Startseite Rochade Kuppenheim

Aus der Kriminalgeschichte: Morde, die die Welt bewegten

Mord in der Bibliothek, Teil 2

von FM Wolfgang Gerstner, August 2004

zu den Schachtexten

 

Schach-Krimi

 

"Hm", sinnierte Mate, "gar nicht so einfach. Zweifellos steht Schwarz klar besser, aber ob diese Überlegenheit zum Sieg reicht?"

"Wie kommen Sie darauf, dass Schwarz besser steht?" fragte King ohne die Position nur ein einziges Mal zu betrachten.

"Drei Gründe sprechen für Schwarz", erläuterte Mate, "das sind der schwarze Mehrbauer, der schwarze Freibauer auf e4 und der eingeengte weiße König. Dem steht lediglich die Anfälligkeit der schwarzen Bauern auf c6 und g6 gegenüber."

"Und das erfassen Sie mit einem Blick?" hakte King arglos nach.

"Ist ja nicht so schwer zu erkennen", gab Mate zurück.

"Wo waren Sie denn heute zwischen 13 und 15 Uhr?" ließ King nun die Katze aus dem Sack.

"Wo ich ...?" wandte sich Mate ungläubig zum Chief Inspector um. "Sie verdächtigen mich des Mordes?"

"Ihr Auftauchen hier ist durchaus ungewöhnlich", nahm King den Reporter ins Visier, "und Ihre schnelle Einschätzung der Position lässt mich vermuten, dass Sie diese nicht zum ersten Mal sehen."

"Also bitte, Chief Inspector!" schüttelte Mate verwundert den Kopf. "Okay, ich verstehe. Ist ja auch kein Thema, rufen Sie einfach im 'Observer' an. Dort verließ ich die Redaktion kurz vor 15 Uhr."

"Queen, prüfen Sie das!" ordnete King an, ahnte aber schon das Ergebnis.

"Geht klar", meinte der Constabler.

"London, 3763499", nannte Mate die Telefonnummer.

"Und die Stellung auf dem Brett?" hakte King nach, während Queen die Nummer wählte und sofort jemanden am Apparat hatte.

"Nun, ich bin FIDE-Meister", zuckte Mate mit den Schultern, während King beeindruckt wirkte, "und die Einschätzung der Lage ist nicht so schwierig. Anders sieht es mit der Realisierung des Vorteils aus, da steht noch ein längerer Kampf bevor."

"Verstehe", gab sich der Chief Inspector zufrieden, während ihm ein kühner Gedanke durch den Kopf schoss.

"Seine Geschichte stimmt", meldete Queen, nachdem er das Gespräch beendet hatte.

"Also gut, Mr. Mate", sagte King und schickte die beiden bislang regungslosen Beamten mit einem Wink hinaus, "ist doch schön, dass wir das so schnell klären konnten."

"Wie wurde Sir James denn ermordet?" interessierte sich Mate sofort wieder für den Fall.

"Blausäure", berichtete King, "wurde dem Whiskey beigemischt. Eine ziemlich hohe Dosis, die in wenigen Minuten tödliche Wirkung zeigte."

"Erstaunlich", wunderte sich der Reporter, "denn wenn zwei Schachspieler am Werk sind, werden sie sich vom Brett kaum entfernen, vor allem nicht in einer solch kritischen Situation. Wie also konnte der Täter unbemerkt Blausäure in den Whiskey schütten?"

"Sicher hat der Täter den Whiskey geholt", vermutete Queen mit zerfurchter Stirn, "und dabei einen unbeobachteten Moment zur schändlichen Tat genutzt."

"Hat er nicht", ließ sich aus dem Hintergrund Miller vernehmen, "denn auf dem Glas fanden sich nur Abdrücke von Sir James, und es war definitiv nicht abgewischt. Außer Sir James hatte es niemand in der Hand."

"Mr. Miller", stellte King den Sprecher vor, "unser Chef von der Spurensicherung."

"Wer hat den Toten eigentlich entdeckt?" forschte Mate weiter.

"John", antwortete Queen postwendend, "der Butler des Hauses."

"Dann wollen wir mal mit ihm sprechen", entschied King und wandte sich dann an Mate, "und Sie können unter einer Bedingung hier bleiben:" Der Reporter wirkte leicht verwirrt. "Sie sagen kein Wort, während ich mit den betroffenen Personen spreche."

