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Schachstudien

Hörning, Josten: Schach zwischen Krieg und Kunst

Rezension von Robert Miklos, April 2005

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Hörning, Josten: Schach zwischen Krieg und Kunst

Neu-Jung Verlag 2004
ISBN 3-933648-25-4
Format: DIN A5; 372 Seiten; 24,80 Euro

Bewertung des Rezensenten: Bewertung 3,5 aus 5

 

   Der Titel lässt einiges erwarten ... Es geht aber, vielleicht ein bisschen unerwartet, größtenteils um Schachstudien. Das Buch besteht aus zwei großen Teilen, im ersten "Studieren geht über Probieren" gibt es eine Einführung zum Thema, mit der Vorstellung der nach Meinung des Autoren-Duos schönsten Studien (mit ausführlicher Lösung, die Kapitel werden in Form eines Dialogs zwischen den zwei Autoren präsentiert). Im zweiten Teil "Ausgerechnete: Endspiele" geht das Duo, unterstützt durch aktuelle Engines, auf Fehlersuche in veröffentlichten Studien.

 
Einleitung  

5

Studieren geht über Probieren

10

Ausgerechnete: Endspiele

141

Quellenangaben

366

Kompositionsregeln der FIDE

367

 

   Es gibt Schachspieler, die Problemschach mögen und solche, die damit nichts anzufangen wissen. Wenn die Probleme partienähnlich sind, ist die Akzeptanz deutlich größer. Das wissen die Autoren auch, deshalb werden einige Beispiele für den Rest (Mattaufgaben, Selbstmatt) nur am Rande erwähnt, auf 8 Seiten am Schluss des ersten Teils. Zwischendurch taucht auch eine Retroaufgabe auf: Dabei muss man überlegen, ob Schwarz noch rochieren darf; wenn man beweisen kann, dass der König schon mal ziehen musste, wäre das nicht der Fall - das kann kein Schachprogramm. Die meisten Stellungen, die präsentiert werden, könnten durchaus in Turnierpartien vorkommen. Im zweiten Teil tauchen teilweise Stellungen auf, in denen die Figuren eher untypisch stehen. Im zweiten Teil suchen die Autoren nicht nur nach Fehlern, sondern sie versuchen auch, die Stellung zu "reparieren", meistens durch Hinzufügen von Figuren und geringfügige Änderung der Figurenpositionen.

   Die Texte im Buch erschienen größtenteils bereits in der wohl meistverkauften Schach-Zeitschrift Deutschlands, der "Rochade Europa". Im Buch werden sie unverändert übernommen, inklusive einiger Fehler (falsche Seite am Zug usw.), die dann als Anmerkung korrigiert werden, genauso wie ein paar Rückmeldungen der Leser - was wohl eher selten vorkam. Insgesamt ist viel Material zusammengekommen: Im ersten Teil sind es über 50 Stellungen, im zweiten Teil werden in den 51 Kapiteln je 4-7 Studien gezeigt.

   Die Diagramme sind in Ordnung, aber nicht mehr; manchmal geringfügig verwischt (z. B. auf den Seiten 47 oder 136), was aber die Verständlichkeit nicht beeinträchtigt. Für die zwei großen Kapitel werden leicht unterschiedliche Figurensätze verwendet. Ansonsten ist äußerlich alles bestens. Inhaltlich bekommt man auf 372 Seiten einiges geboten; man sieht, dass die Autoren Spaß dabei hatten. Der Preis von etwa 25 Euro geht wegen der Materialfülle in Ordnung.

   Vor allem der erste Teil, der die "schönsten" Studien vorstellt, wird sicherlich jeden besseren Schachspieler ansprechen. Der Leser sollte eine Mindestspielstärke von etwa 1600 DWZ vorweisen können (die zwei Autoren sind Hobby-Spieler mit Wertungszahlen von 1600-1700), mit der Unterstützung eines Schachprogramms sollte dann alles klar sein. Dafür eignet sich Shredder9 sehr gut, weil das Programm besser "lernt": Spielt man ein paar Züge vor und kehrt dann zur Ausgangsstellung zurück, hat es die neuen Erkenntnisse nicht gleich vergessen, im Gegensatz zu den meisten anderen Schachprogrammen.

   Nachfolgend eine der schönsten Studien, von Mitrofanov aus dem Jahr 1967. Das ist die zweite Version; die erste Version hatte ein Remis-Loch, wie die Autoren im zweiten Kapitel des Buches darstellen. Laut eines der vorstellenden Schachfreunden aus dem ersten Kapitel ist es "die schwerste Problemstellung der Welt".










Mitrofanov - 2. Version
1967, Weiß am Zug gewinnt

1.b6+ Shredder 9 hat den Durchblick: 1.b6+ Ka8 2.Te1 Sc4+ 3.Kb5 Sxe1 4.g7 h1D 5.g8D+ Lb8 6.a7 Dh2 7.axb8D+ Dxb8 8.Dxb8+ Kxb8 Bewertung 11.57, Rechentiefe 23; danach könnte es z.B. so weitergehen:  9.Kxc4 Sf3 10.d6 Kc8 11.h6 Sg5 12.Kd5 +- 1...Ka8 2.Te1 Sxe1 [2...Sc4+ 3.Kb5 Le5 (3...Sxe1 4.g7 h1D 5.g8D+ Lb8 6.a7 Dh2 7.Dxb8+ Dxb8 8.axb8D+ Kxb8 9.Kxc4 ; 3...Sa3+ 4.Kc6 Sxe1 5.g7 Sb5 6.g8D+ Lb8 7.Dc8 Sd6 8.Db7+ Sxb7 9.axb7# ; 3...Sxb6 4.g7 Sxe1 5.g8D+ Lb8 6.Dg6 Ld6 7.Dxd6 h1D 8.Dc6+ Kb8 9.Db7# ) 4.h6 Sxe1 5.g7 h1D 6.g8D+ Lb8 7.a7 Dh2 8.Dxb8+ Dxb8 9.axb8D+ Kxb8 10.Kxc4 ] 3.g7 h1D [3...Sc4+ 4.Kb5 h1D 5.g8D+ Lb8 6.a7 Dh2 7.axb8D+ Dxb8 8.Dxb8+ Kxb8 9.Kxc4 Sf3 (9...Kb7 10.h6 Sf3 11.Kb5 Se5 12.d6 Kc8 13.h7 Sf7 14.Ka6 ) 10.d6+- ] 4.g8D+ Lb8 5.a7 Sc6+ 6.dxc6 Dxh5+ 7.Dg5!! "der unglaublichste Zug der Problemgeschichte"  7...Dxg5+ 8.Ka6 Lxa7 9.c7 Dd5 10.c8D+ Lb8 11.b7+ Dxb7+ 12.Dxb7# 1-0

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