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Heiße Luft statt "historische Entscheidung"

FIDE-Präsident Kirsan Iljumschinow verkündet wieder einmal WM-Vereinigung

von FM Hartmut Metz, 5. März 2005

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  "Eine historische Entscheidung wurde getroffen, die die Unruhe in der Schachwelt beseitigt", lobhudelte Kirsan Iljumschinow ob seiner neuesten Ankündigung. Der Präsident der russischen Republik Kalmückien und des Schach-Weltverbandes FIDE hat einmal mehr einen Plan ausgeheckt, wie der Weltmeister-Titel wieder vereinigt werden soll. Die sieben in der Weltrangliste führenden Großmeister - Viswanathan Anand (Indien), Peter Leko (Ungarn), Wesselin Topalow (Bulgarien), Michael Adams (England) und die Russen Garri Kasparow, Wladimir Kramnik sowie Alexander Morosewitsch - und FIDE-Weltmeister Rustam Kasimdschanow (Usbekistan) würden demnach ein doppelrundiges Turnier austragen. Als Spielort nannte Iljumschinow die kalmückische Hauptstadt Elista und bezifferte den Preisfonds auf "mindestens 500 000 Dollar, aber vermutlich liegt er höher".

   Das einzig "Historische" an der Entscheidung ist allerdings, dass von den Topspielern wie gewohnt keiner miteinbezogen wurde. Die FIDE setzte ihnen bei ihrem Treffen in Tiflis kurzerhand eine Erklärungsfrist bis 15. März. Ansonsten würden sie durch die in der Weltrangliste folgenden Spieler ersetzt. Kurzum: Es wird erneut nicht zu einer Wiedervereinigung des WM-Titels kommen. Vor allem Kramnik, Weltmeister der klassischen Linie, die Garri Kasparow 1993 von der FIDE abspaltete und 2000 gegen seinen Landsmann verlor, lehnt ein WM-Turnier wie anno 1948 ab. Dieses wurde vor 57 Jahren erforderlich, weil der amtierende Champion Alexander Aljechin gestorben war. Der 29-jährige Kramnik beharrt auf die klassische Form der Zweikämpfe um die Weltmeisterschaft. Überdies hatte auch Kasparow einen Schlussstrich um das WM-Gezeter mit der FIDE gezogen, weil Iljumschinow die Versprechungen bezüglich eines WM-Duells gegen Kasimdschanow nicht einhielt.

 

Wesselin Topalow

Wesselin Topalow; Foto: Metz

 

   Mehr als nur heiße Luft wird alljährlich im spanischen Linares produziert. Im "Wimbledon des Schachs" sind von den acht WM-Kandidaten, die zum FIDE-Turnier eingeladen wurden, sechs dabei: der Baden-Badener Bundesliga-Spitzenspieler Anand, Kasparow, Topalow, Leko, Adams und Kasimdschanow. Siebtes Ass in Linares ist der einheimische Francisco Vallejo Pons, der ebenfalls für Baden-Baden ans Brett geht. Belebendes Element des Wettbewerbs war einmal mehr Topalow. Der Weltranglistendritte kommt zwar für gewöhnlich nicht für den Turniersieg in Betracht, weil er auch Partien verliert - so zum Auftakt gegen Anand, mit dem er zur Halbzeit trotzdem auf Platz zwei hinter Kasparow lag -, aber der kompromisslose Bulgare gewinnt häufiger als die Konkurrenten. Das bekam auch Adams zu spüren.

 










Topalow,W (2757) - Adams,Mi (2741) [E37]
Linares Linares ESP (1), 23.02.2005

1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sc3 Lb4 4.Dc2 d5 5.a3 Lxc3+ 6.Dxc3 Se4 7.Dc2 e5 8.e3 Topalow lässt sich nach der ungewöhnlichen Eröffnungswahl des Briten auf nichts ein. [8.dxe5!? Sc6 9.Sf3 Lf5 10.Db3 dxc4 11.Dxc4 Dd7 12.Lf4 0-0-0 13.Tc1 The8 führt zu einer passablen schwarzen Stellung.] 8...exd4 9.cxd5 Dxd5 10.Sf3 [Der scheinbar natürliche Entwicklungszug 10.Lc4? Dc6 11.Sf3 Sd6 12.Ld3 dxe3 kostet einen Bauern.] 10...Sd6 11.Sxd4 Ld7 12.f3 Sc6 13.Sxc6 Lxc6 Adams hat mühelos ausgeglichen. 14.a4 Dh5 15.Le2 Dh4+ 16.g3 Dh3 17.Kf2 0-0-0 18.Ta3 [18.b4 ist eine gute Alternative, bei der die Bauern am Damenflügel anrollen.] 18...The8 19.Lf1 De6 20.Le2 g5! Adams verzichtet auf die Remisschaukel, die er mit der Rückkehr nach h3 hätte anbieten können. 21.Tf1 g4 22.fxg4 Dh6? [22...Dd5! 23.Tg1 Se4+ 24.Kg2 Noch am zähesten. (24.Ke1 verliert rasch: 24...Da5+ 25.Kf1 Te6 26.Lf3 Td2! 27.Lxd2 Sxd2+ 28.Kf2 Sxf3 ) 24...Sg5+ 25.Kf1 Sh3 26.Td3 De6 27.Txd8+ Txd8 28.Dxh7 Sxg1 29.Kxg1 Le4 und Schwarz steht auf Gewinn.] 23.Kg1 Dh3 24.Ld3 Se4 25.Tf4 Sxg3!? 26.Tc3 [26.hxg3?? verbietet sich wegen Damenverlusts nach 26...Txd3! 27.Txd3 Dh1+ 28.Kf2 Dg2+ 29.Ke1 Dxc2 ] 26...Te6? Nur [26...Txd3! 27.Txd3 Tg8 28.e4 (28.Df2 Se4 29.De2 h5 30.Td4 Sg5 31.Df2 Sf3+ 32.Txf3 Lxf3 33.Dg3 hxg4 34.Dxh3 gxh3+ 35.Kf1 Lg2+ 36.Ke1 Lc6 37.Tf4 Tg2 38.Tf2 Lxa4 39.Txg2 hxg2 40.Kf2 Lc6 ist ungeachtet der ungleichfarbigen Läufer verloren.) 28...Lxe4 29.Txg3 Dxg3+ 30.hxg3 Lxc2 31.Txf7 Lg6 (31...Txg4 32.Lf4 ) 32.Te7 Te8 33.Txe8+ Lxe8 34.a5 führt noch zum Remis.] 27.e4! Plötzlich verpufft der schwarze Angriff 27...Sh5 [27...Th6 28.Lf1 gibt eine Figur her.] 28.Lc4 Dh4 29.Lxe6+ fxe6 30.gxh5 Dxh5 Die Partie ist entschieden. Bei vermutlich knapper Zeit von Weiß spielte Adams allerdings wohl in der Hoffnung auf einen Patzer weiter. 31.Td3 Tg8+ 32.Tg3 Td8 33.Le3 e5 34.Tf1 h6 35.b4 a6 36.b5 axb5 37.axb5 Lxb5 38.Tg7 c6 39.Da2 Jetzt droht Weiß erstmals ein Matt auf a8. 39...La6 40.De6+ Kb8 41.Dd6+ Ein hübscher Schlusszug. [41.Dd6+ Txd6 42.Tf8+ Td8 43.Txd8# ] 1-0

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