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Äußerst interessanter "Karl"

Neues Magazin gewiss keine Zeitverschwendung

von Hartmut Metz, 25. August 2001

mehr Schachtexte von Hartmut Metz


   Der Zeitschriften-Markt im Schach ist erstaunlich. Kaum eine andere Sportart dürfte für ein kleines Klientel so viele monatliche Hefte anbieten. Um die Gunst der Leser buhlen das "Schach-Magazin 64", das zweimal im Monat erscheint, die "Rochade Europa" (Verkündungsorgan der Landesverbände), "Schach" und die allwöchentlich publizierte schweizerische Zeitschrift "Schachwoche". Hinzu gesellen sich noch speziellere Publikationen wie "Computer, Schach&Spiele" (sechs Ausgaben pro Jahr) und das quartalsweise erscheinende Magazin "Kaissiber". Bei Letzterem bemüht sich Redakteur Stefan Bücker vor allem um die interessante Aufbereitung von Gambiten, also Bauernopfern in der Eröffnung.

   In einer Sportart wie Tischtennis, die mit rund 700.000 Verbandsmitgliedern mehr als sieben Mal so viele Anhänger zählt, gibt es mit dem "dts" zum Beispiel nur ein Magazin. Und das wird auch noch eher schlecht unters Pingpong-Volk gebracht. Braucht es daher beim Denksport wirklich noch ein weiteres Printmedium, zumal viele Vereinsmitglieder keine Schach-Zeitung erwerben und nur Mehrfachkäufer all die vielen Ausgaben am Leben erhalten? In das enge Marktsegment drängt jetzt mit dem "Karl" ein weiterer Spezialanbieter. Mit einer Startauflage von 8.000 Stück buhlt das im vierteljährlichen Rhythmus angekündigte Heft, das 9,90 Mark kostet, um Leser. Das Projekt von Harry Schaack, Johannes Fischer und Stefan Löffler, der einer der beiden besten deutschen Schach-Journalisten ist, lohnt den Kauf.

   Die "kulturelle Schachzeitung", wie sich das aus der Vereinszeitung des hessischen Oberligisten SF Schöneck entstandene Blatt nennt, tritt nicht in Konkurrenz zu den herkömmlichen Publikationen. Der "Karl" widmet sich in jeder Ausgabe einem thematischen Schwerpunkt. Das erste Mal dem Tempo, im nächsten Magazin soll das Internet im Mittelpunkt stehen. Die Premiere gelang dank famoser Beiträge besonders zu den Themen Zeitnot und Bedenkzeiten. Äußerst interessant fiel auch der Beitrag über die Schachuhren-Sammlung von Manfred Mädler aus.

   Nachstehend aus der "Karl"-Reihe "Lieblingspartie" ein Kunstwerk von Lubomir Ftacnik. Bei der Schach-Olympiade in Luzern 1982 schlug er beim 1,5:2,5 der Tschechoslowakei gegen die Sowjetunion Lew Polugajewski.

 










W: Polugajewski S: Ftacnik



1.Sf3 Sf6 2.c4 c5 3.Sc3 e6 4.g3 b6 5.Lg2 Lb7 6.0-0 Le7 7.d4 cxd4 8.Dxd4 d6 9.Td1 a6 10.b3 Sbd7 11.e4 Db8 12.Lb2 0-0 13.Sd2 Td8 14.a4 Dc7 15.De3 Tac8 16.De2 Se5 17.h3?
Der erste, unmerkliche Fehler in einer Stellung, die typisch ist für den so genannten Igel-Aufbau, den Schwarz spielte. Wie Ftacnik im "Karl" ausführt, schwächt dies das Feld g3 und schafft dort einen Angriffspunkt, den er sofort ins Auge fasst. 17...h5! Der Bauer stößt nach h4 vor, wonach selbst nach dem Vorbeiziehen des weißen Bauern nach g4 eine Schwäche auf f4 entsteht. Um dies zu verhindern, greift Polugajewski selbst gleich an. 18.f4 Sg6 19.Sf3 d5! 20.cxd5? [20.e5 Se4 21.Sxe4 dxe4 22.Sd4 (22.Sd2 gestattet 22...Td3 ) 22...h4 23.Lxe4 hxg3 spielt sich angenehm für den Nachziehenden. Nichts taugt die Preisgabe des starken Läufers: 24.Lxg6 fxg6 25.Dg4 (25.Sxe6?? ist ein schlimmer Patzer, weil 25...Dc6 sofort entscheidet.) 25...Lc5! 26.Dxe6+ Kh7 27.f5 gxf5 28.Dxf5+ Kg8 29.De6+ Kh8 und Weiß kann nichts dagegen tun, dass anschließend seine Dame auf e6 vertrieben wird und Dc6 oder Dxe5 für Ftacnik gewinnen.] 20...h4 21.Sxh4 Sxh4 22.gxh4 Dxf4 23.dxe6 fxe6 24.e5?! Laut Ftacnik bietet noch [24.Txd8+ Txd8 25.Td1 gewisse Verteidigungschancen, auch wenn Schwarz starken Angriff behält.] 24...Lc5+ 25.Kh1 Sh5! 26.Dxh5 Dg3 27.Sd5 Was soll der Anziehende sonst machen? [27.Dg4 Lxg2# ; 27.Lxb7 Dxh3# führen sofort zum Matt.] 27...Txd5 28.Tf1 Droht Dauerschach auf f7 und h5. Doch dazu kommt es nicht mehr. 28...Dxg2+! 29.Kxg2 Td2+ [29...Td2+ 30.Kg3 Tg2+ 31.Kf4 Tf8+ 32.Df7+ Txf7# ließ sich Polugajewski nicht mehr zeigen.] 0-1

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