"Aber Chief Inspector", raunte Queen ihm zu, "Sie wollen den Schreiberling hier lassen?"

"Ich glaube", flüsterte King zurück, "dass er uns durchaus helfen kann. Er ist immerhin FIDE-Meister!"

"Und", verstand der Constabler die Welt nicht mehr, "was ist ein FIDE-Meister?"

"Woher soll ich das wissen?" antwortete King indigniert. "Muss wohl ein ziemlich starker Schachspieler sein; ich habe es im Gefühl, dass wir dieses Wissen durchaus gebrauchen können, ich habe da so meine Erfahrungen gesammelt." Queen nickte genauso verärgert wie resigniert. "Jetzt schicken Sie mal den Butler rein."

"Wenn Sie meinen, Chief Inspector", grummelte der Constabler und verließ den Raum durch die linke Tür.

Inzwischen hatte Mate zum Handy gegriffen und sprach leise, aber aufgeregt mit irgendjemandem: "... ja, ja, genau, Michael, ein halbe Seite ... ja, kann ein Aufmacher werden ... nein, noch nicht ... nein, den Artikel reiche ich nach, sobald wir den Mörder haben ... den Titel gebe ich Dir jetzt schon, lass mal überlegen ... ja, 'Giftanschlag löscht Wohltäter aus!' ... das passt, der Rest später ..."

Damit beendete er das Gespräch und wandte sich wieder dem Chief Inspector zu.

"So, so", meinte King halb kopfschüttelnd, halb amüsiert, "finden Sie das Wort Giftanschlag nicht etwas überzogen?"

Mate zuckte die Schultern: "Ist doch einer, oder etwa nicht? Und macht sich wesentlich besser als 'Tod durch Blausäure', da schaut ja keiner den Artikel mehr an."

"Na ja, das ist Ihr Metier", entgegnete King kurz, ehe er sich dem Baum von Mann zuwandte, der in korrekter Butlerlivré und mit kerzengeradem Rücken hinter Constabler Queen den Raum betreten hatte, "und Sie sind gewiss John?"

"Sehr wohl, Sir", bestätigte dieser mit einer leichten Verbeugung.

"Sie haben die Leiche von Sir James als Erster entdeckt?" ging King sogleich zur Befragung über.

"Vermutlich", antwortete dieser, "denn hätte ein anderer Anwesender Sir James vorgefunden, so hätte er wohl ebenfalls Alarm geschlagen und sich nicht wortlos wieder aus dem Raum begeben."

"Davon gehe ich aus", stimmte King zu und zückte ein schwarzes Notizbuch. "Schildern Sie doch bitte einmal den heutigen Nachmittag, seit Sie Sir James zum letzten Mal lebend gesehen haben, bis zu seinem Auffinden."

"Nach dem Lunch zog sich Sir James wie üblich in die Bibliothek zurück", begann John mit seiner Schilderung, "während die übrigen Anwesenden ihren eigenen Beschäftigungen nachgingen. Das war gegen 13:30 Uhr. Ich folgte Sir James noch kurz und erkundigte mich nach eventuellen Wünschen. Da er keine hatte, kehrte ich in den Speisesaal zurück und half unserer Köchin Anne beim Abräumen und Reinigen des Geschirrs."

"Gehört das auch zu Ihren Aufgaben?" unterbrach ihn King überrascht.

"Eigentlich nicht, Sir", sagte John mit regungsloser Miene, "aber beim heutigen Adel muss mitunter ebenso gespart werden wie andernorts. Seit der Kündigung unserer dritten Kraft wurden deren Aufgaben an das übrige Personal verteilt."

"Verstehe", nickte King, "das heißt, Sie waren die ganze Zeit mit Anne zusammen?"

"Bis gegen 14:30 Uhr", fuhr John mit seinem Bericht fort, "anschließend bereitete ich auf der Terrasse die Teatime vor. Anne half mir dabei, indem sie das Teeservice brachte, aber wir arbeiteten beide einige Minuten getrennt voneinander. Ich vermute, dass Sie dieses Detail besonders interessiert."

"Ja, durchaus", stimmte King bei, "wir werden natürlich noch Anne befragen, ob sie Ihre Zeitangaben bestätigt."

"Sie bestätigt es", warf Queen ein. "Habe vorhin mit ihr gesprochen. Ist sich ziemlich sicher, dass John und sie gegen 14:35 Uhr fertig waren."

