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Gegenbeispiele zum Fall Hoyzer

Schach-Großmeister Sasikiran und Tischtennis-Ass Samsonow besonders fair

von FM Hartmut Metz, 26. Februar 2005

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   Schiedsrichter besitzen derzeit nicht gerade den besten Leumund. Manipulationen ganzer Fußballspiele wie im Fall Hoyzer sind ein besonderer Auswuchs. Ergebnisse gab es für fünfstellige Summen auf Bestellung der Wettmafia. Bestechungen im Kleinen räumte Robert Hoyzer ebenso ein. Beispielsweise machten Vereine die Unparteiischen mit Bordellbesuchen vor dem Spiel gewogen. Das soll die Schiris nicht schlapp machen, auf dass sie kaum mehr auf Ballhöhe sein können - im Zweifelsfall wird mancher jedoch bei einer fragwürdigen Abseitsstellung oder einer Schwalbe im Strafraum ein Auge zugedrückt haben.

   In weniger körperbetonten Sportarten kommt dem Schiedsrichter häufig eine geringere Bedeutung zu. Vor Fehlentscheidungen sind sie dennoch nicht gefeit. Zum Teil wüste Proteste der Benachteiligten sind dann auch in Randsportarten an der Tagesordnung. Dass ein Begünstigter eine Fehlentscheidung revidiert, sieht man dagegen leider seltener. In Trainingsspielen und weniger bedeutenden Wettbewerben mag diese Fairness noch manchem leicht fallen. Umso mehr Größe erfordert es, in wichtigen Turnieren den Fairplay-Gedanken über den eigenen Triumph zu stellen.

   Tischtennis zählt zu den Sportarten, in denen die Profis häufig gegnerische Kantenbälle und damit eigene Minuspunkte anzeigen, auch wenn sie dem Schiedsrichter entgangen sind. Wladimir Samsonow gilt selbst bei engen Spielständen als Ausbund an Fairness. Der Europameister aus Weißrussland lag vor zwei Wochen im Finale des Europe Top 12, dem zweitwichtigsten Einzel-Wettbewerb des Kontinents, im Entscheidungssatz mit 12:13 zurück. Der Ball seines Kontrahenten Alexej Smirnow touchierte unmerklich für die Referees die Platte. Im Gegensatz dazu hatten der Russe und Samsonow das Zelluloid an der Kante gesehen. Weil die Schiedsrichter nicht umzustimmen waren und auf 13:13 beharrten, ließ Samsonow die nächsten zwei Bälle passieren. "Ich hatte doch schon verloren, da konnte ich nicht mehr gewinnen", erklärte der vorbildliche Europameister sein Verhalten in dem Sieben-Satz-Krimi.

 

Schach-Großmeister  Krishnan Sasikiran

Schach-Großmeister  Krishnan Sasikiran; Foto: Metz

 

   Unter Schachspielern ist derlei Fairness gewiss seltener anzutreffen. Der Baden-Badener Bundesligaspieler Robert Hübner gilt etwa als überaus korrekt, bis hin zur Selbstaufgabe. Oder der mehrfache deutsche Champion Robert Rabiega aus Berlin. Andere behelfen sich aber vor allem gerne bei Blitzduellen damit, den Gegner ungeachtet der ungewinnbaren Stellung über die Bedenkzeit zu hieven. Beim Aeroflot Open in Moskau, an dem 36 Großmeister aus den Top 100 teilnehmen, demonstrierte Krishnan Sasikiran, dass es auch anders geht: In einer haarsträubenden Zeitnotschlacht schien Witali Zeschkowski auf Zeit verloren zu haben. Zumindest registrierte es so der Schiedsrichter. Der 24-jährige Inder konnte ihn dann allerdings davon überzeugen, dass er als Erster die Bedenkzeit überschritten hatte. Das Ergebnis wurde daraufhin zu Gunsten des Russen geändert. Der Weltranglisten-43. Sasikiran minimierte damit schon in der ersten Runde seine Chancen auf den Turniersieg.










