Bissiger Wolf hat Kreide gefressenKasparow in Topturnieren seit 114 Partien ungeschlagenvon Hartmut Metz, 30. März 2002 |
Schachlich steht Garri Kasparow voll im Saft. Von den finanziellen Schwierigkeiten, in denen sein Web-Unternehmen www.Kasparovchess.com steckt - die meisten Journalisten kündigten angesichts ausstehender Gehaltszahlungen die Gefolgschaft -, war in Linares nichts zu spüren. Der Weltranglistenerste deklassierte einmal mehr die Konkurrenz. Der Russe, der am Mittwochabend Gast bei der Harald-Schmidt-Show war, hat nun bei seinen letzten fünf Erfolgen im "Wimbledon des Schachs" keine einzige Partie verloren - und das sind immerhin 61 seit der Niederlage 1997 gegen Vizeweltmeister Wassili Iwantschuk.
Garri Kasparow
Noch imposanter klingt die Bilanz des 38-Jährigen bei seinen zehn Triumphen in Folge, die er im klassischen Turnierschach in Linares (4), Wijk aan Zee (3), Sarajevo (2) und im kasachischen Astana feierte: In 114 Duellen verlor er bei 52 Siegen und nur 62 Remis keine Partie! Zuletzt durfte sich der Bosnier Ivan Sokolov anno 1999 im niederländischen Wijk über die Aufgabe des besten Spielers aller Zeiten freuen.
Richtig glücklich wird Kasparow trotzdem nicht. An den 2000 an Wladimir Kramnik verlorenen WM-Titel kommt der gebürtige Aserbeidschaner nicht mehr so schnell heran. Für das WM-Qualifikationsturnier im Juli in Dortmund sagte er genauso ab wie die treu zum Weltverband FIDE stehenden Ruslan Ponomarjow, Iwantschuk sowie Ex-FIDE-Weltmeister Viswanathan Anand. So versuchen die verbleibenden Topspieler Michael Adams, Alexander Morosewitsch, Weselin Topalow, Alexej Schirow, Peter Leko, Boris Gelfand, Jewgeni Barejew und die deutsche Nummer eins, Christopher Lutz, Herausforderer von Kramnik zu werden.
Diesen kritisierte Kasparow scharf. Er zeige nicht, dass er Weltmeister sei, beklagte der Egozentriker aus Moskau mangelnden "Respekt gegenüber dem Titel". Ansonsten aber hat der Wolf, der sich in den vergangenen Jahren keinen Deut um die Mitspieler scherte, Kreide gefressen. Der Mann, der für das WM-Chaos seit 1993 verantwortlich ist, zeigte Gesprächsbereitschaft. Er wolle in Prag, beim nächsten großen Turnier, mit den anderen Koryphäen die Situation im Weltschach erörtern.
In Linares konnte die extrovertierte Nummer eins den 18-jährigen Ponomarjow erst in der vorletzten Runde auf Distanz bringen. Nach dem entscheidenden Zug ballte er zum Zeichen des Sieges die Faust.
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W: Kasparow S: Ponomarjow
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