"Ah ja", murmelte King, während er weitere Eintragungen in seinem Büchlein vornahm, "das ist doch eine recht genaue Angabe. Sie sprachen vorhin von den übrigen Anwesenden. Klären Sie mich bitte kurz auf."

"Zur Zeit weilen die vier Nachfahren von Sir James auf Blackwhite Castle", berichtete John, "die beiden Töchter Patricia und Cybill sowie die beiden Söhne Matthew und Stuart."

"Gibt es dafür einen besonderen Anlass?" hakte King ein.

"Keineswegs, Sir", enttäuschte John den Chief Inspector, "die Damen und Herren besuchen sehr häufig Blackwhite Castle, nach Möglichkeit jedes Wochenende. Da sie alle in London und Umgebung wohnen, ist der Weg nicht allzu weit, und gute familiäre Beziehungen galten auf Blackwhite Castle schon immer als hohes Gut."

"Das heißt", folgerte King, "es herrschte auch an diesem Wochenende eine angenehme Atmosphäre."

"So ist es", bekräftigte John mit einem erneuten Nicken, "es gab keinerlei Differenzen zwischen den Familienmitgliedern."

"Eine harmonische Familie", entgegnete King ungerührt, "in welcher plötzlich das Familienoberhaupt ermordet wird. Wissen Sie zufälligerweise, ob einer der Anwesenden ein Motiv für diese Tat hatte?"

"Nein, Sir", erwiderte John, "dergleichen ist mir nicht bekannt."

Der Butler zögerte plötzlich merklich, so dass King einen Verdacht aussprach: "Aber irgendetwas ist doch nicht so harmonisch, nicht wahr?"

"Nun, Sir", kämpfte John einen Moment mit sich, "eventuell kann ich mit einem Motiv dienen." Die drei Zuhörer spitzten die Ohren, und selbst Miller im Hintergrund unterbrach die Spurensuche. "Vor drei Wochen beim unserem Wohltätigkeitsfest servierte ich gerade auf der Terrasse einige Drinks, als Sir James aus dem Salon trat. Während er noch in der Tür stand, drehte er sich um und rief in den Salon: 'Wenn du das tust, werde ich dich enterben!' Danach trat er in einiger Erregung auf die Terrasse und schleuderte die Tür zu."

"Haben Sie gesehen, zu wem er das gesagt hatte?" hakte King nach.

"Nein, Sir", antwortete John, "die Person folgte Sir James leider nicht. Ich fuhr selbstverständlich mit meinen Aufgaben fort, ohne mich weiter um diesen Vorfall zu kümmern."

"Gab es in letzter Zeit sonst einmal Steitereien oder Meinungsverschiedenheiten?" wagte King einen weiteren Versuch.

"Ich bedaure, Sir", gab John die erwartete Auskunft, "aber sollte es selbige gegeben haben, so wurden sie nicht vor meinen Ohren ausgetragen."

"Spielen eigentlich alle hier Schach?" warf plötzlich Mate ein, woraufhin ihm der Chief Inspector einen bösen Blick sandte und Queen sichtlich verärgert die Luft anhielt.

"Die Regeln sind allgemein bekannt", ließ sich John nichts anmerken, "mit Ausnahme von Anne."

"Sind sie gute Spieler?" übernahm wieder King.

"Äußerst leidlich, wenn ich das so sagen darf", konstatierte John, "Sir James war ein Liebhaber des königlichen Spiels, allerdings mit bescheidener Spielstärke. Damit war er mit Abstand der beste Spieler auf Blackwhite Castle."

"Wurde er hin und wieder von einem seiner Kinder zu einer Partie herausgefordert?" erwog King eine weitere Möglichkeit.

"Nur sehr selten", wurde er ein weiteres Mal enttäuscht, "bei schlechtem Wetter und ausgesprochener Langeweile."

"Aber heute hat er offenbar eine Partie gespielt", warf erneut Mate mit einem Seitenblick zu dem Elfenbeinbrett ein, und diesmal ging Constabler Queen einen drohenden Schritt auf den Reporter zu.

"Eine Frage, Miller", wandte sich King an den Spurenexperten, der sich momentan sowieso mehr um das Gespräch als um seine Spuren kümmerte, "kann man feststellen, welche Fingerabdrücke zuletzt auf die Schachfiguren gekommen sind?"

"Keine Chance, Chief Inspector", antwortete dieser, "da geht alles kreuz und quer durcheinander. Eine zeitliche Bestimmung ist in diesem Fall absolut unmöglich."