Tseshkovsky,V (2581) - Sasikiran,K (2657) [B17]
Aeroflot Open Moscow RUS (1), 15.02.2005

1.e4 c6 2.d4 d5 3.Sd2 dxe4 4.Sxe4 Sd7 5.Lc4 Sgf6 6.Sxf6+ Sxf6 7.c3 Dc7 8.Df3 g6 9.Dg3 Db6 10.Sf3 Lg7 11.0-0 0-0 12.Te1 Sh5 13.Dh4 Lf6 14.De4 Sg7 15.g4 Le6 16.b3 Lxc4 17.bxc4 Se6 18.Lh6 Tfe8 19.Se5 Sg5 20.Lxg5 Lxg5 21.Kg2 Tad8 22.h4 Lf6 23.h5 c5 24.Tab1 Dd6 25.hxg6 hxg6 26.Txb7 cxd4 27.cxd4 Dxd4 28.Dxd4 Txd4 29.Txa7 Tc8 30.Kf3 Kg7 31.Te4 Txe4 32.Kxe4 Tc5 33.Sd3 Txc4+ 34.Kf3 Td4 35.Ta3 Lg5 36.Tb3 Ta4 37.Sb4 Ld2 38.Sc6 Txa2 39.Sxe7 1-0

 

   Nachstehend eine sehenswerte Partie vom Aeroflot Open zwischen dem Israeli Emil Sutowski und Waleri Filippow (Russland).

 










Sutowski,Emil (2669) - Filippow,Waleri (2621) [B31]
Aeroflot Open Moskau (4), 18.02.2005

