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Zwei Bauern für 300000 Mark

Schach: Kasparow spielt Vorgabepartien gegen Millionär Chapman

von Hartmut Metz, 28. April 2001

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Garri Kasparow

Garri Kasparow

   Im 19. Jahrhundert waren Vorgabepartien ein beliebtes Mittel, um den oft eklatanten Spielstärke-Unterschied zweier Gegner zu minimieren. Ganze Wettkämpfe wurden so ausgetragen. 1836 bezwang der Ungar József Szén in Paris den französischen Schachmeister Louis Charles de la Bourdonnais mit 13:12 dank der regelmäßigen Vorgabe eines Bauern sowie eines Zuges. Tönte Weltmeister Bobby Fischer in den 70er Jahren noch, er könne jeder Frau eine Figur vorgeben und gewänne trotzdem, ist derlei inzwischen undenkbar.

   Mit einer Figur weniger würde dem US-Amerikaner ebenso wie jedem anderen Weltklassespieler das Fell über die Ohren gezogen. Das Niveau hat sich auf breiter Basis gehoben. Ein Fehler - und bei offenen Turnieren wird man auch als Großmeister von starken Amateuren gerupft. Vorgaben gibt es höchstens noch bei Blitzpartien um ein paar Mark Einsatz, bei denen die Profis mit einer oder zwei Minuten Bedenkzeit gegen fünf Minuten spielen.

   Ein Comeback feierten die Vorgabepartien am vergangenen Wochenende. Ein Freund hatte den Selfmade-Millionär Terence Chapman gefrotzelt, was er denn benötige, um Garri Kasparow zu schlagen. „Zwei Bauern sollten reichen", konterte der ehemalige britische U14-Meister und U18-Champion von London. Die Idee gefiel jedenfalls dem Unternehmer, der 1999 mit IT-Lösungen und Software-Produkten für Finanzinstitute über 300 Millionen Mark umsetzte. Der Weltranglistenerste Kasparow war rasch für ein Wohltätigkeits-Match gewonnen. Über 300 000 Mark spendete Chapman für das Schulschach-Projekt der Kasparow-Schachakademie.

   Auf das Duell bereitete sich Chapman gewissenhaft vor. Gegen die englischen Nationalspieler Julian Hodgson und John Nunn trug er geheim gehaltene Zweikämpfe aus, die er mit 1,5:2,5 und 1,5:3,5 verlor. Der Geschäftsmann befand, dass er so viel trainiert habe wie die letzten 25 Jahre nicht mehr, in denen er nur acht, neun Mannschaftskämpfe in der Londoner Liga bestritten hatte.

   Die Vorbereitung wirkte sich positiv aus. Kasparow, der die Wettquote von 7:1 auf seinen Sieg als Unsinn geißelte, hatte seine liebe Müh, das Duell mit 2,5:1,5 zu gewinnen. Chapman, der außer zwei Bauern auch noch 90 gegenüber 60 Minuten Bedenkzeit erhielt, verpasste gleich in der ersten Partie die Führung. Das rächte sich. Nach einem Remis im zweiten Spiel und dem Ausgleich in der dritten Begegnung sicherte sich Kasparow im letzten Vergleich den Sieg. In diesem spielte der Brite sehr schlecht und musste nach einem Schnitzer im 24. Zug die Waffen strecken.









Stellung nach:

W: Chapman S: Kasparow

Die Anfangsstellung in der ersten Begegnung ohne a- und h-Bauern hat natürlich auch ihre Tücken, ermöglicht dies doch einen leichteren Angriff bei weißer Rochade.

1.Sf3 d5 2.d4 c6 3.c3 Lf5 4.Lf4 Sd7 5.e3 Db6 6.b3 Sgf6 7.Ld3 g6 8.Dc2 e6 9.Sbd2 Sh5 10.0-0 Sxf4 11.exf4 Dc7 12.Se5 Lxd3 13.Dxd3 g5!? 14.fxg5 Sxe5 15.dxe5 Dxe5 16.Sf3 Df4 17.Dd4 Dxd4 18.Sxd4 La3 19.Se2 Ke7 20.g3 Lb2 21.Tad1 Txa2 22.Td2 Tha8 23.Kg2 c5 24.h4 b5 25.h5 Kf8 26.Kf3 T8a3 27.Kg4? Sc1 hält den Vorteil problemlos fest. Der Königszug erlaubt Schwarz zwei Züge später ein rettendes Schach. 27...Txb3 28.Sc1 Ta4+ 29.f4 Lxc1 30.Txc1 Kg7 31.h6+ Kh7 32.Kh5 b4 33.cxb4?? f5! gewinnt. 33...Txg3 34.bxc5? Txc5 reicht zumindest für ein Remis. 35...Txf4 35.Th2 f6 36.gxf6 Txf6 37.Kh4 Tg8 und wegen undeckbaren Matts 0:1

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