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Reinhold Ripperger, "Wie spielt man Nimzoindisch?"

Die ChessBase-CD im Test

von Michael Lorenz, September 2002

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Reinhold Ripperger: Wie spielt man Nimzoindisch?

ChessBase 2002, €19,99
ChessBase Schachtraining CD-ROM ISBN 3-935602-45-6

Bewertung des Rezensenten: Bewertung 4,0 aus 5

 

Ist das die x-te "Wie spielt man..." Veröffentlichung?

Ja! Im positiven Sinne! Es werden keine Varianten gepaukt, sondern für die - gerade in der Nimzoindischen Verteidigung - vielfältigen Systeme, die Mittelspielideen erläutert. Insbesondere in dieser Eröffnung finde ich das sehr hilfreich, mit der Unmenge an Varianten war ich schon immer überfordert und das entstehende Mittelspiel ist oft so gehaltvoll, da bleibt einem nur zu hoffen, es weniger schlecht zu behandeln, als der Gegner.

 

Ripperger, wer ist Ripperger?

Mir war er zuvor nicht bekannt, obwohl er schon "Königsindisch mit f4-Gewinnen mit Plan" mit einem ähnlichen Trainingsansatz veröffentlicht hat. R. R. vermittelt zunächst Grundlagen zum Spiel mit oder gegen den Isolani, die hängenden Bauern, die Doppelbauern auf c3/c4 und so weiter. Anhand einiger Prosa und fünf bis zehn ausführlich kommentierter Partien pro Thema wird alles Wesentliche dargestellt. Weiter gibt es zu den Hauptsystemen über 300 kommentierte Partien, ergänzt um 35 Trainingspartien mit Testfragen und schliesslich eine Datenbank mit fast 48.000 Nimzoindisch-Partien - also jede Menge Stoff!

 

Kann R. R. kommentieren?

Das Niveau trifft meinen Geschmack, relativ ausführliche Varianten (was ich bei elektronisch vorliegenden Partien schätze, denn das Nachspielen und Zurückstellen ist besonders einfach), auch die verbalen Kommentare sind hilfreich und sachkundig. Manchmal hätte ich mir am Ende einer Variante noch eine Bewertung gewünscht, das hätte mir die Spekulationen beim Stellungsurteil erleichtert. Vorbildlich finde ich hier John Meddox mit seiner CD zum Reti-System (ebenfalls von Chessbase). Besonders begeistert war ich, weil ich ein Mittelspieltraining gezielt auf mein Eröffnungsrepertoire bekam, das ist sehr viel effektiver als Varianten zu pauken.

Ergötzlich empfand ich das ausgesucht hochwertige Partienmaterial ...

... Kostprobe gefällig?

(Partien von mir gekürzt, Anmerkungen Original von R. Ripperger)

1. Anatoli Karpow zelebriert das aktive Spiel mit zwei hängenden Bauern gegen Rafael Vaganian.

 










Vaganian,R - Karpov,A
Leningrad, 1969
[Ripperger]

 

16...f5 17.Se1 Dh4 18.g3 Dh6 19.Sg2 Kh8 20.Dd3 Tce8 21.f3 [21.h4 d4 22.exd4 f4 mit starkem Angriff.] 21...Sg5 22.Sf4 d4! [Der richtige Zeitpunkt für die Öffnung des Zentrums ist gekommen.] 23.h4 [23.exd4 Txe2 24.Dxe2 Sxf3+ 25.Kf1 Sxh2+ 26.Kf2 Sf6 mit nicht zu deckenden Drohungen.] 23...Lxf3 24.exd4 Sh3+! [Mit diesem Ablenkungsopfer nimmt Karpov dem Le2 die Deckung.] 25.Sxh3 Lxe2 26.Dd2 Te3 [Verhindert den Damentausch und bringt eine weitere Figur in den Angriff.] 27.Kh2 Sf6 28.Sf4 Sg4+ 29.Kg2 [29.Kh3 Dxf4 ] 29...Lf3+ 30.Kg1 Lxd1 0-1

 

2. Miguel Najdorf zerrupft den von mir als Schachtrainer sehr geschätzten Alexander Kotow mit Hilfe eines Isolanis.

 










Najdorf,M - Kotov,A [E55]
Mar del Plata, 1957
[Ripperger]

 

13.Td3! [Ein multifunktionaler Zug. Der Turm kann auf den Königsflügel schwenken, er deckt c3 und ermöglicht die Verdoppelung der Türme hinter dem Isolani.] 13...Sbd5 14.Sxd5 Sxd5 [Schwarz hat den isolierten d-Bauern sicher blockiert. Der argentinische Großmeister wird nun unter Ausnutzung des Stützpunktes e5 einen Königsangriff starten, dem Kotov mit Figurenspiel entgegentreten muß.] 15.De4 [Das Feld e4 hat in diesen Stellungen große Bedeutung für Weiß.] 15...Lc6 16.Se5 Sf6 17.Dh4 Ld5?! [17...Le4 In diesem Fall ist der Schutz der Königsstellung wichtiger als die Blockade des isolierten Bauern.] 18.Lg5 Le7 19.Th3 Te8 [Wie soll der Anziehende seinen Angriff führen?] [Für 19...h6? ist es bereits zu spät. 20.Lxh6 gxh6 21.Dxh6 mit schnellem Matt.] 20.Ld1 Najdorf findet in dieser kritischen Stellung nicht die richtige Fortsetzung. [Nach 20.Lxf6 Lxf6 21.Dxh7+ Kf8 geht es nicht so richtig weiter.; Den richtigen Zug fand der russische Trainer Mark Dworetzki: 20.Lc2!! Txc2 21.Lxf6 Lxf6 22.Dxh7+ Kf8 23.Dxc2 g6 24.Tc1 und jetzt steht Weiß auf Gewinn.] 20...Da5? [Richtig ist 20...Kf8! 21.Lh5 Se4 22.Lxe7+ Txe7 und Schwarz hat nicht viel zu befürchten.] 21.Lh5 Ted8 [21...Sxh5 22.Dxh5 Lxg5 23.Dxf7+ Kh8 24.Sg6# ] 22.Lxf7+ Kf8 23.Lh6! [Möglich ist auch 23.Df4 Le4 24.Lxe6 Txd4 25.Lxc8 ] 23...Se8 24.Df4 Lf6 25.Lxg7+ Ke7 26.Lxe8 Lxg7 27.Txh7 1-0

