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Neil oder Lance Armstrong des Schachs?

Anand siegt bei Dortmunder Schachtagen und in Mainz

von FM Hartmut Metz, 14. August 2004

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   Viswanathan Anand hat seine seit zwei Jahren währende Ausnahmestellung in der Schachwelt bestätigt. Der Spitzenspieler des SC Baden-Oos holte beide wichtigen Titel des deutschen Schachsommers: Erst siegte er in Dortmund, dann landete der 34-Jährige bei seinem Lieblingsturnier, den Chess Classic Mainz (CCM), seinen fünften Erfolg in Serie! In den Annalen der inoffiziellen Schnellschach-WM wird der "schnelle Brüter" aus Indien nun mit insgesamt sieben Erfolgen geführt. Im diesjährigen Zweikampf war sein Bundesliga-Vereinskamerad Alexej Schirow vergangene Woche relativ chancenlos.

 

Viswanathan Anand

Viswanathan Anand

 

   Nach dem 5:3 für Anand gestand der unterlegene "Hexer von Riga" in Anlehnung an einen Hit von Tina Turner: "Vishy is simply the best!" Unbeabsichtigt erhob Organisator Hans-Walter Schmitt Anand zum Überirdischen, als er ihm das siebte schwarze Jackett für den Sieger überstreifte. Eigentlich wollte Schmitt seinen Freund mit dem sechsfachen Tour-de-France-Gewinner, dem Rad-Heros Lance Armstrong, vergleichen. Doch der CCM-Chef verhaspelte sich und machte daraus gleich den "Neil Armstrong des Schachs". Anand musste breit grinsen ob der Gleichstellung mit dem ersten Astronauten auf dem Mond.

   In Dortmund ragte der "Tiger von Madras" als einziger der Topleute heraus. Während in der anderen Vorrundengruppe Weltmeister Wladimir Kramnik&Co. ein Remis nach dem anderen produzierten, trumpfte Anand auf. Sehenswert war vor allem seine Partie gegen den Aeroflot-Open-Gewinner Sergej Rublewski.

 










