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Langrock "motorisch überlegen"

Im deutschen Einzelpokal liegen die Nerven blank

von Hartmut Metz, 23. März 2002

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   Der Dähne-Pokal ist reine Nervensache. Das zeigte sich vor allem in der Endrunde des deutschen Pokals im Baden-Badener Kurhaus. Gute Partien wurden auch diesmal kaum gespielt. Der Druck lastet zu sehr auf den Amateuren, nach den vielen überstandenen K.o.-Runden kurz vor dem Ziel bloß nicht zu stolpern. Remis sind an der Tagesordnung, jeder sucht sein Heil in der Verlängerung mit Blitzpartien. Die Träume von Karsten Schulz (VBSF Cottbus) zerstoben bereits im Viertelfinale: Auch dem Brandenburger misslang die Titelverteidigung, die nur einer, Rolf Bernhardt (1967/1968), seit 1952 schaffte. Das aus dem Boxen bekannte "They never come back" durchbrachen zudem Karl Gilg (1954/1963), Sigmund Wolk (1957/1959) und Bodo Schmidt (1971/1975) mit einem zweiten Erfolg im Dähne-Pokal.

 

Deutscher Schach-Pokal 2002

Favorit Ulf von Herman (links) konnte sich gegen Hannes Langrock nicht durchsetzen

 

   Auch das Endspiel endete bereits nach 21 Zügen friedlich. Hannes Langrock war heilfroh, gegen Ulf von Herman wieder Blitzen zu dürfen. Der Hamburger hatte in den 14 Runden zuvor bereits dreimal in den Fünf-Minuten-Partien das bessere Ende für sich verbucht.

 










von Herman - Langrock

 

1.d4 d5 2.c4 e6 3.Sc3 c6 4.Sf3 dxc4 5.a4 Lb4 6.Ld2 De7 7.a5 Sf6 8.e3 c5 9.Lxc4 cxd4 10.exd4 Sc6 11.a6 0-0 12.0-0 h6 13.Te1 Dd8 14.Lf4 bxa6 15.Lxa6 Sd5 16.Ld2 Lxa6 17.Txa6 Tc8 18.Db3 Sa5 19.Da2 Sc4 20.Sxd5 Lxd2 21.Sxd2 Sxd2 1/2-1/2

 

   So auch im Endspiel gegen von Herman. In der folgenden vorteilhaften Stellung besaß Weiß mehr als 90 Sekunden Bedenkzeit, während Langrock nur noch über deren 38 verfügte.

 











von Herman - Langrock

 

Anstatt die Dame umgehend nach d3 zu spielen, verprasste Ulf von Herman rund 50 Sekunden seines Zeitvorteils für den spektakulär anmutenden folgenden Zug, der allerdings nicht so stark wie erhofft ist. 1.Td8!? Txc2 2.Txc8 h5? [2...Dg6+! 3.Kf1 f6 4.Tcd8 Df5 5.Txe8+ Kf7 6.Ted8~~ ] 3.Txe8+ Kh7 4.c8D Txc8 5.Txc8 Dg6+ 6.Kh1 Df5 7.Tc7 a5 8.Tdd7 Kg6 9.Txf7 Dxf7 10.Txf7 Kxf7 war der ungefähre Fortgang der Blitzpartie. Weiss büßte dabei noch weitere Sekunden seines zeitlichen Vorteils von einst 38 gegen 14 Sekunden ein. Schwarz gewann hauchdünn auf Zeit, da von Herman seine Freibauern auch nur bis auf die fünfte Reihe vorbrachte. 0-1

 

   In der zweiten Blitzpartie behielt von Herman die Nerven und glich in einer äußerst einseitigen Begegnung durch einen Mattangriff gegen den in der Mitte stecken gebliebenen König mit leichter Hand zum 1:1 aus. Auch im alles entscheidenden dritten Duell verfügte der Favorit über ein großes Zeitpolster von rund einer Minute. Es schmolz auf eine halbe Minute. Im besseren Damen-Endspiel weigerte sich von Herman zu ziehen, dabei hätte er seinen Kontrahenten problemlos über die Zeit heben können. Bei sieben Sekunden zeigten beide Uhren dieselbe Zeit - als der Unglücksrabe die Zeit überschritt, hatte Langrock noch drei Sekunden! "Meine motorischen Fähigkeiten waren besser, ich spielte nicht besser", räumte der 18-Jährige unumwunden ein. "Ich kann nicht blitzen. Ich brauche immer drei Minuten mehr als meine Gegner. Insgesamt spielte ich grausig", versuchte sich von Herman zu trösten.

 

Hannes Langrock, der 50. deutsche Pokalsieger

Hannes Langrock, der deutsche Pokalsieger 2002

 

   Der 50. deutsche Pokalsieger (1961 fiel der Wettbewerb aus) spielt bisher in der Oberliga-Reserve des Hamburger SK. In der nächsten Saison seien aber drei bis vier Einsätze in der Bundesliga geplant, berichtete das Talent. Die spektakulärste Partie spielte Hannes Langrock im Halbfinale, als sein Kontrahent aus Ströbeck, Harald Darius, auf ein Dauerschach verzichtete.

 










W: Langrock S: Darius

 

1.e4 g6 2.d4 Lg7 3.Sc3 d6 4.Le3 c6 5.Dd2 Sd7 6.Ld3 b5 7.Sf3 a6 8.a4 b4 9.Se2 a5 10.0-0 Dc7 11.c3 Tb8 12.Tfc1 h6 13.cxb4 Txb4 14.Dc2 Sb8 15.h3 Sf6 16.e5 Sd5 17.Ld2 Tb7 18.Lxg6 dxe5 19.dxe5 Lxe5 20.Lxa5 Dd6 21.Sxe5 Dxe5 22.Ld3 Tg8 23.Sg3 Txg3 24.fxg3 Txb2 25.Dc5 Lxh3 26.Lf1 Lxg2 27.Lxg2 De2 28.Lxd5 Dh2+ 29.Kf1 Dh3+ 30.Kg1 Dxg3+ 31.Kf1 Dh3+ 32.Kg1 Dh2+ 33.Kf1 De2+ 34.Kg1 Sd7 Der Zug verdirbt noch nichts. Trotzdem sollte Schwarz gleich das Dauerschach geben. 35.Dd4 Se5?? 36.Txc6?? [36.Lxc6+ Kf8 (36...Sxc6 37.Dh8+ Kd7 38.Td1+ Ke6 39.Te1+- ) 37.Df4 Sxc6 38.Dxh6+ Kg8 (38...Ke8 39.Dxc6+ Kf8 40.Dh6+ Ke8 41.Tc8+ Kd7 42.Td8# ) 39.Dg5+ Kf8 40.Dg3 und alle Drohungen sind pariert. Zudem kann der schwarze Springer wegen Tc8 matt nicht ziehen.] 36...Dh2+ 37.Kf1 Dh3+?? [37...De2+ 38.Kg1 Dh2+ ist weiterhin Pflicht.] 38.Ke1 Sd3+ Darauf hatte sich Schwarz verlassen. 39.Dxd3!! Dh4+ [39...Dxd3 fuehrt auch zum Matt - aber zu dem des schwarzen Monarchen: 40.Tc8+ Kd7 41.Td8# ] 40.Kd1 Dg4+ 41.Lf3 Dg1+ 42.Le1 Tb8 43.Tac1 Td8 44.Tc8 1-0

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