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Allein ein Quartett in Schach gehalten

Weltmeister Kramnik bezwingt das deutsche Nationalteam

von FM Hartmut Metz, 21. Februar 2004

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   Nach Jahren der leeren Versprechungen scheint es, als befänden sich die Schach-Weltmeisterschaften in trockenen Tüchern. Vor allem das Duell zwischen Wladimir Kramnik und Peter Leko ist gesichert und geht definitiv vom 25. September bis 18. Oktober über die Bühne. Kirsan Iljumschinow, Präsident des Schach-Weltverbandes FIDE, hat inzwischen auch die nächste WM in die Wege geleitet. Libyen und sein Diktator Muammar el Gaddafi sollen die Penunzen für den Wettbewerb liefern - der Sieger muss dann anschließend gegen den Weltranglistenersten Garri Kasparow um den Titel kämpfen. Der eigene FIDE-Weltmeister Ruslan Ponomarjow wird in dem Zusammenhang mit keiner Silbe vom Weltverband erwähnt.

   Im Centro Dannemann am malerischen Lago Maggiore konnte Kramnik nicht nur endlich den Termin seines WM-Kampfs gegen Leko bekannt geben - er spielte auch im schweizerischen Brissago ein Simultan gegen die deutsche Nationalmannschaft (wir berichteten). Wie schon 1991 zogen dabei die vier Spieler aus der Bundesrepublik den Kürzeren. Damals hatte sie Kasparow in Baden-Baden mit 3:1 geschlagen, diesmal behielt Kramnik mit 2,5:1,5 die Oberhand. Beide Male am Rande mit dabei war Großmeister Uwe Bönsch. Reiste er vor 13 Jahren als Ersatzmann an, kam ihm diesmal die Rolle als Coach zu.

   So richtig froh wurde der Bundestrainer aber auch diesmal nicht. Der Weltmeister steckte das Handicap erstaunlich leicht weg, dass seine vier Uhren mitunter gleichzeitig tickten. Seine Bedenkzeit, die 2:40 Stunden für jeweils 40 Züge betrug (plus 80 Minuten für den Rest jeder Partie), war stets deutlich besser als die des gegnerischen Quartetts. Robert Hübner, Christopher Lutz, Rustem Dautov und Klaus Bischoff hatten jeweils fast die Hälfte ihrer ersten zwei Stunden für 40 Züge (plus eine Stunde für den Rest) verbraucht, während Kramnik für die Eröffnung nur durchschnittlich 25 Minuten benötigt hatte. Das Zeitpolster half dem 28-Jährigen später, sich viel Zeit für manche Partie zu nehmen.

   Das bekam besonders Hübner als letzter verbliebener Spieler zu spüren. Nachdem Kramnik gegen Bischoff, Dautov und Lutz nicht genügend herausholen konnte, konzentrierte sich der Moskauer auf die Partie gegen den Baden-Ooser. Den drei Unentschieden ließ Kramnik den entscheidenden Sieg folgen.

 










