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Neuer Schachstern: Alexander Grischuk

17-jähriger Moskauer gelangt bis ins WM-Halbfinale

von Hartmut Metz, 21. Januar 2001

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   Die größte Überraschung der FIDE-WM war Alexander Grischuk. Den 17-Jährigen hatte niemand auf der Rechnung, auch wenn der junge Moskauer mit 2 606 Elo im Juli in den Kreis der Super-Großmeister vorgestoßen war. In Neu Delhi stoppte ihn erst sein Vorbild Alexej Schirow. Der Lette in spanischen Diensten musste jedoch bis zur letzten Partie zittern, ehe er den Russen mit 2,5:1,5 ausgeschaltet hatte. Zweifellos bot dieses Match das spektakulärste Schach während der WM. Nachstehend die vierte Begegnung, in der Grischuk den Ausgleich verpasste.

W: Grischuk S: Schirow









Stellung nach:

1.e4 e5 2.Sf3 Sf6 3.Sxe5 d6 4.Sf3 Sxe4 5.d4 d5 6.Ld3 Ld6 Michael Adams und Viswanathan Anand bevorzugten in Neu Delhi Sc6 7.0-0 Le7 8.c4 Sb4 9.Le2 0-0 10.Sc3 Lf5 und hatten danach keine Probleme mit Schwarz. 7.0-0 0-0 8.c4 c6 9.cxd5 cxd5 10.Sc3 Sxc3 11.bxc3 Lg4 12.Tb1 Sd7 13.h3 Lh5 14.Tb5 Frisst der Turm den Bauern auf b7, steckt er nach Sb6 in der Bredouille. 14...Sb6 15.c4 Lxf3 Gleich dxc4 geht nicht, weil der Läufer auf h5 hängt. 16.Dxf3 dxc4 17.Lc2 Dd7 18.a4 g6 Alles noch Hauptvariante. Peter Leko erlitt gegen Alexander Chalifman mit Tfe8 Schiffbruch: 19.Le3 Tad8 20.Tfb1 Lc7 21.Le4 Sxa4 22.Td5 Ld6 23.Th5 g6 24.Txb7 Lc7 25.Td5 Dc8 26.Txd8 Txd8 27.Ld5 Td7 28.Df6 Dd8? 29.Dxd8+ Txd8 30.Lc6 mit entscheidendem Vorteil. 19.Le3 Tac8 20.Tfb1 c3 21.a5 Sc4 22.Txb7 De6 23.Lb3 Für Anand lief es gegen Schirow in Linares 2000 wenig erfreulich nach 23.Ta1 Lb8 24.Lb3 Dd6 25.g3 Sxe3 26.Lxf7+ Kh8 27.Dxe3 Df6 28.Le6 Tce8 29.d5 Le5 30.Ta2 Ld4 31.De1 Df3 32.Kh2 Dxd5. 23...Df5 Erst das ist die Neuerung. Lb8 eröffnet hingegen Weiß die besseren Chancen. 24.Dxf5 gxf5 Der Damentausch ruinierte die Bauernstruktur. Schirow dürfte aber in der heimischen Analyse für sich genügend Gegenspiel dank des c-Bauern analysiert haben. 25.Ta1 Durch das gierige 25.Txa7 Tb8 geriete der Anziehende in die Bredouille. 25...f4?! Schwarz sollte wohl besser mit Sxe3 ungleichfarbige Läufer herbeiführen, wonach Schirow nur leicht schlechter gestanden wäre. 26.Lc1 Tfe8 27.f3 c2? Ein weiterer Fehler. Auf c2 ist der schwarze Hoffnungsträger eine leichtere Beute. 28.Kf2 a6?! Schirow hat sich vollends vergaloppiert. a6 ist ein lahmer Zug - doch vernünftige Fortsetzungen, die die Stellung verstärken, fallen einem sowieso nicht ein, weil der Springer auf c4 wegen des schwachen Feldes f7 gebunden ist. 29.Ta4 Sb2 Der Hexer von Riga setzt wieder einmal zu einem seiner geistreichen Tricks an, auf den Grischuk prompt hereinfällt: 30.Lxf7+?? Ein teurer Patzer, der Grischuk knapp 60 000 Mark kostete. 30.Lxb2! Tb8 31.Lxf7+ Kg7 32.Ld5+ Txb7 33.Lxb7 Tb8 34.Tc4 Txb7 35.Txc2 hätte dem 17-Jährigen den Sieg sowie mit einem 2:2 die Verlängerung gesichert, in der der Verlierer zusätzlich 20 Prozent der Differenz zwischen Preisgeld fürs Halbfinale und Endspiel erhalten hätte. 30...Kf8 31.Lxb2? Wirft die letzte Gewinnchance über Bord. Zwar taugt 31.Lxe8 nichts wegen Sd3+ nebst Sxc1, aber 31.Txb2 Kxf7 32.Taa2 Le7! 33.Txc2 Lh4+ 34.g3 Lxg3+ 35.Kg2 Ke6 hätte zumindest die Partie in Gang gehalten. 31...c1D 32.Lxc1 Tc2+ 33.Kf1 33.Kg1?? Te1+ 34.Kh2 Txc1 führt zum Matt. 33...Txc1+ 34.Kf2 Tc2+ 35.Kf1 Tc1+

remis.

   Grischuk gewann im vergangenen Halbjahr 57 Elo-Punkte hinzu und steht nun mit 2 663 auf Platz 28. Mit +20 verbesserte sich die stärkste Dame, Judit Polgar (2 676), auf Rang 24. Knapp vor ihr liegen das ukrainische Toptalent Ruslan Ponomariow (2 677) als 21. und Anatoli Karpow (2 679). Der Ex-Weltmeister, der für 50 000 Dollar seinen Rechtsstreit mit dem Weltverband FIDE um den WM-Titel beilegte, büßte 20 Elo ein und stürzte dadurch auf Platz 20 ab.

   An der Spitze erwies sich die FIDE einen Bärendienst, weil sie das Match zwischen Wladimir Kramnik und Garri Kasparow nicht auswertete. Der unterlegene Weltranglistenerste, der seit 1993 mit dem offiziellen Verband im Clinch liegt, bleibt so mit 2 849 weit vor Weltmeister Viswanathan Anand (2 790). Kramnik verharrt als Dritter ohne den Zugewinn von 25 ELO, die Kasparow hätte abgeben müssen, bei 2 772.


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