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Herrliche „Chess"-Partie

Erfolgsmusical gipfelt in Opferreigen

von Hartmut Metz

mehr Schachtexte von Hartmut Metz


   Die deutsche Erstafführung des Musicals "Chess" im Baden-Badener Kurhaus hat das Publikum begeistert. "Im nächsten Jahr soll 'Chess' eine ganze Woche in Baden-Baden gastieren", erklärte Joachim Heiermann, Chef der Festival GmbH und zudem zweiter Vorsitzender des Karpow-Schachzentrums daraufhin.

   Der historisch bewanderte Schachfreund erkennt in den Figuren eine Melange aus mehreren ehemaligen WM-Anwärtern. Frederick Trumper erinnert vor allem an Bobby Fischer, der die Gegner beschimpft und wie anno 1972 im Match gegen Boris Spasski mit einer Absage des Wettkampfs gegen Anatoly Sergievsky droht. Inzwischen dürfte man einige Allüren auch Garri Kasparow - damals bei Beginn der Original-Produktion 1984 aber kaum Vorbild - zuschreiben. Irgendwie tröstlich, dass der anfängliche Unsympat Trumper wenigstens im Musical den WM-Titel am Brett verliert.

   Sergievsky verkörpert eine Mischung aus Anatoli Karpow - wobei allerdings auch später der schachlich uninspirierte Leonid Viigand an den treuen Parteisoldaten erinnert - und Viktor Kortschnoi. Vor allem dessen Flucht aus der Heimat und das Zurücklassen der Familie zu Gunsten eines fairen Titelkampfs und einer neuen Geliebten fußt auf realen Begebenheiten. Wie bei Trumper endet das Schicksal von Sergievsky anders als bei seinem Haupt-Vorbild Kortschnoi: Rückkehr in die Sowjetunion, aber als Weltmeister. Wer hätte diesen Titel dem 68-jährigen Kämpfer nicht auch im Leben gegönnt?

   Die entscheidende Partie im Musical gewinnt Sergievsky gegen Viigand, weil der geläuterte Trumper aus "Liebe zum Schach" seinem einstigen Rivalen einen Fehler im Varianten-Repertoire des Herausforderers aufzeigt. Der dazu ersonnene schachliche Höhepunkt - Großmeister Raymond Keene und der Internationale Meister William Hartston (unter anderem durch den Bestseller "Wie man beim Schach bescheißt" und ein Werk über die Entstehung von "Chess" bekannt) wirkten einst als Berater für das Musical - endet mit einer genialen neunzügigen Mattkombination, bei der Weiß Dame, Turm, Läufer und Springer opfert.

   Dass in Baden-Baden Sergievsky im Wettkampf gegen Trumper zweimal hintereinander die weißen Steine führte, dann aber in der nachstehenden Partie gegen Viigand fälschlicherweise auf der schwarzen Seite saß, mag man nachsehen. Eher mit einem Schmunzeln hatte der Turnierspieler zuvor auch das mühselige Abstellen der Figuren auf einer Ablage unter dem Tisch zur Kenntnis genommen ...

Sergievsky - Viigand [E81]
Musical "Chess"

1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.f3 0-0 6.Lg5 c6 7.Ld3 a6 8.Sge2 Sbd7 9.Dd2 e5 10.d5 cxd5 11.Sxd5 Sc5 12.0-0-0 b5 13.cxb5 axb5 14.Kb1 Tb8 15.Sb4 Tb7 16.Tc1 Se6 17.Lh6 Sd7 18.h4 Sdc5 19.Sc3 Ld7 20.Le2 Da5 21.Sbd5 b4 22.Se7+ Kh8 23.Lxg7+ Kxg7 24.Scd5 Lb5 25.h5 Ta7








Die Partie verlief bis dahin ohne erkennbare größere Schnitzer. Weiß leitet nun mit einem hübschen Opferreigen, der selbst für Computer zunächst nicht einfach zu entdecken ist, ein herrliches Matt ein.

26.Dh6+!! Kxh6 27.hxg6+ Kg5 28.Th5+ Kxh5 29.f4+ Lxe2 30.Sf6+ Kh6 31.Th1+ Kg7 32.Se8+ Txe8 33.Txh7+ Kf6 34.Txf7#

1-0


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