Schwächen und kassierte mehrere Niederlagen. Auf deutscher Ebene bleibt die Mannschaft um die nationale Nummer eins, Ketino Kachiani-Gersinska, aber das Nonplusultra und hat seit der Gründung des Teams vor vier Jahren noch kein Match verloren!

 

Zhaoqin Peng

Zhaoqin Peng hat gegen ihre Angstgegnerin Almira Skriptschenko nichts zu bestellen: Viermal gespielt, viermal verloren.

 

   Im zeitgleich mit den Männern ausgetragenen Titel-Duell war Baden-Oos dank der aufgebotenen Top 6 der Rangliste mit einem Elo-Durchschnitt von 2411 leicht favorisiert. Emsdetten verzichtete von den in dieser Saison eingesetzten Großmeisterinnen auf die Engländerin Harriet Hunt (2,5/4) und Zoja Lelchuk, die mit 8,5/10 die meisten Zähler für den Tabellenführer geholt hatte. 2402 Elo brachte der SK Turm so ohne seine Nummer vier und sechs auf die Waage. Insgesamt 51 Elo mehr sind jedoch so gut wie nichts, weshalb die "Tagesform" entscheiden sollte. Das zeigte sich bereits bei der ersten beendeten Begegnung am letzten Brett: Jekaterina Borulya brachte nach einer lauen Saison mit 4,5/7 ausgerechnet die deutlich stärkere Tea Bosboom-Lanchava (7,5/9) zu Fall. Die Niederländerin schnitt in einer leicht schlechteren Stellung der eigenen Dame mit einem Springer den Rückzug ab, so dass Bosboom-Lanchava nach dem Patzer sofort die Waffen strecken musste. Die Fron hatte sich somit für Borulya gelohnt: "Mein Mann quälte mich eine Woche lang mit Schach", berichtete die Siegerin leicht genervt über die intensive Vorbereitung mit ihrem Gatten IM Jaroslaw Srokowsky.

 

Schach: Tea Bosboom-Lanchava, Jekaterina Borulya

"Die Quälerei" durch ihren Ehemann lohnte sich für Jekaterina Borulya (links), die Tea Bosboom-Lanchava schlug.

 

   Für den Ausgleich sorgte kurz danach Jordanka Micic, die die haarsträubende Zeitnot von Jelena Sedina gnadenlos ausnutzte. Die Italienerin schaffte mit knapper Not die Zeitkontrolle, befand sich jedoch im 41. Zug auf verlorenem Posten. Das Endspiel mit einer Figur weniger gab die Baden-Ooserin deshalb auch bald auf. "Ich hielt nach Sedinas hohem Zeitverbrauch die Stellung kompliziert, bis sie alles einstellte", berichtete Micic von ihrer gelungenen Taktik. Bei korrektem Spiel hätte die Partie auch anders ausgehen können - doch Sedina machte einen typischen Zeitnotfehler: Sie gab ein auf der Hand liegendes Zwischenschach, das Material kostete.

 

Jordanka Micic

Emsdettens Großmeisterin Jordanka Micic wartete geduldig, bis Jelena Sedina in haarsträubender Zeitnot Material einstellte.

 

   Die Ooser Topscorerin Jekaterina Kowalewskaja (7/8) kam gegen Natascha Bojkovic, die mit 0,5/2 in der Runde gänzlich enttäuscht hatte, als Nachziehende zu starker Initiative. Die Serbin gab jedoch die zwei von der Russin geopferten Bauern zurück, so dass die Begegnung ins Remis versandete. Beide Seiten besaßen am Schluss nur noch vier Bauern und zwei Türme.

 

Schach: Jekaterina Kowalewskaja, Natascha Bojkovic

Die Ooser Topscorerin Jekaterina Kowalewskaja konnte gegen Natascha Bojkovic ihre Initiative nicht zum Sieg ausbauen.

