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Mal Schach-Deutscher, mal Armenier

EM-Dritter Aronjan wechselt wieder den Schachverband / Iwantschuk gewinnt Titel

Text und Fotos von FM Hartmut Metz, 19. Juni 2004

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   Wassili Iwantschuk heißt der neue Schach-Europameister. Dabei legte der Vizeweltmeister im türkischen Antalya einen klassischen Fehlstart hin und unterlag spektakulär in der ersten Runde dem bulgarischen Außenseiter Julian Radulski. Danach sammelte der Ukrainer jedoch 9:3 Zähler und ging punktgleich mit Predrag Nikolic (Bosnien-Herzegowina) über die Ziellinie. Im Schnellschach-Tiebreak machte Iwantschuk dann endgültig seinen Patzer zum Auftakt vergessen.

 

Wassili Iwantschuk

Wassili Iwantschuk

 

   Konfusion gab es um Lewon Aronjan. Der in Berlin lebende ehemalige Junioren-Weltmeister spielte plötzlich wieder unter armenischer Flagge - obwohl er seit einem Jahr zeitweilig die deutsche Rangliste anführte. Offensichtlich war der künftige Kreuzberger Bundesligaspieler nicht mit der Unterstützung des Deutschen Schachbundes (DSB) zufrieden - sein Mutterland nutzte die Gunst der Stunde und lockte das 21-jährige Talent zurück in den heimischen Verband. Ärgerlich für den DSB, denn Aronjan führte nach Stichkämpfen die Riege der fünf Großmeister mit 8,5 Punkten an und sicherte sich im Tiebreak die Bronzemedaille.

   Bei der heute in Libyen beginnenden WM trifft Aronjan auf den jüngsten Teilnehmer, Magnus Carlsen. Der Schach-Weltverband FIDE gab dem 13-jährigen Knirps aus Norwegen einen Freiplatz. Auch wenn Carlsen in Tripolis nur an Position 95 gesetzt ist, darf sich der "Neu-Armenier" seiner Sache nicht zu sicher sein.

   Das Gros der Weltspitze boykottiert die umstrittene WM-Vergabe an Libyen. Der nach Gutsherrenart herrschende FIDE-Präsident Kirsan Iljumschinow, der auch das Oberhaupt der russischen Republik Kalmückien ist, hatte sich mit Diktator Muammar el Gaddafi auf die WM-Ausrichtung geeinigt. Iljumschinow hielt auch daran fest, als den "zionistischen Feinden" aus Israel (O-Ton des für Sport zuständigen Gaddafi-Sohns Mohammad) trotz ihrer WM-Qualifikation kein Visum gewährt wurde.

   Eine der spektakulärsten Partien der EM gewann der fünftplatzierte Jewgeni Miroschnichenko (8,5 Punkte) gegen Michal Krasenkow (8). Der Pole in Diensten des SC Baden-Oos qualifizierte sich als Neunter ebenfalls für die WM.

 










Miroschnichenko,J (2599) - Krasenkow,M (2609) [A04]
EM Antalya (Tuerkei) (10), 25.05.2004

1.Sf3 c5 2.g3 Sc6 3.Lg2 g6 4.0-0 Lg7 5.d3 Sf6 6.c3 0-0 7.a3 e5!? Ein neuer Zug. Zurückhaltender ist [ 7...b6 8.b4 Lb7 wie Ulf Andersson anno 1991 in Biel gegen Alexej Schirow spielte.] 8.b4 e4 9.dxe4 Sxe4 10.Dd5! Ein interessantes strategisches Konzept! Weiß will den Vorstoß d5, mit dem Schwarz alle Probleme löst, verhindern. Für den dadurch entstehenden Entwicklungsvorsprung opfert der Anziehende gerne Material. 10...Sxc3 11.Sxc3 Lxc3 12.Lg5! De8 13.Dxc5!? Miroschnichenko spielt originell weiter. Das Qualitätsopfer ist positionell gerechtfertigt: Krasenkow gerät bald wegen der schwarzen Felderschwächen in Schwierigkeiten. 13...Lxa1 14.Txa1 De6?! [ Da 14...Dxe2? 15.Dc3! Schwarz schon in die Bredouille bringt mit 15...d5 16.Te1 d4 17.Dc5 Dd3 18.Dxf8+! Kxf8 19.Lh6+ Kg8 20.Te8# , sollte; 14...d6! 15.Dxd6 De6 geschehen. Danach können sich die Figuren wenigstens entwickeln.] 15.Td1 [ Fantastische Varianten ergibt 15.Lh6! Te8 16.Dc3 Se5 ( oder 16...f6 17.Sg5 De5 18.Ld5+! Te6 19.Dc5! d6 ( 19...Dxa1+?? und das Matt ist nicht mehr abzuwenden: 20.Kg2 d6 21.Dxd6 Ld7 22.Lxe6+ Lxe6 23.Dxe6+ Kh8 24.Sf7+ Kg8 25.Sd8+ Kh8 26.De8# ) 20.Lxe6+ Dxe6 21.Sxe6 dxc5 22.Sxc5 mit deutlich besserer weißer Stellung. ) 17.Sg5 Dc4 18.Db2 f6 19.Tc1 Db5 20.Db3+ d5 21.Lxd5+ Kh8 22.Tc7 Ld7 23.Lc6!! Sxc6 ( 23...Lxc6 24.Txh7# ) 24.Df7 nebst Matt im nächsten Zug.] 15...Te8 16.Td6 Dxe2 17.Lf6! Te6 18.b5 Txd6 [ Nach 18...Txf6 19.Txf6 Sd8 bleibt die Lage kritisch.] 19.Dxd6 Dxb5? [ "Zu gierig", kommentiert der ukrainische Großmeister Michail Golubew und empfiehlt in "Chess Today" 19...De6! 20.Dxe6 fxe6 21.bxc6 bxc6 . Danach muss Weiß erst einmal nachweisen, dass die zwei Figuren besser sind als Turm und zwei Bauern.] 20.Sg5! Droht schlicht und ergreifend Ld5 nebst Lxf7+. 20...Db1+ 21.Lf1 De1 [ 21...b5 erlaubt 22.Dd5 mit erneutem Zusammenbruch auf f7.] 22.Sxh7! Das war Krasenkow sicher entgangen. 22...De8 [ 22...Kxh7 23.Df8 ändert nichts am Aus.] 23.Df4! Sehr schön gespielt. Der immer noch völlig unterwickelte Nachziehende ist gegen den Damenschwenk auf die h-Linie völlig hilflos. 23...Se7 24.Lc3 Nachdem nun auch noch Df6 sowie Sf6+ mit Damengewinn drohen, hat Krasenkow genug gesehen. 1-0

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