1.e4 c5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 g6 4.c3 Sf6 5.e5 Sd5 6.0-0 Lg7 7.d4 cxd4 8.cxd4 0-0 9.Sc3 Sxc3 10.bxc3 d6 11.exd6 exd6 [11...Dxd6 ist eine andere Möglichkeit, die die Eröffnungstheorie kennt.] 12.Lg5 Dc7 13.Te1 h6 14.Lf4 Se7 15.Db3 g5? Schwächt ohne Not die Königsstellung. [15...Le6 16.Txe6!? (Vermutlich ist es besser, wenn sich Weiß mit 16.Da3 Tfd8 und minimalem positionellen Vorteil bescheidet.) 16...fxe6 17.Dxe6+ Kh7 18.Lxd6 Dxc3 19.Tf1 Txf3! 20.Dxe7 (20.gxf3? Sf5 21.Le5 Sxd4 22.Lxd4 Dxd4=/+ und Schwarz besitzt die besseren Aussichten.) 20...Tf5 21.Le5 Txe5 22.dxe5 Dxe5= mit Ausgleich, weil sich 23.Dxb7?? Tb8 24.Dxa7 Txb5 verbietet.] 16.Sxg5!? Ein Angriffsspieler wie Sutowski fackelt bei solchen Chancen nicht lange. 16...hxg5?! [16...Sg6! kommt als Zwischenzug in Betracht, um den Springer mit Tempo aus dem Schussfeld zu nehmen. Der Läufer auf f4 muss sich danach erklären.] 17.Lxg5 Le6 [Bei 17...Sg6 würde Weiß den unsicher postierten Rappen mit einem Bauernvorstoß befragen: 18.h4! Lg4 19.Ld3 Kh8 20.f3 Ld7 21.h5 Da5 22.f4 f6 23.Lxg6 fxg5 24.Te7 24...La4 (24...Lf5?? 25.Txg7! Kxg7 26.Dxb7+ Kf6 27.Te1! Dd8 (27...Le6 28.f5 ) 28.Lxf5 Kxf5 29.De4+ Kg4 30.Df3+ Kf5 31.Dd3+! Kg4 (31...Kf6 32.Dg6# ) 32.Dh3+ Kxf4 33.Df3# ) 25.Dc4! (Auf das voreilige 25.h6? zieht Schwarz noch den Kopf aus der Schlinge: 25...Lxd4+! (25...Lxb3?? 26.hxg7+ Kg8 27.Lh7+! Kxh7 28.gxf8D+ ) 26.cxd4 Lxb3 27.Th7+ Kg8 28.Tg7+ mit lediglich Dauerschach.) ] 18.Txe6! fxe6 19.Dxe6+ Tf7 20.Te1! Erstaunlicherweise hat Weiß trotz des Minusturms Zeit, ganz ruhig die letzte Figur in die Schlacht zu werfen. [20.Lc4? verbietet sich wegen 20...d5! ] 20...a6?! [20...Dxc3 21.Lxe7 Dxd4 (21...Lxd4 22.Tf1 ) 22.Lc4 Dxf2+ 23.Kh1 Te8 (23...Kh8 24.Dh3+ Kg8 25.Td1 ist deutlich schlechter.) 24.Td1 Df4 25.Lxd6 Txe6 26.Lxf4 Txf4 27.Lxe6+ überlässt dem Anziehenden einen Mehrbauern, der trotz der ungleichfarbigen Läufer aber dank der Türme und der verbundenen zwei Freibauern durchaus verwertet werden kann.; 20...Sc6!? 21.Lc4 Taf8 22.Ld5!? (Ein Schnitzer ist dagegen 22.Dg6? Se5! 23.Lxf7+ Dxf7 24.Dxf7+ Sxf7 mit minimal besseren Chancen für Schwarz.) 22...Da5 (22...Sd8 sorgt auch nicht für Entlastung. 23.De4! Dxc3? (23...Dd7 24.Te3+- ist auch unangenehm für Schwarz.) 24.Lxd8 Txd8 25.Lxf7+ Kxf7 26.De6+ Kf8 27.De7+ ) 23.Te3 und Weiß behält gefährlichen Angriff.] 21.La4 [21.Ld7?! kontert Schwarz mit 21...Sf5 22.Le8 Txe8 23.Dxe8+ Lf8 24.Ld2 Dc4 mit passablem Vorteil.] 21...Sc6 [21...Kf8 22.Ld7! Kg8 (22...Dd8 23.f4 Ta7 24.Dh3 b5 25.Txe7! Txe7 26.Df5+ Tf7 (26...Kg8 27.Le6+ Tf7 (27...Kh8 28.Dh3+ Lh6 29.Lf6+ Kh7 30.Df5# ) 28.Lxd8 ) 27.Lxd8 Txf5 28.Lxf5 b4 29.cxb4 Lxd4+ 30.Kf1 Tb7 31.La5 Tf7 32.g4 Le3 33.h4 Lxf4 34.Ke2 und Schwarz muss ums Überleben kämpfen.; 22...Sf5?? 23.De8+! Txe8 24.Txe8# ) ] 22.Lb3 d5 [22...Taf8 23.Dg6 Dd7 (23...Kh8 24.Te4 ) 24.Lh6 d5 (24...Kh8 25.Lxg7+ Txg7 26.Dh6+ Th7 27.Dxf8# ) 25.Lc2 Tf5 (25...Tf6 26.Dh7+ Kf7 27.Dxg7# ) 26.Lxf5 Txf5 27.Lxg7 ; 22...Kf8 zieht 23.Lf4! Td8 24.Lxd6+! Dxd6 (24...Txd6 25.De8# ) 25.Dxf7# nach sich.] 23.Lxd5 Kf8 [23...Taf8 wendet die Niederlage nicht ab: 24.Dg6 Da5 (24...Dd7 25.Le6 ) 25.Lxf7+ Txf7 26.Te8+ Tf8 27.Lh6 Dc7 28.Txf8+ Kxf8 29.Dh7! Df7 30.Dh8+ Dg8 31.Lxg7+ Kf7 32.Dxg8+ Kxg8 33.Le5+- ] 24.Dg6 Te8 25.Txe8+ Kxe8 26.h4 Kf8 27.h5! Beeindruckend: Weiß spielt ungeachtet des Minusturms gelassen seinen h-Bauern nach vorne. 27...Dd7 28.Le6 Se5 29.dxe5 Dd1+ 30.Kh2 Lxe5+ 31.f4 Lxf4+ 32.Lxf4 Txf4 33.Dh6+ Ke7 34.Dxf4 Kxe6 35.De4+ Kd6 36.Dd4+ Dxd4 37.cxd4 Ke7 38.d5 Einer der Bauern geht zur Dame. Daher: 1-0

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