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Laufsteg wichtiger als Sport

"Grazien" stehlen in Mainz den Weltmeistern die Show

von Hartmut Metz, 8. September 2002

mehr Schachtexte von Hartmut Metz

 

   Die deutschen Volleyballerinnen haben sich vor der WM im eigenen Lande ausgezogen, um Aufmerksamkeit zu erregen. Dank des auflagenstarken Magazins "Stern" gelang dies den weiblichen "Schmetterlingen". Manch andere Sportlerin versuchte gleich über den "Playboy" einen rasanten Aufstieg zu schaffen oder den Niedergang mit eindeutigen Tatsachen zu bremsen. Bloße Leistung reicht heutzutage bei den meisten Sportlerinnen nicht, um Publikum wie Sponsoren anzulocken. Davon kann beispielsweise das deutsche Mehrkampf-Ass Sabine Braun ein Lied singen. Die ehemalige Siebenkampf-Weltmeisterin und Olympia-Medaillengewinnerin springt zwar weit und läuft schnell, aber vom Aussehen her ist sie nicht für die Laufstege geschaffen.

   Im Kontrast dazu befindet sich Anna Kurnikowa. Die Tennisspielerin, die noch nie ein Einzelturnier gewann, scheffelt mehr Geld als die anderen Sportlerinnen auf dem Platz gewinnen. Die Russin ist schön, das reicht, um aus dem langen Schatten der meist von Männern dominierten Sportarten herauszutreten. Gleiches glückte Alexandra Kostenjuk und Elisabeth Pähtz bei den Chess Classic in Mainz. Das "Duell der Grazien" erregte mehr Aufmerksamkeit in den deutschen Medien als das der eigentlichen Stars, FIDE-Weltmeister Ruslan Ponomarjow und dem weltbesten Schnellschachspieler und Titelverteidiger Viswanathan Anand (Endstand 3,5:4,5).

 

Elisabeth Pähtz und Alexandra Kostenjuk: Chess Classic in Mainz

Elisabeth Pähtz und Alexandra Kostenjuk bei den Chess Classic Mainz 2002

 

   Kostenjuk, die das karrierefördernde Etikett "Anna Kurnikowa des Schachs" angeklebt bekam, und vor allem die durch kecke Sprüche glänzende Elisabeth Pähtz sorgten abseits und auf dem Brett für Unterhaltung. Kostenjuk sprach von einem "spannenden Match, das allerdings vor Fehlern strotzte". Ihre 2:0-Führung büßte die Vizeweltmeisterin nicht nur ein, sondern sie hätte sich auch über einen 2:3-Rückstand nicht beklagen dürfen. Doch ihre Kontrahentin vom deutschen Meister Dresden verpatzte die fünfte Begegnung ins Remis. Immerhin konterte die Tochter von Großmeister Thomas Pähtz auch nach einem weiteren Rückschlag und glich zum 4:4 aus. Erst in der Tiebreak-Verlängerung setzte sich die Favoritin mit 2:1 durch. Obwohl die Außenseiterin letztlich mit dem knappen Endstand zufrieden war, beklagte die WM-Achtelfinalistin aus Erfurt ihre "schlechten Nerven. Die sind mein größtes Problem. Ich habe schon mehrfach in letzten Runden Jugend-WM-Titel verschenkt."

Nachstehend die zweite Partie, in der Kostenjuk einen Angriff schulbuchmäßig vortrug.

 










W: Kostenjuk S: Pähtz

 

1.e4 c5 2.Sf3 e6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 a6 5.Sc3 Dc7 6.Le2 Sc6 7.0-0 Sf6 8.Le3 Lb4 9.Sa4 Le7 10.f4? Wenn schon Bauernopfer auf e4, dann mit dem Zug 10.c4. 10...Sxe4 11.c4 0-0 12.Ld3 Sf6 13.g4 Sb4? Es sieht natürlich aus, den gefährlichen weißfeldrigen Läufer zu befragen. Richtig ist indes [13...d5! , um den Zwischenzug 14.g5 mit 14...Se4 beantworten zu können. ] 14.g5! Zwingt den Springer nach e8 - und entblößt dadurch das neuralgische Feld h7. Weiß nutzt dies sogleich aus. 14...Se8 Der wünschenswerte Zwischenzug Sxd3 scheitert an 15.gxf6 mit Figurengewinn. 15.Lxh7+! Kostenjuk setzt mit einem Standardopfer auf h7 fort, nachdem der schützende Springer auf das schlechte Feld e8 vertrieben wurde, wo der Rappe die Fluchtmöglichkeiten einschränkt. 15...Kxh7 16.Dh5+ Kg8 17.Tf3 f5 Noch der zäheste Verteidigungsversuch. [17...g6 18.Dh6 Sg7 19.Th3 Sh5 20.Sf5! exf5 21.Ld4 f6 22.Dxg6+ Sg7 23.Th7 Tf7 24.Dh6 Dxf4 25.Th8# ] 18.Th3 Sf6 19.gxf6 Lxf6 [19...Txf6 fruchtet ebenso wenig. 20.Sf3 Th6 21.De8+ Lf8 22.Txh6 gxh6 23.Kh1 und der weiße Turm greift auf g1 entscheidend ein. ] 20.Sf3 Sd3 21.Sg5 Lxg5 22.fxg5 Sf4 23.Dh7+ Kf7 24.Th6! Sehr stark gespielt. Dank der prächtig zusammenarbeitenden zwei Schwerfiguren wird der schwarze Monarch erledigt. 24...Se2+?! [24...Dxc4 hätte Kostenjuk mehr Präzision abverlangt: 25.Lxf4! Dd4+ 26.Kg2 Ke7 (Dxf4 27.Tf6+ Ke8 28.Dg6+ Kd8 29.Txf8+ Kc7 30.Dxg7 Dg4+ 31.Kf2 Df4+ 32.Ke2 De4+ 33.Kd2 Df4+ 34.Kc3 und Weiß entkommt dem Dauerschach) 27.Tf6! Te8 28.Txe6!! dxe6 29.Td1!! Th8! 30.Ld6+! (Ein Opferangebot nach dem anderen stets im Kampf um das Schlüsselfeld g7) Kd7 31.Sb6+ Kc6 32.Txd4 Txh7 33.Sxa8. 25.Lxf4! Dd4+ 26.Kg2 Ke7 (26...Dxf4 27.Tf6+ Ke8 28.Dg6+ Kd8 29.Txf8+ Kc7 30.Dxg7 Dg4+ 31.Kf2 Df4+ 32.Ke2 De4+ 33.Kd2 Df4+ 34.Kc3 b5 35.Dd4 Df3+ 36.Dd3 Dc6+ 37.Kd2 Dg2+ 38.De2 Dxg5+ 39.Kd3 bxa4 40.Dc2+ Kb7 41.Tc1 und Weiß gewinnt.) 27.Tf6 Te8 28.Txe6+!! dxe6 29.Td1!! Th8! 30.Ld6+! Ein Opferangebot nach dem anderen stets im Kampf um das Schlüsselfeld g7. 30...Kd7 31.Sb6+ Kc6 32.Txd4 Txh7 33.Sxa8 ] 25.Kf2 Sf4 26.Tf6+ Ke8 27.Dxg7 Sh3+ 28.Ke1 Da5+ 29.Ke2 Db4 30.Dg6+ Ke7 31.Lc5+ Dxc5 32.Dg7+ Ke8 1-0

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