Anand,V (2782) - Rublewski,S (2686) [B43]
Dortmund, Vorrunde GER (5), 26.07.2004

1.e4 c5 2.Sf3 e6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 a6 5.Sc3 Dc7 6.Ld3 Sf6 7.0-0 Lc5 Schwarz will den zentralisierten Springer aus seiner dominanten Stellung vertreiben. 8.Sb3 [ 8.Le3 d6 bescherte Weiß in zahlreichen Partien keinen Vorteil.] 8...Le7 9.Le3 d6 10.a4 b6 11.a5!N Dieser logische Zug ist erstaunlicherweise eine Neuerung. Weiß versuchte an dieser Stelle schon mehrere andere Fortsetzungen. 11...b5 12.Lb6 Dc6 13.f4 Sbd7 14.Sd4! Bereitet ein Bauernopfer vor. 14...Db7 15.e5 15...dxe5 16.fxe5 Sxe5 [ 16...Sxb6? 17.exf6 Lc5 ( 17...Lxf6 18.Txf6! gxf6 19.axb6 Dxb6 20.Lxb5+ verliert.) 18.Kh1 Lxd4 19.Le4 Sd5 20.Dxd4 Da7 21.Dd2 Sxf6 22.Dg5! Das ist noch besser als der aber ebenfalls zum Sieg ausreichende Qualitätsgewinn auf a8. 22...Sxe4 23.Sxe4 f6 ( 23...0-0 24.Sf6+ Kh8 25.Ta3 Dd4 26.Th3 gxf6 27.Dh6 mit undeckbarem Matt.) 24.Sd6+ Kd8 25.Dg3 Tg8 26.Tad1 Ld7 27.Txf6 gxf6 28.Dxg8+ Kc7 29.Dxh7 Td8 30.De7 Da8 31.Sf7 und Schwarz steht hoffnungslos.] 17.Txf6 17...gxf6? [ 17...Lxf6? 18.Le4 Db8 19.Sc6 Sxc6 20.Lxc6+ Kf8 21.Lc5+ Kg8 22.Se4 und der Nachziehende wird der zahllosen Drohungen nicht mehr Herr. Der Läufer darf sich nicht einmal auf b2 bedienen wegen Dd8 matt.; 17...Sxd3! ist der richtige Zwischenzug, um den lästigen Läufer zu beseitigen. Nach 18.Txf7 Kxf7 19.Dxd3 Ld7 20.Tf1+ ist die Stellung ungefähr im Gleichgewicht.] 18.Le4 Db8 19.Sc6 Sxc6 20.Lxc6+ Kf8 21.Df3!+/- In Zusammenarbeit mit den prächtig stehenden Läufern gelangt Weiß durch ein kurioses Damenmanöver mit Tempogewinn nach h6! 21...Ta7 22.De3! Tc7 23.Df4! Tb7 [ Indes verliert 23...e5? 24.Dh6+ Kg8 25.Sd5! ] 24.Dh6+ Kg8 25.Ld4 e5 [ 25...Tc7 kontert Anand mit 26.Ta3!+- , wonach Schwarz in allen Fällen untergeht: 26...e5 ( 26...b4 27.Sd5! ; 26...Lxa3 27.Lxf6 ) 27.Sd5 Lf5 28.Lb6 Ta7 ( 28...Txc6 29.Sxe7# ; 28...Lg6 29.Lxc7 ) 29.Tg3+ Lg6 30.Kh1 und Rublewski büßt in allen Varianten Material ein, da keine Figur mehr einen vernünftigen Zug hat!] 26.Le3?! Die erste Ungenauigkeit des Inders. Stärker ist [ 26.Lf2! Dc7 ( 26...Dd6 27.Lxb7 Lxb7 28.Td1 De6 Verliert ebenso wie ( 28...Dc6 29.Sd5 Dxd5 30.Txd5 Lxd5 31.Lh4 ) 29.Td3 mit der finsteren Absicht Tg3+.) 27.Lxb7 Lxb7 28.Td1+/- und Weiß steht deutlich überlegen.] 26...Dd6 27.Lxb7 Lxb7 28.Td1 De6 Der weiße Vorteil hat sich verflüchtigt, weil der Turm nun nicht mehr so leicht über d3 nach g3 gelangt. 29.b4!? Dg4! 30.Td2 30...Dxb4? Zu gierig. [ 30...Dg6! 31.Dxg6+ hxg6 32.Td7 Lxb4 33.Sa2 Lxa5 34.Txb7 Th4 mit drei Bauern für den Springer sollte zum Remis reichen.] 31.Se2! f5? Das wird sofort bestraft. [ 31...Dg4? 32.Sg3 Lc8 33.Sh5 Dg6 34.Td6 rettet nichts, weil sich 34...Dxh6 35.Lxh6 Lxd6 wegen 36.Sxf6# verbietet.; 31...Le4 32.Sg3 Db1+ 33.Kf2 Lg6 34.c3! Lf8 ( 34...Db3? 35.Td8+! Lxd8 36.Lc5 Dc2+ 37.Kg1 Db1+ 38.Sf1 führt zum Matt.) 35.Td8 Db2+ 36.Kg1 Da3 37.Tc8 ist auch hoffnungslos angesichts fehlender Befreiungsmöglichkeiten der schwarzen Figuren.] 32.Sg3! f4 [ 32...Dg4 wird mit 33.Sxf5! Dxf5 34.Td8+!! Lxd8 35.Lc5+- und erneutem Matt auf f8 beantwortet.; 32...Dh4 33.Dxh4 Lxh4 34.Sxf5 Lf6 35.Td6 ist ebenfalls aufgabereif.] 33.Sf5 Db1+ 34.Kf2 fxe3+ 35.Ke2! Rublewski sind die sinnvollen Schachs ausgegangen, der Russe kann somit das baldige Matt nicht mehr verhindern. 1-0

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