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Mehr Zuschauer als Fußballer

Der neue Meister Lübeck lockt die Fans ins Internet

von Hartmut Metz, 5. Mai 2001

mehr Schachtexte von Hartmut Metz

   „Man kann nicht behaupten, wir wären wie das Messer durch die warme Butter gefahren", gesteht Eckhard Stomprowski. Trotzdem eilte der Lübecker SV von 1873 in der Bundesliga von Sieg zu Sieg. Lediglich in der letzten Runde gegen Werder Bremen rutschte der neue deutsche Meister aus. „Nachdem der 4,5:3,5-Erfolg über Magdeburg den Titel sicherte und wir anschließend bis in die Nacht feierten, fehlte am Schluss der richtige Biss", gestand Stomprowski. Dass durch das 4:4 gegen Bremen die Idealpunktzahl von 30:0 verfehlt wurde, sah der Mannschaftsführer gelassen.

   Hauptsache, Abonnementmeister SG Porz wurde entthront. Der älteste schleswig-holsteinischen Schachverein hatte die Kölner in der vorentscheidenden Begegnung mit 4,5:3,5 bezwungen. Da die Porzer (27:3 Punkte) überdies gegen die dritte Kraft Solingen (23:7) ein 4:4 abgaben, war das Titelrennen gelaufen. Das Team um die Asse Alexej Schirow, Michael Adams und Jewgeni Barejew ließ sich diesen Vorsprung nicht mehr rauben - auch wenn Lübecks Kapitän „mehrere Kämpfe auf der Kippe stehen" sah.

   Mit einem Etat von, laut Sponsor Winfried Klimek, „ein bisschen weniger als 400.000 Mark" verpflichtete der neue Meister die fast komplette englische Nationalauswahl. Nur zwei der 120 Partien dieser Saison wurden von Deutschen gespielt. Klimek hat damit kein Problem. „Wir sind Europäer und haben demnächst eine europäische Währung", bemerkt der Vorstandsvorsitzende der Galaxis Technology AG mit Blick auf sein Team. Der Unternehmer, der selbst in der vierten Lübecker Mannschaft spielt, will schließlich in der Kommunikations- und Empfangstechnik in ganz Europa Fuß fassen. Das Internet sieht Klimek, der früher den Tischtennis-Bundesligisten Lübeck unterstützte und den Handball-Erstligisten Bad Schwartau sponsert, als ideales Medium für Schach und seine Ziele an. Während vor Ort kaum mehr als 100 Zuschauer die Partien verfolgen, zählte seine Firma während des Duells gegen Porz 9.000 Anwendersitzungen, also mehr Besucher als ein Fußball-Zweitligist für gewöhnlich hat, und rund eine halbe Million Hits.

   Gleich im ersten Spiel beim 5:3 über Neukölln spielte der Brite John Nunn eine äußerst kurzweilige Partie.









Stellung nach:

W: Nunn S: Borriss

1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 e6 6.g4 Sc6 7.g5 Sd7 8.h4 Le7 9.Le3 0-0 10.Dh5 d5 11.0-0-0 Sb6? Die Theorie empfiehlt stattdessen Sxd4 12.Txd4 Lc5. 12.f4 Lb4 13.Ld3 Lxc3 14.bxc3 e5 15.exd5! Nunn hat die Kombination weit vorausberechnet. 15...g6 16.Dh6 Sxd4 17.h5!! Sf5 18.Lxf5 Lxf5 19.hxg6 Lxg6 20.f5 Lxf5 21.g6! Lxg6 22.Tdg1 Die Pointe. Nach dem Opfer des g-Bauern fesselt der Turm die einzige Verteidigungsfigur, die das Matt auf h7 verhindert.

1:0

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