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Anand lässt in Wijk aan Zee die Muskeln spielen

Inder ulkt: Kasparow solle doch Schwarzenegger-Nachfolge anvisieren

von FM Hartmut Metz, 31. Januar 2004

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Viswanathan Anand

Viswanathan Anand

 

   "Momentan ist Viswanathan Anand keinen Deut schlechter als Garri Kasparow." Das Lob für den Inder kam aus berufenem Munde: Weltmeister Wladimir Kramnik hat wohl schon vor dem Topturnier in Wijk aan Zee geahnt, dass Anand dort erneut eine große Rolle spielen wird. Der Spitzenspieler des SC Baden-Oos verteidigte mit 8,5:4,5 Punkten seinen Titel. Damit feierte der 34-Jährige nach 1989, 1998 und 2003 seinen vierten Erfolg im niederländischen Schach-Mekka und schloss zu drei Legenden auf: Ex-Weltmeister Max Euwe (Erster 1940, 1942, 1952, 1958), Lajos Portisch (1965, 1972, 1975, 1978) und Viktor Kortschnoi (1968, 1971, 1984, 1987).

   Am Schluss schwächelte Anand etwas. Der Bulgare Weselin Topalow fügte dem ehemaligen Weltmeister in der zwölften von 13 Runden die erste Niederlage in Wijk aan Zee seit 1998 zu. Trotz des Stolperers blieb der "Tiger von Madras" einen halben Zähler vor dem Ungarn Peter Leko und dem Engländer Michael Adams. Völlig von der Rolle war Kramnik mit drei Niederlagen - die kassiert der Weltmeister ansonsten in einem Jahr nicht. So zieht Anand nun in der Weltrangliste an Kramnik auf Platz zwei vorbei.

   Dass sich der Blitzdenker vom Subkontinent durchaus die Übernahme der Spitze zutraut, mag man seinem Kommentar zu Kasparows erneuten politischen Ambitionen in Russland (er schloss sich einer gegen Präsident Wladimir Putin gerichteten demokratischen Vereinigung an) entnehmen: "Kasparow spielte zuletzt nicht viel Schach. Deshalb musste er sich ja mit etwas beschäftigen", scherzte Anand und setzte vergnügt mit Blick auf Arnold Schwarzenegger fort, "vielleicht sollte er sich auf amerikanische Politik konzentrieren und nächster Gouverneur von Kalifornien werden."

   Der Endstand nach 13 Runden: 1. Anand (Indien) 8,5 Punkte, 2. Leko (Ungarn), Adams (England) je 8, 4. Topalow (Bulgarien), Bologan (Moldawien) je 7,5, 6. van Wely (Niederlande), Barejew, Kramnik je 6,5, 9. Swidler (alle Russland), Akopjan (Armenien), Schirow (Spanien) je 6, 12. Sokolov (Niederlande), Zhong (China) je 5, 14. Timman (Niederlande) 4.

   Anand gelang in der elften Runde ein schneller Sieg über das Schlusslicht.

 










W: Anand S: Timman

1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 Sc6 6.Lg5 e6 7.Dd2 a6 8.0-0-0 Ld7 9.f3!? [ 9.f4 ist die üblichere Fortsetzung.] 9...Le7 10.Le3!? Anand wechselt vom Richter-Rauzer- zum Englischen Angriff, obwohl er durch den Läuferzug nach g5 (anstatt sofort nach e3) ein Tempo verliert. Der Inder hatte sich zwar schon "seit Jahren" nicht mehr diese Variante angeschaut, der Läufer stand jedoch seiner Meinung nach auf d7 deplatziert. Da er dort dem Springer das Rückzugsfeld d7 nimmt, glaubte Anand, sich den Tempoverlust leisten zu können. 10...Tc8?! [ Anand empfahl nach der Partie 10...Sxd4 11.Dxd4 e5 12.Dd2 Le6 ] 11.g4 Sa5? Der schwarze Plan mit dem Springerzug nach a5 und anschließend b5 sehe "nicht sehr gesund" aus, urteilte Anand. 12.Kb1 b5?! 13.Ld3 Sc4 14.Lxc4 Txc4 Timman hat viel Zeit verloren, um den Springer gegen den Läufer zu tauschen. Während Anands Plan simpel ist - die Bauern am Königsflügel nach vorne zu schieben und anzugreifen - benötigt Schwarz viele Züge, um am Damenflügel Fortschritte zu erzielen. 15.Sce2 0-0 16.g5 Se8 [ 16...Sh5? 17.Sg3 Sxg3 ( 17...Sf4!? 18.Lxf4 e5 19.Sdf5 exf4 20.Sxe7+ Dxe7 21.Sh5! Tfc8 ( 21...Tc6? 22.Dd4 f6 23.gxf6 ) 22.Dxd6 Dxd6 23.Txd6 Le6 24.c3 und Weiß gewinnt.) 18.hxg3 a5 19.Dh2 h6 20.gxh6 g6 21.h7+ Kh8 ist für Anand viel besser.] 17.h4 Dc8 18.b3!? Offenbar der Lieblingszug des "Tigers von Madras", den er häufig in vergleichbaren Stellungen anwendet! Lautet allgemein der Ratschlag, die Bauern vor dem König auf der zweiten Reihe zu halten, um möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten, schwächt Anand die Felder a3 und c3, als wolle er beweisen, dass diese Regel keine eherne ist! 18...Tc7 19.Sf4! Tc3 [ Die vermeintliche Bauerngabel wird durch 19...e5? 20.Sd5 widerlegt, wonach erst einmal der Läufer auf e7 hängt.] 20.Tdg1 b4 21.h5 Sc7 22.g6! Weiß zögert nicht länger mit der Öffnung des Königsflügels - ungeachtet der jetzt möglichen Bauerngabel auf e5 (der Springer auf c7 verhindert nun den Zwischenzug seines Pendants von f4 nach d5). 22...Lf6?! Da dies sofort in den Orkus führt, sollte Schwarz [ 22...e5 23.gxh7+ Kh8 probieren. Nun entscheidet allerdings der unerwartete Zug 24.Sd3! den Tag. 24...exd4 25.Lxd4 f6 ( 25...Se6 erlaubt das hübsche Matt durch 26.h6! Sxd4 27.hxg7# ) 26.Sf4 Txf3 27.Sg6+ Kxh7 28.h6! und Weiß gewinnt in allen Varianten.] 23.h6! Das Standardverfahren, um Linien gegen den König aufzureißen. 23...fxg6 24.hxg7 Tf7 25.Txh7! Zerstört brachial den Bauernschild. 25...Kxh7 26.Dh2+ Kxg7 27.Sxg6 Txe3 Auch durch andere Fortsetzungen entkommt Schwarz nicht dem tödlichen Abzugsschach. [ 27...Da8 28.Dh6+ Kg8 29.Se7# matt.] 28.Se7+ Kf8 29.Sxc8 1-0

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