 

   Mehr Mühe hatte Kachiani-Gersinska gegen Pia Cramling. Die Schwedin wurde zwar von ihrer Kontrahentin mit Slawisch überrascht, was die Muggensturmerin zuvor noch nie gezogen hatte, doch sie erhielt nach einer Ungenauigkeit Eröffnungsvorteil. Kachiani-Gersinska behalf sich dann mit einem Damenopfer. Turm und Springer hielten dabei komfortabel remis, auch wenn Cramling an "Gewinnchancen" glaubte.

 

Schach-Analyse: Ketino Kachiani-Gersinska, Pia Cramling

Austausch über das Endspiel Dame kontra Turm und Springer: Pia Cramling (rechts) und Ketino Kachiani-Gersinska.

 

   Almira Skriptschenko sorgte für die Vorentscheidung. Einmal mehr musste Zhaoqin Peng die Segel gegen die Französin streichen. "Ich habe sie schon im Vorjahr dreimal geschlagen. Das half mir sicher psychologisch, als ich nur etwas besser stand", fand die in Paris lebende Moldawierin eine Erklärung, warum die gebürtige Chinesin erneut gegen sie einbrach. Die Eröffnung hatte Skriptschenko mit der Französisch-Abtauschvariante relativ harmlos behandelt. Nach ihrem Bauernverlust verteidigte sich Peng zäh, aber letztlich ohne Erfolg.

 

Almira Skriptschenko

Almira Skriptschenko sorgte für die Vorentscheidung im Stichkampf.

 

   Am Schluss waren die Gäste mit dem Endresultat sogar noch gut bedient. Die Georgierin Nino Khurtsidse remisierte ihre Gewinnstellung gegen die Ungarin Yelena Dembo, um den 3,5:2,5-Erfolg des SC perfekt zu machen. "Das reichte ja. Das Damenendspiel war eigentlich leicht gewonnen", erklärte das vierte Brett der Kurstädter. Die Partie hatte Khurtsidse dominiert, die während der Runde mit 8/9 auftrumpfende Dembo kämpfte nur verzweifelt um Ausgleich.

   Kachiani-Gersinska lobte ihr Team: "Die Mädchen haben toll gekämpft", befand die 32-Jährige. "Mit etwas Glück hätten wir auch den Titel holen können", meinte Micic und gratulierte dem Meister, der über eine "super Truppe" verfüge. Die wird auch Emsdetten nächste Saison aufbieten. Nachdem seine Titelträume zerstoben, verkündete Raimo Vollstädt: "Wir greifen wieder an!" Mit zwei spektakulären Zugängen soll die Baden-Ooser Erfolgsserie endlich gebrochen werden. Die ehemalige Weltranglistenzweite Antoaneta Stefanowa (Bulgarien), derzeit auf Position zehn geführt, und das ukrainische Wunderkind Katerina Lahno - mit 14 bereits Weltranglistensiebte - machen Emsdetten in der Bundesliga noch gefährlicher.

 

Die Meistermannschaft mit dem SC-Vorsitzenden und Frauen-Teamchef Jürgen Gersinska (links), Jekaterina Kowalewskaja, Ketino Kachiani-Gersinska, Jekaterina Borulya, Tamara Klink (kniend), Almira Skriptschenko, Jessica Nill, Nino Khurtsidse, Thilo Gubler und Jelena Sedina.

 

 

Baden-Oos

Emsdetten

3,5:2,5

1.

Ketino Kachiani-Gersinska

(2439) -

Pia Cramling

(2491)

1/2

2.

Almira Skriptschenko

(2456) -

Zhaoqin Peng

(2396)

1:0

3.

Jekaterina Kowalewskaja

(2467) -

Natasa Bojkovic

(2400)

1/2

4.

Nino Khurtsidse

(2387) -

Yelena Dembo

(2424)

1/2

5.

Jelena Sedina

(2382) -

Jordanka Micic

(2326)

0:1

6.

Jekaterina Borulja

(2332) -

Tea Boosboom-Lanchava

(2375)

1:0

 

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