Einzelpokal-Wochenende BerlinThies Heinemann setzt Hamburger Einzelpokaltradition fortvon Harald Fietz, Mai 2003 |
Die zeitgleich zum Mannschaftspokal ausgetragene 51. Auflage des Deutschen Einzelpokals, dem Dähne-Pokal, unterschied sich wenig von früheren Veranstaltungen: Die Mehrzahl der Teilnehmer hatte eine Wertungszahl zwischen 2200 bis 2350 und je knapper die Spielstärken auseinander lagen, desto eher war Nervenstärke im Blitzentscheid gefragt. IM Thies Heinemann mit Elo 2437 galt am Freitagabend als Favorit, besaß er doch knapp 100 Elopunkte mehr als der nächsthöhere Spieler, FM Christian Richter vom Bundesligisten Turm Emstetten. Den erfahrenen Recken FM Christof Herbrechtsmeier (vom Zweitligisten SC Eppingen) und Harald Darius aus dem Schachdorf Ströbeck traute man möglicherweise eine Überraschung zu. Letzterer scheiterte im Vorjahr erst im Halbfinale am späteren Sieger Hannes Langrock (HSK). Diesmal besiegelte wiederum ein Vertreter von Deutschlands mitgliederstärksten Verein sein Schicksal. In den übrigen Partien setzten sich die wertungsbesseren Spieler durch. Herbrechtsmeier lieferte dabei gegen den zweiten Hamburger Vertreter, Holger Hebbinghaus vom SK Marmstorf, ein paradoxes Beispiel später Läuferentwicklung. Die Partie lohnt das Nachspielen, wenn man etwas über Gegenspielchancen mit Isolani in der d-Linie erfahren will.
Knapp wurde es bei den letzten Acht einzig im hauptstädtischen Vereinsduell: Wie schon Oktober 2002 im Berliner Finale setzte sich Bernd Steinhagen gegen seinen Vereinskameraden von SSV Rotation durch. Benjamin Dauth erreichte zwar eine technisch gewonnene Stellung im Endspiel jeweils Damen und einem Springer, verkomplizierte aber die Angelegenheit, so dass letztlich nach sechs Stunden ein Dauerschach den Gang zum Blitzen bedeutete. Steinhagen hatte auch hier das glücklichere Ende.
Im Halbfinale blieben Sensationen aus. Richter verteidigte eine Mehrqualität gegen Steinhagen und Heinemann spielte seine Qualitäten beim Blitz-Tie-Break aus. Der Badener Herbrechtsmeier nahm es gelassen, konnte er sich doch in den Nachzug setzen und am Sonntag in Österreich bei Innsbruck/Rum in der Staatsliga B-West einen halben Punkt beitragen - was aber knapp nicht zum Klassenerhalt reichte.
Im Finale lieferten die beiden Ersten der Setzliste keine überstürzten Aktionen. Das hätte auch kaum dem Naturell der eher introvertierten Spielertypen entsprochen. Sachlich und vorsichtig erfolgten die Abtäusche. Aus Sicht des Emstetteners war das Erreichen der Schlussrunde bereits ein Erfolg, zumal er in allen drei Partien die schwarzen Steine zugelost bekam! Der Hamburger vertraute letztlich zu Recht auf die Fünfminutenpartien. Geschickt beschäftigte der deutsche Blitzmeister von 1997, nachdem er eine Minute Plus auf der Uhr hatte, in der ersten Ansetzung seinen Gegner bis zur Zeitüberschreitung. Beim Showdown kam - wie in den drei Stunden und 20 Minuten zuvor - Schottisch an die Reihe. Schnell flogen die Züge auf das Brett, doch ein Zeitposter gab es zunächst nicht, weil Weiß 14....Lb4 überraschte. Als beide Fahnen der Garde-Uhr fast synchron stiegen, fand sich ein effektvoller Einschlag auf h6. Richter wirkte paralysiert, eine Minute verfloss und Ideen für ein Spiel auf Sieg waren nicht parat.
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T. Heinemann - C. Richter
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Erneut hatte die Kunst, den Gegner zum Nachdenken zu zwingen, den Ausschlag gegeben. So blieb nur die Gratulation für den Sieger, der damit - nach Karsten Müller (2000) und Langrock (2002) - die Hamburger Dominanz der letzten Jahre fortsetze und sich verdient die Qualifikation für die Deutsche Einzelmeisterschaft sicherte.
Dähne-Pokal (Deutscher Einzelpokal)Viertelfinale
Darius - Heinemann 0:1 Halbfinale
Heinemann - Herbrechtmeier remis (Blitz 2:0) FinaleHeinemann - Richter remis (Blitz 2:0) |
Hier ein paar Fotos vom Berliner Pokal-Wochenende.
(erschien zuerst in leicht gekürzter Fassung in Schachmagazin 64, Nr. 7, S. 188 - 190)