W: Hübner S: Kramnik

1.d4 Sf6 2.Sf3 e6 3.g3 b5 4.Lg2 d5 5.0-0 Lb7 6.b3 Sbd7 7.c4 bxc4 8.bxc4 dxc4 9.Sa3 c3!? Der Zug mutet seltsam an, da es egal scheint, ob der Bauer auf c3 oder c4 ein Kind des Todes ist. 10.Sb5 Lb4! Das erschwert allerdings Weiß den Rückgewinn des Bauern. 11.Db3 a5 12.Sxc3 [ Gedenkt Weiß den Bauern ganz gemächlich einzusammeln, kann Kramnik schon das gewünschte Remis forcieren: 12.a3?! Ld5 13.Dc2 Le4 14.Db3 ( 14.Dd1?? c2 mit Damenfang!) 14...Ld5 ] 12...c5 13.a3 c4!? 14.Db2 [ 14.Dxc4?? Tc8 kostet eine Figur.] 14...Lxc3 15.Dxc3 Dc8 16.Lf4 0-0 17.Tfc1 Sb6 18.Tab1 Ta6 Das Figurenknäuel wirkt dubios. Doch der Anziehende kann es nicht richtig ausnutzen. 19.Tb5 Das hielten zunächst Kramnik und Hübner für schlecht. Tags darauf korrigierte sich der Deutsche jedoch und bezeichnete den nächsten Zug als Fehler. 19...Le4 20.Txa5? [ 20.De1 Sfd5 ( 20...a4 21.Tc5 Db7 22.Lc7 Sfd5 23.Lxb6 Sxb6 24.Dc3 Td8= ) 21.Ld2 a4 22.Tc5 Da8= ] 20...Sbd5 21.De1 c3 22.Tc5 Da8 23.Sh4 Lxg2 24.Sxg2 Se4 25.Tb5? [ 25.Tc4! Sxf4 26.gxf4 Ta4 27.Txa4 Dxa4 28.Dd1 Dxd1+ 29.Txd1 Ta8 30.Ta1 Sd2 31.Tc1 Txa3 32.Se3 Tb3 33.Kg2 Kf8 34.Tc2 Sb1 35.Sd1 Ke7 36.Kf3 Sa3 37.Txc3 Sb5 38.Txb3 Sxd4+ 39.Kg3 Sxb3 führt nach einigen präzisen weißen Zügen zum Remis.] 25...Txa3 Nun erweist sich der c-Bauer im Kampf um den Sieg als Trumpf. 26.Se3 Da6 27.Tbb1 [ 27.Sc2!? Ta4 28.Tb8 Txb8 29.Lxb8 Sd2-/+ ] 27...Sxe3?! [ 27...Sxf4 28.gxf4 Sd2 29.Tb4 ( 29.Ta1 Txa1 30.Txa1 Dd6-+ ) 29...Ta8 30.Dd1 Dd6 31.Tc4 Sxc4 32.Sxc4 Dxf4 33.Sxa3 Txa3 34.e3 Dg5+ 35.Kh1 h6-+ ] 28.Lxe3 Ta2 29.Ta1 Dxe2 30.Txa2 [ 30.Dxe2!? Txe2 31.Kf1 Tb2 32.f3 Sf6 33.Txc3 Sd5 34.Tca3 Txh2 ( 34...h5 35.Lf2 Tfb8 36.Ta8 Txa8 37.Txa8+ Kh7 38.h4 ) 35.Lf2 Th1+ 36.Lg1 Th5 37.Kg2-/+ ] 30...Dxa2 31.Lf4 Dd5 32.f3? [ 32.De3! g5 ( 32...Ta8 33.f3 Sd2 34.Txc3 Sc4 35.De4 Ta1+ 36.Tc1 Txc1+ 37.Lxc1= ; 32...Td8 33.f3 Sd6 ( 33...Sd2 34.Txc3 Sc4 35.Dd3= Dxd4+ 36.Dxd4 Txd4 37.Le5 Td1+ 38.Kf2 f6 39.Txc4 fxe5= ) 34.Lxd6 Dxd6 35.Txc3 h6 36.Tc4 Db6 37.Kg2 Db2+ 38.Df2= ) 33.f3 Sd2 34.Txc3 Sxf3+ 35.Dxf3 Dxd4+ 36.De3 Dd1+ 37.Kg2 gxf4 38.Dxf4 Td8 39.Kh3 mit intakten weißen Remischancen.] 32...Sd2 33.Lxd2 cxd2 34.Dxd2 Dxf3 35.Df4? Geht in ein verlorenes Turmendspiel über. [ 35.Df2 ist zäher, um die Bauern weniger zu zersplittern.] 35...Dxf4 36.gxf4 Td8 37.Kf2 h6 38.Ke3 Td5 39.Tc2 Th5 40.Kf3 Th3+ 41.Ke4 f5+ 42.Ke5 Te3+ 43.Kd6 Kf7 44.Tf2 [ 44.Tc7+ Kf6 45.Tc8 Te4 46.Tf8+ Kg6 47.Te8 Txd4+ 48.Kxe6 Te4+ 49.Kd7 Txe8-+ ] 44...g5 45.Kc5 Te4 46.fxg5 hxg5 47.Kc4 Kf6 48.Kd3 g4 49.Tf1 Kg5 50.Ta1 e5 51.dxe5 Txe5 52.Ta8 Kf4 0-1

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Ein ausführlicher Text zum Kramnik-Simultan mit allen kommentierten Partien un ein paar Fotos:
Deutsche brüten, während sich Kramnik die Beine in den Bauch steht