 

3. Stratege Wassili Smyslow lässt Efim Geller mit seinem Doppelbauer auf c3/c4 keine Chance.

 










Geller,E - Smyslov,V
Amsterdam, 1956
[Ripperger]

 

15...f5 [15...Lxc4 16.Lxc4 Saxc4 17.Lc1 und die schwarzen Springer stehen sehr ungeschickt. 17...e5 18.f4 exf4 19.Lxf4 Tfe8 20.e5 ] 16.dxe6 [Jetzt ist der Doppelbauer auf der c-Linie isoliert.] [16.f4 exd5 17.cxd5 Lxd3 18.Dxd3 fxe4 ] 16...dxe6 17.exf5 exf5 18.Df3 [18.Lb1 Tcd8 19.Lc1 ] 18...Lb7! [18...Lxc4 19.Lxc4+ Saxc4 20.Lf4 Schwarz hat zwar einen Bauern gewonnen, dem Gegner jedoch Gegenspiel eingeräumt.; 18...f4 19.Dd5+ Sf7 20.Sf5 ] 19.Df4 Df6 [19...Dxf4 20.Lxf4 Sdxc4 21.Lxc4+ Sxc4 22.Td7! ] 20.Lb1 Se4 [20...Saxc4? 21.La2 ] 21.Td7 [21.Sxe4 fxe4 22.Dxf6 Txf6 Nach einer derartigen Vereinfachung sind die vereinzelten weißen Bauern eine leichte Beute für Smyslov.] 21...Dc6 [Schwarz droht nun mit Sd2 die Qualität zu gewinnen.] 22.Txb7 [22.Txg7+ Kxg7 23.De5+ Sf6 24.Lh6+ Kh8 und nun muß Weiß seinerseits das Matt decken.] 22...Dxb7 23.Sxf5 Tce8 24.Dg4 Kh8 25.Sg3 Sxg3 26.hxg3 Df7 [Immer wieder dient der weiße Doppelbauer als Angriffsobjekt für Smyslov.] 27.Dh4 h6 28.Ld3 Df6 29.Dh5 Td8 30.Le2 Df5 31.Dh4 Df6 32.Dh5 Sc6 33.g4 Df7 34.Dh4 Se7 35.Dh3 Sg6 36.Dh2 Sf4 37.Lf3 Dxc4 [Der Doppelbauer ist gefallen.] 38.g5 Td6 39.Tc1 Tg6 40.gxh6 Txh6 41.Dg3 41...De4!! Ein brillanter Zug. 42.Lxf4 [42.Lxe4 Se2+ 43.Kf1 Sxg3+ 44.Ke1 Th1+ 45.Kd2 Sxe4+ ] 42...Dxf4 43.Dxf4 Txf4 44.Te1 Ta4 45.Te8+ Kh7 46.Le4+ g6 47.g4 Txa3 48.Te6 Txc3 49.Kg2 b5 50.f3 b4 51.g5 Th4 52.Lxg6+ Kg7 53.Kg3 Td4 54.Le8 b3 55.g6 Td8 56.Lc6 0-1

 

Ein paar Worte zu Chessbase und zum Chessbase Reader?

Ich nahm tatsächlich den Online-Support der Chessbase-Homepage per Email in Anspruch! Gute Reaktionszeit, ich schätze innerhalb von 24 Stunden. Die Antwort entsprach nicht ganz meiner Frage, bei einer Hotline im ersten Anlauf noch nicht verwerflich, die Mattscheibe war sowieso auf meiner Seite und hat sich darauf hin verflüchtigt. Also Test bestanden!

Den Chessbase Reader als Benutzeroberfläche finde ich nicht das Nonplusultra, aber es wäre unfair, ihn mit z. B. einem Microsoft-Produkt, wie Word zu vergleichen. Auf dem Schachmarkt, trotz einer gewissen mangelnden Übersichtlichkeit, das Beste, was ich kenne.

 

Zielgruppe?

Ein Muss für Spieler mit DWZ 1600 bis 1900 (höher seh' ich nicht genau), die Nimzoindisch im Repertoire haben, Zeit und Geld sind sicher gut investiert. Ausserdem bin ich schon auf Burschen mit 2100 getroffen, die von R. R. noch was lernen könnten.

 

Eine zweite Meinung: Rezension von Harald Fietz.

 

 

Die CD stellte ChessBase, Mexikoring 35, 22297 Hamburg, für die Rezension zur Verfügung


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