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Barejews "Kleinode"

Russe feiert trotz französischen Desasters seinen größten Erfolg

von Hartmut Metz, 9. Februar 2002

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   Die Konkurrenz witzelt, Jewgeni Barejew sei entweder in weniger als 20 Zügen zu schlagen - oder gar nicht. In Wijk aan Zee bestätigte dies der Weltranglistenelfte einmal mehr unfreiwillig. Gegen Ex-Weltmeister Alexander Khalifman verlor der Russe in nur 19 Zügen in seiner geliebten Französischen Verteidigung. Doch der gerne meditierende Barejew zeigte sich nach dem Rückschlag in Runde elf abgehärtet, gewann die zwei letzten Partien und sicherte sich mit 9:4 Punkten seinen bisher wertvollsten Turniersieg vor Landsmann Alexander Grischuk (das BT berichtete).

   Gegen diesen war Barejew im Vorjahr beim Europacup in nur 17 Zügen unterlegen. Sein persönlicher Minusrekord steht jedoch bei 15 Zügen im Französisch, in denen der 35-Jährige anno 1994 in Nowgorod gegen Alexej Schirow verlor. Die "Bestleistung" in den Niederlanden hält allerdings kein Geringerer als Anatoli Karpow. Ein nur zwölfzügiges Debakel erlebte der Ex-Weltmeister 1993 in Wijk! Der US-Meister hatte anschließend die Chuzpe, die Schach-Legende zu fragen, ob er die Partie analysieren wolle - was Karpow mit einem barschen "Njet!" ablehnte. Christiansen, nicht faul, zog trotzdem weiteren Nutzen aus dem - im wahrsten Sinne des Wortes - Kleinod: Der Amerikaner analysierte es für die jugoslawische Theoriebibel "Informator" und kassierte dafür 100 US-Dollar.

 










W: Khalifman S: Barejew

 

1.e4 e6 2.d4 d5 3.Sc3 dxe4 4.Sxe4 Sd7 5.Ld3 Sgf6 6.De2 c5 7.Sxf6+ Sxf6 8.dxc5 Lxc5 9.Ld2 0-0 10.0-0-0 Dd5?! 11.Kb1 Dxg2?! "Den Bauern zu fressen, sieht riskant aus - aber andernfalls macht es keinen Sinn, überhaupt Dd5 zu ziehen", urteilt Großmeister Alexander Baburin in seiner täglichen Internet- Zeitschrift "Chess Today". Also gut möglich, dass diese Fortsetzung nach dem Desaster in Wijk aan Zee aus der Turnierpraxis verschwindet. 12.Sf3 Dxf2 13.De5 Le7 Eine Neuerung. Bisher wurde 13...Dxf3 mit wenig Erfolg versucht. Loek van Wely glaubte tags darauf, mit der Fortsetzung 13...Sd7 glücklich zu werden. Was daraufhin geschah, entnehmen Sie der zweiten Partie. 14.Tdf1 Dc5 15.Dg3 Sh5 16.Dh3 g6 17.Thg1 Für die geopferten zwei Bauern erhält Weiß fulminanten Angriff. Wie schnell der Nachziehende stolpern kann, zeigt Barejews nächster Zug. 17...Sf4?? Ohnehin in der Entwicklung zurück, forciert Schwarz noch den Abtausch einer wichtigen Verteidigungsfigur. Das spielt Khalifman in die Hände. 18.Lxf4! e5 19.Dh6 exf4 20.Tg5! 1-0

20.Tg5 f5 (20...Dc7 verliert nach 21.Th5! ) 21.Txg6+ hxg6 22.Dxg6+ Kh8 23.Dh6+ Kg8 24.Lc4+ Dxc4 25.Tg1+ wollte Barejew nicht mehr sehen.


   Tags darauf erlitt Loek van Wely, der in Wijk völlig von der Rolle war und mit 3:10 Zählern abgeschlagen Letzter wurde, mit derselben Variante Schiffbruch. Nach den ersten zwölf Zügen und 13.De5 wie in der vorherigen Partie setzte der Weltranglisten-14. mit seiner ausbaldowerten scheinbaren Verstärkung Sd7? fort. Damit hielt er jedoch einen Zug weniger als Barejew durch.

 










W: Morosewitsch S: van Wely

 

1.e4 e6 2.d4 d5 3.Sc3 dxe4 4.Sxe4 Sd7 5.Ld3 Sgf6 6.De2 c5 7.Sxf6+ Sxf6 8.dxc5 Lxc5 9.Ld2 0-0 10.0-0-0 Dd5 11.Kb1 Dxg2 12.Sf3 Dxf2 13.De5 Sd7 14.Lxh7+! Kxh7 15.Dh5+ Kg8 16.Thg1 Le3?! [16...Sf6 war einen Versuch wert. 17.Txg7+ Kxg7 18.Dg5+ Kh7 19.Dh6+ Kg8 20.Dxf6 Ld4 21.Dg5+ Lg7 22.Tg1 Dxg1+ 23.Dxg1 und Weiß steht besser.; 16...g6? verliert rasch: 17.Txg6+ fxg6 18.Dxg6+ Kh8 19.Lc3+ e5 20.Sxe5 Sf6 21.Sf7+ Txf7 22.Dxf7 ] 17.Lxe3 Dxe3 18.Tg3! Dc5? 18...Sf6 19.Dh4 bietet mehr Widerstand. 19.Dh6 1-0 Das Matt folgt auf den Fuß.

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