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Kramnik bietet Paroli

Chalifman heimlicher Sieger in Linares

von Hartmut Metz

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   Ganz war Garri Kasparow nicht auszubremsen. Immerhin durchbrach sein russischer Landsmann Wladimir Kramnik in Linares den Siegeslauf der Nummer eins. Im Wimbledon des Schachs teilten sich die zwei Moskauer mit 6:4 Punkten den Platz an der Sonne. Für ein Entscheidungsblitz fühlten sich beide nach kurzer Diskussion „zu müde". Und einem Münzenwurf wollten die Kosieger ihr Schicksal auch nicht überlassen. „Schach wird nicht durch Silbermünzen entschieden", verkündete Kasparow und überließ in großer Geste den Pokal seinem einzigen ernsthaften Widersacher. „Ich fühle, er verdient ihn mehr", zeigte Kasparow eine ungewohnte Anwandlung.

   Auch den Stoiker Kramnik, der ein für ihn normales Resultat mit zwei Siegen und acht Unentschieden verbuchte, übermannten die Gefühle. „Ich fühle mich sehr stolz und sehr glücklich", erklärte der Weltranglistendritte, „ist es doch eine Ehre, mit Garri Kasparow den ersten Platz zu teilen - insbesondere nach seinen Resultaten der vergangenen eineinhalb Jahre." Als heimlicher Sieger gilt Alexander Chalifman. Der Weltmeister des Weltverbandes Fide war vor Linares als Schlachtopfer auserkoren worden. Spätestens im Januar nach seiner 1,5:4,5-Niederlage gegen Peter Leko hatten ihm die Experten nicht seine Beteuerung geglaubt, die Großmeister außerhalb den Top Ten seien kaum schlechter als der geschlossene Zirkel bei Spitzenturnieren.

   Nach der Auftaktniederlage gegen Kramnik folgte nicht etwa ein Debakel, sondern Chalifman trotzte einem Gegner nach dem anderen ein Remis ab. An Peter Leko nahm er sogar Revanche und fügte dem 19-jährigen Ungarn die erste Niederlage seit Mai 1999 zu. Mit 4,5:5,5 Punkten belegte der Russe Rang drei mit den drei weiteren Teilnehmern Leko, Alexej Schirow (Spanien) und dem außer Form spielenden Inder Viswanathan Anand. Obwohl oder gerade weil Chalifman im Prestige-Duell mit Kasparow zwei Remis ertrotzte, stichelte der weltbeste Spieler, für Chalifman sei der dritte Platz in Linares der „größte Erfolg in seinem Leben" mit Ausnahme des WM-Sieges in Las Vegas.

W: Chalifman S: Leko

1.d4 Sf6 2.Sf3 g6 3.c4 Lg7 4.Sc3 d5

Grünfeld-Indisch haben beide Spieler bereits emsig bei ihrem Zweikampf geübt.

5.cxd5 Sxd5 6.e4 Sxc3 7.bxc3 c5 8.Tb1 0-0 9.Le2 cxd4 10.cxd4 Da5+ 11.Ld2 Dxa2

Diese gängige Variante illustriert sehr gut die Ideen beider Seiten im Grünfeld-Inder: Weiß verfügt über Entwicklungsvorsprung und mehr Raum, der eingeengte Nachziehende verleibt sich derweil Material ein und hofft, dem starken Zentrum zusetzen zu können.

12.0-0 Lg4 13.Lg5 h6 14.Le3

Alles noch Theorie, zudem von beiden Großmeistern schon angewandt. Das kurzzeitig populäre Lh4 wurde von Schwarz alsbald widerlegt.

Sc6 15.d5








15...Se5

Noch typischer ist Sa5, um den b7-Bauern zu decken.

16.Txb7 e6 17.d6 Tfd8 18.Te1 Lxf3 19.gxf3 Da5

Nichts taugt Da3, was Boris Gelfand gegen Gata Kamski (Dos Hermanas 1996) Vorteil gab nach 20.f4 Txd6 21.Dc1! Dxc1 22.Txc1 Sc6 23.e5 Sd4 24.Tcc7

20.Tf1 Lf8 21.d7 Da2 22.Lb5 a6 23.La4

Zwischen Kramnik und Kasparow geschah in Linares 1998 23.Ld4 Lg7 24.Lxe5, wonach sich die beiden diesjährigen Sieger auf eine Punkteteilung einigten. In der Theoriebibel „Informator" wertete Kasparow die Stellung im Falle von 23.f4 axb5 24.fxe5 Da6 25.Tc7 b4 als unklar. Sxf3+ 24.Kg2 Oder 24.Dxf3 Dxa4 25.Td1 Dc6 26.Tb6 Dc7 27.e5 Txd7! mit Remisausgang, befindet Kasparow.

23...Sxf3+ 24.Kg2








24...Se5

Das ist erst die Neuerung nach 25 Zügen! Sg5 und Sh4+ wurden bisher versucht.

25.Lb6 Dc4 26.Dd4

Weiß strebt Damentausch angesichts seines vorgerückten Bauern auf d7 an. Greift Chalifman bei der Qualität zu, besitzt Leko nach 26.f3 Sd3 27.Lxd8 Txd8 Kompensation dank der weißen Felderschwächen um den König.

26...Dxd4?

Schwarz sollte Damentausch vermeiden. De2!? ist interessant: 27.Dxe5 Dg4+ 28.Dg3 Dxe4+ 29.Df3 Dxa4

27.Lxd4 Sd3 28.Lc6 Sc5 29.Tc7!

Damit unterstreicht Chalifman seine Gewinnabsichten. 29.Lxc5 Lxc5 führt auf Grund der ungleichfarbigen Läufer zum Remis.

29...Ld6 30.Lxc5!

Lxc7 31.Lxa8 Txa8

Jetzt befinden sich nämlich noch gleichfarbige Läufer auf dem Brett.








32.Le7!

Leko büßt nun die Qualität ein.

32...Ld8? 33.Tc1! Lxe7 34.Tc8+ verliert sofort. Gleiches gilt für f5? 33.Tc1 Kf7 34.Txc7 Kxe7 35.Tc8.

32...Td8 33.Td1 f5 34.Lxd8 Lxd8 35.exf5 gxf5 36.Td6 Kf7 37.Txa6 Ke7 38.Kg3 Lc7+ 39.Kh4 Kxd7 40.Ta7 Kc6








41.Txc7+!

Das Bauernendspiel ist leicht gewonnen für Weiß.

41...Kxc7 42.Kh5 e5 43.Kxh6 Kd6 44.Kg5 Ke6 45.h4 f4 46.h5 f3 47.Kg4 Kd5

1-0


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