John hatte kurz die Stellung auf dem Brett betrachtet und verneinte nun Mates Vermutung: "Sie irren sich, Sir. Auf dem Brett befindet sich eine Analysestellung."

"Eine ... was?" wunderte sich King.

"Sir James war mit einem der Londoner Großmeister befreundet", erläuterte John, "mit Fowley Rook. Dieser besuchte ihn von Zeit zu Zeit, und meistens erfreute er Sir James damit, dass er eine Schachaufgabe mitbrachte. Sir James erbat sich dann Bedenkzeit, um die Aufgabe bis zum nächsten Besuch zu lösen."

"Ach so", sinnierte King, "dann handelt es sich hier also nicht um eine gespielte Partie, sondern um eine Aufgabe, wie man sie häufig in Zeitungen sieht."

"Wie etwa im 'Observer'", konnte sich Mate nicht zurückhalten.

"Und wann war dieser Rook zum letzten Mal Gast auf Blackwhite Castle?" überhörte King geflissentlich den vorwitzigen Reporter.

"Vor fünf Wochen", gab John die gewünschte Auskunft.

"Und seither steht diese Position unverändert auf diesem Tisch?" stellte King eine letzte Frage zu diesem Thema.

"Mit Ausnahme der Wohltätigkeitsveranstaltung", berichtete John, "denn da bestand Sir James darauf, für die zahlreichen Besucher die Grundstellung aufzubauen." Erstmals schüttelte der Butler ungnädig den Kopf. "Was natürlich dazu führte, dass vor allem die Kinder an den teuren Figuren herumfingerten. Es hat mich beinahe zwei Stunden gekostet, um alle Figuren und das Brett wieder auf Hochglanz zu bringen. Jede einzelne musste mit einem Spezialmittel gesäubert werden."

"Nun gut, John", wechselte King das Thema, "ist Ihnen in den letzten Tagen sonst etwas Ungewöhnliches aufgefallen? Besucher, Gäste, Personen, die sich verirrt hatten, Telefonate, Briefe?"

John dachte einige Momente nach, ehe er verneinte: "Nichts dergleichen, Sir. Nach unserer Wohltätigkeitsveranstaltung hatten wir natürlich mehr als sonst zu tun, um Blackwhite Castle wieder in seinen jetzigen Zustand zu versetzen, aber mir fällt nichts ein, auf was Sie mit Ihrer Frage abgezielt haben."

"Noch Fragen, Queen?" wandte sich King an den Constabler, aber der zuckte nur mit den Schultern.

"Dann wollen wir mal die Verwandtschaft befragen", wollte King das Gespräch beenden.

"Ich habe eine", warf Mate zum Unwillen der Beamten ein, "wie lautet denn die Aufgabe hier?" Dabei deutete er in Richtung des Schachbrettes. "Schwarz am Zug gewinnt?"

"Genau, Sir", bestätigte John, während Mate den beiden Beamten einen triumphierenden Blick zuwarf, "Großmeister Rook behauptete, dass Schwarz forciert gewinnen könne, ohne ein langwieriges Endspiel."

"Ah ja", murmelte Mate und wandte seine ganze Aufmerksamkeit dem Brett zu. "Hm, man könnte mit dem Bauern ... dann ein Schach ... hm ...oh, remis ... aha, da liegt der Hase im Pfeffer!"

King und Queen schauten sich kurz an, schüttelten ausnahmsweise übereinstimmend den Kopf und folgten John.

"Raffiniert, gar nicht so einfach", war Mate zu vernehmen, ehe er erschrocken aufblickte. "He, wohin gehen Sie?"

"In den Salon", antwortete Queen sichtlich verärgert, dass der Reporter ihren Fluchtversuch bemerkt hatte, "zwecks Unterhaltung mit den übrigen. Sie können ja noch die Stellung analysieren und uns dann die Lösung mitteilen."

"Nichts da!" protestierte Mate sofort und eilte hinter dem Trio her. Dabei zückte er sein Mobiltelefon und wählte eine Nummer: "Ah, Harry ... ändern der Schlagzeile ... 'Personal-Verschwörung führt zum Giftmord' ... genau, Artikel folgt ..."

"Was soll denn das jetzt?" wandte sich King, der mit einem Ohr die Wortfetzen erhascht hatte, an den Reporter. "Wie kommen Sie darauf, dass Anne und John den Mord geplant haben?"

