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Kasparow für Chinesen eine Mauer

Europa schlägt Asien trotz schwachen Geschlechts mit 58:46

von Hartmut Metz, 29. September 2001

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   Die UdSSR gegen den Rest der Welt 1970 in Jugoslawien war der prestigeträchtigste Mannschaftswettkampf, den es je gab. 20,5:19,5 setzte sich damals die Schach-Supermacht durch. Um wie viel Renommee es dabei ging, hatte sich bereits im Vorfeld gezeigt, als Bent Larsen und Bobby Fischer um das erste Brett der Welt-Auswahl stritten. Letztlich lenkte der spätere Weltmeister Fischer entgegen seines sonstigen Starrsinns ein.

   Die Neuauflage 1984 verlief weit weniger spektakulär. Gleiches gilt für die Duelle zwischen China und den USA sowie Russland, die das Reich der Mitte in diesem Jahr ansetzte und künftig regelmäßig austragen will. China dominierte auch das Geschehen bei den Damen, die im georgischen Batumi im Schnellschach-Match zwischen Europa und Asien antraten. 21,5:10,5 nahmen die von Weltmeisterin Xie Jun angeführten Asiatinnen die Großmeisterinnen des Alten Kontinents auseinander. Bei Europa waren die für den SC Baden-Oos spielende Weltranglistensiebte Jekaterina Kowalewskaja (Russland) mit 2:6 Punkten und die Georgierin Nino Gurieli, die nur ein Remis in acht Partien schaffte, die Schwachpunkte. Gurieli hätten die Gastgeber, die drei der vier Spielerinnen stellten, auch nicht als Ersatzfrau aufbieten dürfen, weil sie nicht mehr die Leistung bringt. Bei Asien war die Chinesin Xu Yuhua mit 6,5:1,5 Zählern die beste Akteurin.

 

Garri Kasparow

Garri Kasparow

 
   Ihr glänzendes Resultat reichte aber noch lange nicht an das Ergebnis von Garri Kasparow heran. Der Ex-Weltmeister fegte wie ein Tornado über die sechs Gegner hinweg. In zwölf Partien konnten lediglich der Indonesier Utut Adianto und der Chinese Ye Jiangchuan ein Remis ertrotzen. Mit den 11:1 Punkten legte Kasparow den Grundstein zum 47,5:24,5-Erfolg der Herren und dem Gesamtsieg Europas mit 58:46. Mit 8:4 Zählern gefiel auch der Niederländer Loek van Wely. Bester Asiate, bei denen der indische Weltmeister Viswanathan Anand schmerzlich vermisst wurde, war der Usbeke Rustam Kasimdschanow (7,5:4,5). Im nächsten Jahr wird Asien Gastgeber des Wettkampfs sein. "Wohl mit einem anderen Modus", scherzte Europas Kapitän Alexander von Gleich und dachte dabei an "49 Damen- und ein Herrenbrett".

   Einen ganz besonderen Zweikampf trug Kasparow gegen Jewgeni Wladimirow aus. Dieser war 1986 einer seiner Sekundanten bei der WM gegen Anatoli Karpow. Nach der 19. Partie entließ ihn der Weltmeister, weil Wladimirow angeblich Kasparows Vorbereitung kopiert und an Karpow verkauft haben sollte. Unabhängig davon, dass Kasparow gerne Sündenböcke für eigenes Versagen sucht, bestrafte er Wladimirow 15 Jahre danach noch einmal.

 










W: Wladimirow S: Kasparow

 

1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sc3 Lb4 4.e3 0-0 5.Ld3 d5 6.Sf3 c5 7.0-0 cxd4 8.exd4 dxc4 9.Lxc4 b6 10.De2 In der zehnten Partie des WM-Matchs bevorzugte Wladimir Kramnik 10.Lg5 und gewann nach nur 25 Zügen. Allerdings spielte Kasparow in dieser Partie sehr schwach, weshalb Wladimirow ahnte, dass sein ehemaliger Herr und Meister in dieser Variante einen Pfeil im Köcher hat.  10...Lb7 11.Td1 Lxc3 12.bxc3 Dc7 13.Lb2?! Im Kandidatenturnier 1983 setzte Alexander Beljawski gegen Kasparow energischer mit 13.Ld3!? Dxc3 14.Lb2 fort und erhielt Initiative. 13...Lxf3 Dahinter steckt eine geniale Idee.  14.Dxf3? 14.gxf3 ist zu bevorzugen. Danach muss sich zeigen, ob das Läuferpaar die zersplitterte Bauernformation mehr als wettmacht. 14...Dxc4! Ein überraschendes Qualitätsopfer. 15.Dxa8 Sc6 16.Db7 Sd5 Die weiße Dame ist eingekerkert. Jetzt muss Schwarz ihr nur noch die Felder b7 und d7 nehmen. 17.Te1 Tb8 18.Dd7 Td8 19.Db7 h5!? Im Falle von 19...Sa5 20.Dxa7 Dc6 21.Te5 Ta8 22.Txd5 exd5 (22...Txa7?? 23.Td8+  und Matt) 23.De7 entkommt die Dame. Kasparow bläst stattdessen lieber am Königsflügel zum Angriff. Momentan ist dies völlig risikolos, weil er im Zweifelsfall immer die Remisschaukel mit Tb8 und Td8 samt Dauerangriff auf die Dame hat. 20.Lc1? Will den Springereinfall auf f4 mit Drohungen wie Sd3 oder Dd5 verhindern. Doch jetzt geht plötzlich:  20...Sa5! 21.Dxa7 Dc6 22.Da6 [22.Te5 Ta8 23.Txd5 Txa7 ] 22...Sc4 23.Tb1 Wahrscheinlich glaubte Wladimirow, sich nun nach Ta8 dem Angriff mittels Db5 entziehen zu könne, Sc7 raubt ihm indes die Illusion. Nach 24.Da7 Ta8 ist die stärkste Figur verloren.  0-1

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