Beim Weltcup in Shenyang haben sich die beiden Weltmeister nicht mit Ruhm bekleckert. Vor allem das Aus der Chinesin Xie Jun überraschte. In der Vorrundengruppe D scheiterte die 29-Jährige allerdings mit etwas Pech. Wie die Vietnamesin Thanh Trang Hoang und Natalie Zhukowa (Ukraine) verbuchte sie 3,5 Zähler aus den fünf Partien, verlor dann aber die Stichkämpfe gegen die 21-jährige Europameisterin und die 19-jährige Jugendweltmeisterin aus Asien.

   Peinlicher für den Weltverband FIDE war der Auftritt seines Champions Chalifman. Der Russe hatte in der Gruppe D überhaupt nichts zu bestellen und belegte lediglich Platz fünf unter sechs Startern. Nur der Marokkaner Tissir (1) agierte noch schwächer als der FIDE-Weltmeister aus St. Petersburg, der zwei Punkte verbuchte. Viswanathan Anand gewann nicht nur die Vorrunde souverän mit 3,5 Zählern, sondern schlug auch in beeindruckender Manier Chalifman. Der indische Weltranglistendritte bestätigte seine glänzende Form seit dem Sieg in Frankfurt im Juni und holte sich auch den ersten Weltcup.

Stellung nach:

Anand,V - Chalifman,A [B80] Weltcup, Vorrunde, 2000 1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 a6 6.Le3 e6 7.f3 b5 8.g4 h6 9.Dd2 Sbd7 10.0-0-0 Lb7 11.h4 b4 12.Sa4 Da5 13.b3 Sc5 14.a3 Tc8 [14...Sxa4 15.axb4 Dc7 16.bxa4 ist für Weiß trotz der offenen Königsstellung etwas besser. 16...d5 17.e5 Sd7 18.f4 Sb6 19.f5 Sxa4 20.fxe6 Sc3 21.exf7+ Kxf7 22.Ld3 Lxb4 23.Tdf1+ Kg8 24.Df2 La3+ 25.Kd2 Se4+ 26.Lxe4 dxe4 27.g5 (27.Df5 Lb4+ 28.Kd1 Dc4 29.Se6 Dd5+ 30.Ke2 Dc4+ 31.Kd1 Dd5+ 32.Ke2 Dc4+ führte im Tiebreak-Halbfinale des Weltcups zwischen Anand und Gelfand zur Punkteteilung. ) 27...Ld5 28.gxh6 Lb2 29.Tb1 Lc3+ 30.Kc1 Lxd4 31.Lxd4 e3 32.Dxe3 Lxh1 33.Tb6 Tc8 34.Db3+ Dc4 35.hxg7 Txh4 36.Tb8 Dxb3 37.Txc8+ Kxg7 38.cxb3 Txd4 39.Tc7+ 1/2 in Schirow - Anand beim Schnellschach- Schaukampf in Sydney, wo das königliche Spiel erstmals Demonstrations- Wettbewerb ist.] 15.Dxb4 [15.axb4? Sxb3+ 16.Sxb3 Dxa4 erfreut Schwarz.] 15...Dc7 16.Kb1! Mit diesem Zug verstärkt Anand die Variante. Bei den niederländischen Meisterschaften erhielt Loek van Wely als Nachziehender letztlich durchschlagenden Angriff gegen Sergej Tiwjakow: [16.Sxc5 dxc5 17.Da4+ Sd7 18.Se2 c4!] 16...Scd7 17.Dd2 d5 18.Lh3 dxe4 19.g5 hxg5 20.hxg5 Sd5 21.fxe4 Sxe3 22.Dxe3 Se5 23.Thf1 Lxa3 24.g6! Sxg6 25.Lxe6! fxe6 26.Sxe6 De7 [26...Dxc2+ ist nur ein Schach, durch das sich die Dame vom Schlachtfeld entfernt.] 27.Db6 Eine hübsche Stellung. Für die geopferte Figur kontrolliert Weiß alle Felder rund um den feindlichen König. Jetzt müsste man dem Monarchen nur noch auf dem Feld e8 zusetzen ... 27...Sf8 [27...Se5 28.Td8+! Txd8 29.Sc7+ Kd7 30.Dxb7 Dg5 31.Sb6+ Kd6 32.Sbd5 Th6 33.Dxa6+ Kd7 34.Dxa3 Td6 35.Sb5 ist auch nicht gerade das, was man sich erhofft.; 27...Lxe4 scheitert noch schneller: 28.Sxg7+! Dxg7 29.De6+ Se7 30.Dd7#] 28.Td8+! Txd8 29.Sc7+ Dxc7 [Oder wieder 29...Kd7 30.Dxb7 mit ähnlichen Varianten wie im 27. Zug.] 30.Dxc7 Td7 31.Db8+ Ke7 32.De5+ Se6 33.Tg1 Kf7 34.Sb6 Thd8 35.Ka2 Lf8 [35...Td6 36.Sc4 Lb4 37.Df5+ Ke7 38.Se5 Tf8 Andere Züge retten auch nicht. 39.Sg6+ Ke8 40.Sxf8 Sxf8 41.Txg7] 36.Sxd7 Txd7 37.Df5+ Ke7 38.Tf1 Lc8 39.Df7+ Kd6 40.e5+ und da Chalifman noch den Springer verliert, gab er die hoffnungslose Stellung auf. 1-0

Schachlektüre

Frank Zeller, "Sizilianisch im Geiste des Igels", Schachverlag Kania, 39,80 Mark.

Gute deutsche Eröffnungsbücher sind derzeit rar, weil es einfach an einem Markt fehlt, der dafür groß genug ist. Der Stuttgarter Frank Zeller ließ sich dennoch nicht schrecken und befasste sich mit sizilianischen Aufbauten, bei denen die Bauern auf a6, b6, d6 und e6 zurückgehalten werden. Natürlich ist es unmöglich, in der Sizilianischen Verteidigung hundertprozentig aktuell zu sein, weil sich die Eröffnungstheorie stets im Fluss befindet. So zum Beispiel in der Najdorf-Variante, mit der sich die Meko vor wenigen Wochen beschäftigte. Was Zeller aber gelingt, ist eine sehr gute Erläuterung der Ideen. Das nutzt dem Amateur auch weit mehr als das Herunterbeten von Varianten. Doch selbst daran herrscht auf den 303 Seiten kein Mangel. Positiv soll auch vermerkt sein, dass sich der Autor eigene Gedanken zu der Eröffnung machte.