"Keine Ahnung, ob sie es waren", meinte Mate leichthin, "aber der Titel klingt doch schon viel besser. Vielleicht hat ja John die Episode mit der Enterbung nur erfunden, um den Verdacht von sich auf die Familie zu lenken. Wenn es die beiden tatsächlich waren, habe ich den Knüller."

"Nochmals solche Eskapaden wie eben", drohte King leise, "und Sie dürfen dieses Anwesen unter Polizeibegleitung verlassen. Kein Wort mehr!"

"Schon gut, schon gut, Chief Inspector", entgegnete Mate unbeeindruckt, "Sie haben ab jetzt einen stillen Beobachter."

King schnaufte einmal deutlich durch, schluckte aber seinen Unwillen hinunter. Gemeinsam verließen sie die Bibliothek durch die rechte Tür. Dann überquerten sie einen breiten Flur, in welchem einige Gemälde die Wände zierten, die vom verblassten Glanz einer einstmals großen Epoche zeugten, und hielten auf eine Tür zu, die zum Salon führte. Davor stand in offenbar gelangweilter Stimmung einer der beiden Beamten, die Mate kurz zuvor bis in die Bibliothek verfolgt hatten. Jetzt raffte er sich zu einem kurzen Gruß auf und öffnete selbige Tür.

Während John gemessenen Schrittes den Flur entlang schritt, betraten die anderen den großzügig ausgestatteten Raum. Mit seinen schweren Brokatvorhängen und einem antiken Mobiliar, dem man den Zahn der Zeit nicht ansehen konnte, diente der Salon zweifellos repräsentativen Empfängen von selteneren Gästen, denen man noch einmal Glanz und Gloria des Commonwealth vor Augen führen wollte.

Auf einer Couchkombination an der Fensterseite saßen vier Personen, aus deren Gesichtern das dem Chief Inspector so vertraute gemischte Gefühl von Trauer und Fassungslosigkeit sprach. Offenbar waren alle ihren eigenen schweren Gedanken nachgehangen, denn King hatte nicht den Eindruck, dass sie mit ihrem Eintreten gerade ein Gespräch gestört hatten.

"Guten Tag, Ladies and Gentlemen", begrüßte sie der Chief Inspector, "auch wenn dieser Tag für Sie gewiss nicht gut zu nennen ist. Ich bin Chief Inspector King von Scotland Yard und mit der Untersuchung dieses Falles beauftragt." Mit einer Handbewegung deutete er auf seine beiden Begleiter. "Constabler Queen kennen Sie ja bereits, er hat als erster Beamter hier vor Ort die Untersuchung eingeleitet, und das hier ist Mr. Mate."

Ein gegenseitiges Nicken folgte dieser kurzen Vorstellung, und King war froh, dass unter dem Eindruck der Geschehnisse offenbar keiner der Anwesenden wissen wollte, welche Aufgabe Mate zukam.

"Wenn Sie sich bitte kurz vorstellen würden ...?" bat King, wobei er kurz jedem einzelnen in die Augen schaute.

"Natürlich, Chief Inspector", ergriff ein Mann um die 40 das Wort, welcher in einem der Sessel saß, "mein Name ist Matthew Blackwhite. Ich bin der Älteste von uns."

"Stuart Blackwhite", ließ sich der zweite Mann vernehmen, der links von der Couch saß, auf welcher die beiden Frauen Platz genommen hatten.

"Ich bin Patricia", übernahm die neben Stuart Sitzende, "und das ist meine Schwester Cybill."

"Zunächst möchte ich Ihnen mein tief empfundenes Beileid aussprechen", spulte King nun sein Standardrepertoire herunter, "und verstehe, dass Sie vielleicht das heutige Geschehen erst noch verarbeiten müssen. Trotzdem würde ich Ihnen gerne einige Fragen stellen, solange die Erinnerung an den heutigen Nachmittag noch relativ frisch ist. Sind Sie damit einverstanden?"

Matthew blickte kurz seine Geschwister an, ehe er antwortete: "Natürlich, Chief Inspector. Wir helfen selbstverständlich so gut wie möglich, damit der Mord an unserem Vater möglichst schnell aufgeklärt wird." Er erhob sich plötzlich. "Aber nehmen Sie doch Platz, Mr. King." Er wies auf den dritten Sessel. "Einen Moment, ich hole schnell noch zwei Stühle."

 

Weiterlesen: Schach-Krimi Teil 3


zur Artikelübersicht