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Naiditsch verliert entspannt den Titel

Thomas Luther zum zweiten Mal deutscher Meister

von FM Hartmut Metz, 7. Dezember 2002

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Deutscher Schachmeister 2002: Thomas Luther

Thomas Luther, der neue deutsche Meister

 

   Thomas Luther hat zum zweiten Mal nach 1993 die deutsche Einzelmeisterschaft gewonnen. Der 33-jährige Erfurter kam bei den Titelkämpfen in Saarbrücken als einziger Großmeister auf 7:2 Punkte. Alexander Graf (Köln-Porz), der zu den Topfavoriten zählte, belegte Rang zwei. Als zweiter Teilnehmer kam noch Florian Handke auf 6,5 Zähler. Der Wattenscheider bezwang Arkadij Naiditsch und sicherte sich seine vierte Großmeister-Norm. Der 21- Jährige erhält damit endgültig den höchsten Titel des Weltverbandes FIDE.

 

Arkadij Naiditsch

Arkadij Naiditsch

 

   Als tragischer Held endete Naiditsch mit sechs Zählern nur auf Platz vier. Der von beginn an führende Dortmunder hatte schon in der vorletzten Runde gegen Lev Gutman eine Gewinnstellung verdorben. In der letzten Partie musste der 17-Jährige unbedingt gewinnen, wollte er den gegen Gutman bald auf der Siegerstraße wandelnden Luther einholen und dank der besseren Wertung den Titel einheimsen. Naiditsch stand mit einem Turm für eine Figur auch auf Gewinn, zumal sich Kontrahent Handke erneut in haarsträubender Zeitnot befand. Doch anstatt mit rund 15 Sekunden auf der eigenen Uhr noch einmal zur Sicherheit zu ziehen, überschritt der Dortmunder im festen Glauben, den 40. Zug bereits ausgeführt zu haben, gegen den Vizemeister des Vorjahres ganz entspannt die Zeit! Pech für das momentan größte deutsche Talent, das inzwischen eine beachtliche Wertungszahl von 2 586 Elo aufweist und damit vor dem Sprung in die Top 100 der Welt steht.

   Für die mitfavorisierten Baden-Ooser Großmeister lief das Turnier im Saarland nicht ganz nach Wunsch. Rustem Dautov wurde mit ebenfalls sechs Punkten immerhin Sechster. Robert Hübner besaß bis zur Partie gegen Luther in Runde acht alle Chancen auf den Titel. Der deutsche Vorkämpfer stolzierte den Angaben des Magazins "Schach" nach noch zuversichtlich durch den Spielsaal, ehe ihn ein überraschendes Damenopfer des neuen Meisters wie ein Keulenschlag traf. Mit nur fünf Punkten endete Hübner auf Platz elf.

   Bei den Titelkämpfen wurden zahlreiche sehenswerte Partien gespielt. Zunächst ein herrlicher Sieg von Naiditsch über den Stuttgarter Frank Zeller. In der nächsten Woche folgen weitere spektakuläre Opferreigen von Luther gegen Hübner und Artur Jussupow, der mit nur fünf Punkten enttäuschte.

 










W: Naiditsch S: Zeller

 

1.e4 c5 2.Sf3 e6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 a6 5.Ld3 Lc5 6.Sb3 Le7 Mit dieser Zugfolge (anstatt gleich Le7) vertreibt Schwarz den Springer aus seiner zentralen Position. 7.0-0 d6 8.c4 Sf6 9.Sc3 b6 10.f4 Sbd7 11.Df3 Lb7 12.Kh1 Dc7 13.Ld2 Auf e3 wirkt der Läufer weit aktiver. Der Vorteil dieses Zuges besteht darin, dass die e-Linie nicht verstopft wird. Ein Turm auf e1 kann dann viel leichter den Bauernvorstoß e5 oder gar ein positionelles Springeropfer auf d5 unterstützen. 13...h5 Eine Neuerung. Der ungarische Junioren-Weltmeister Peter Acs wurde heuer in Dubai von Michail Kobalja mit 13...g6 14.Tae1 h5 15.Dh3 Sg4 16.Sd1 Sdf6 konfrontiert. 14.Dh3 Sg4 15.Tac1 Sdf6?! 15...g6 scheint sicherer, um den folgenden starken Vorstoß zu unterbinden. 16.f5! Dd7 16...Se5 17.fxe6 fxe6 18.Le2 Sfg4 19.Lf4 mit der Absicht Sd4 stellt den schwarzen Springer zwar auf ein zentrales Feld, hinterlässt jedoch die unangenehme Schwäche auf e6. 17.Sd4 Tc8 18.b3 Ld8 19.fxe6 fxe6 20.Sd5! 0-0 Wohl noch die beste Verteidigung, 20...exd5 21.exd5 gibt Weiß zu starken Angriff. 21.Sxf6+ Lxf6? 21...Sxf6 stellt den e6-Bauern ein.; Doch 21...Txf6 22.Sf3 De8 hält vorerst alles zusammen. 22.Dxh5 Se5 23.Lb1 Tc5 24.Dh3 Lc8 25.Se2 b5 26.Le3 Tc6 27.Sf4 bxc4? Ein verzeihlicher Fehler Zellers. Wer kann schon den nächsten Zug voraussehen? 27...De8+/- wäre die Alternative gewesen. 28.Sg6!! Ein fantastischer Zug. 28...Sxg6 29.e5! Befreit den eingekerkerten Läufer auf b1 mit aller Kraft! 29...Sxe5 30.Dh7+ Kf7 31.Txf6+! Naiditsch schickt einen Turm hinterher, um den schwarzen Monarchen seines Schutzes zu berauben. 31...Kxf6 32.Tf1+ Ke7 33.Dxg7+ Sf7 33...Kd8 ist auch zu wenig: 34.Dxf8+ Kc7 35.Le4 d5 36.Lf4 dxe4 37.Lxe5+ Kb7 ( 37...Kb6 38.Db4+ Ka7 39.Db8# ) 38.Tf7 mit Damengewinn. 34.Txf7+! Weiß lässt nicht locker und krönt sein doppeltes Springeropfer mit zwei Qualitätsopfern! 34...Txf7 35.Lg5+ Ke8 36.Dg8+ und Zeller streckte angesichts von 36.Dg8+ Tf8 37.Lg6+ die Waffen. 1-0

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