Der Vater des PositionspielsZum 100. Todestag von Wilhelm Steinitzvon Hartmut Metz, Karikatur von Frank Stiefel |
Der Todestag von Wilhelm Steinitz jährte sich am 12. August zum 100. Mal. Der gebürtige Prager gilt als erster Weltmeister der Schach-Geschichte. Nachdem er 1866 die Legende Adolf Anderssen in einem Wettkampf mit 8:6 bezwang, verlieh sich der streitbare wie dogmatische Steinitz selbst den Titel. 20 Jahre später, 1886, erkannte man dies aber erst allgemein an, als der Österreicher Johannes Zukertort mit 10:5 bezwang.
Der später in die USA ausgewanderte Profi, der trotz der höchsten Krone meist in ärmlichen Verhältnissen lebte, gilt als Vater des modernen Positionsspiels. Steinitz verdeutlichte, wie wichtig die Besetzung von offenen Linien, das Läuferpaar oder die Figurenentwicklung sind. Zuweilen übertrieb er allerdings sein Bestreben, den mächtigen" eigenen König aktiv ins Geschehen einzubinden.
Auf einer neuen CD wie in einem neuen Buch kann der Leser derzeit mehr über Steinitz erfahren. Was Sie schon immer über Schachweltmeister wissen wollten, aber nie zu fragen wagten" (Schachverlag Kania, 34,80 Mark) besticht vor allem durch köstliche Karikaturen. Frank Stiefel hat sich binnen kürzester Zeit einen Namen durch seine Zeichnungen gemacht und unterlegt sie in dem amüsanten Werk mit ernsten wie weniger ernsten Texten über die Weltmeister. Bei den Partien wählte er extrem schlechte der Champions. Zur Erbauung des Lesers patzten auch die besten Großmeister hie und da.
Die CD 100 Jahre Schach" (Chessbase, 69,90 Mark) hat einen umfangreicheren Ansatz: Ab den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts wird die Schach-Geschichte gut aufgearbeitet. Etwas merkwürdig mutet lediglich das allgemeine Weltgeschehen an, das ebenso aufgelistet wurde. Weniger entbehrlich für den Schachspieler sind dagegen die Porträts in Wort und Bild samt sehr gut kommentierter Partien. Das ist auch der Vorteil der CD gegenüber Gedrucktem, dass die Partien rasch auf dem Monitor nachzuvollziehen sind.
Nachstehend der von Großmeister Rainer Knaak kommentierte Sieg von Steinitz über Curt von Bardeleben. Ein Jahr nach dem Verlust des WM-Throns an Emanuel Lasker belegte Steinitz in Hastings 1895 zwar nur Platz fünf hinter Pillsbury, Tschigorin, Lasker und Tarrasch - dafür gelang ihm aber eine der herrlichsten Partien der Geschichte, die bei dem englischen Traditionsturnier auch den Schönheitspreis erhielt.
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Steinitz,W - Von Bardeleben,C [C54]
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