Startseite Rochade Kuppenheim

Timo Boll mag die neue Millimeterarbeit nicht

Deutscher Topspieler ist gegen die größeren Bälle

von Hartmut Metz


   Nach drei Spieltagen kommt es zu einer Revolution in der Tischtennis-Bundesliga: Mitten in der Saison wird vom 38-Millimeter-Ball auf ein im Durchmesser zwei Millimeter größeres Spielgerät umgestellt. Während viele Weltklassespieler dem Wechsel fast gleichgültig gegenüberstehen, spricht sich Timo Boll deutlich gegen den 40-Millimeter-Ball aus. Mit dem deutschen Ranglistenersten und der Nummer 39 der Welt unterhielt sich Hartmut Metz.

 

Frage: Herr Boll, wie beurteilen Sie Ihr Abschneiden bei Olympia? Sie schlugen den südkoreanischen Weltranglistenelften Kim Taek Soo in einem begeisternden Spiel. Anschließend unterlagen Sie aber im Achtelfinale dem WM-Dritten, dem Österreicher Werner Schlager, in fünf Sätzen.

Timo Boll: Ich bin zufrieden, auch wenn ich knapp verlor. Mein Ziel lautete vor Sydney, die Vorrunde zu überstehen. Das gelang. Ich spielte ganz gut und erreichte für meine ersten Olympischen Spiele ein ordentliches Ergebnis.

Frage: In Sydney wurde vorerst letztmals mit dem 38-Millimeter-Ball gespielt. Sie gelten als Gegner des größeren Zelluloids.

Boll: Ich finde, dass man nichts am Spielgerät ändern sollte. Das hat zu drastische Konsequenzen. Längere Ballwechsel würde man zum Beispiel auch durch eine neue Aufschlagregel erreichen. Den jetzigen Schritt halte ich für unüberlegt. Der Weltverband ITTF testete zu wenig und ließ Funktionäre entscheiden, anstatt die Spieler zu befragen.

Frage: Die ITTF erhofft sich mit dem größeren Ball längere Wechsel und damit mehr Attraktivität fürs Fernsehen. Wie sehen Sie das?

Boll: Momentan ist noch das Gegenteil der Fall. Wir haben Probleme bei der Umstellung, die Bälle fallen oft ins Netz, die Ballwechsel sind somit eher kürzer. Gut, vielleicht gewöhnen wir uns noch daran. Jedenfalls müssen wir jetzt damit leben, jammern hilft nicht.

Frage: Fürchten Sie Verschiebungen der Stärkeverhältnisse? Spieler mit einem harten Schuss wie ihr Vereinskamerad Jörg Rosskopf betrifft das vielleicht weniger, während eine "Zaubermaus" mit feinem Händchen wie Sie eher benachteiligt wird?

Boll: Schwer zu sagen, ich hoffe nicht. Man muss wohl einfach die ersten Wettkämpfe abwarten, um zu sehen, wen der neue Ball bevorteilt.

Frage: Für Abwehrspieler erhöht sich die Reaktionszeit. Dürfen sich diese als Gewinner fühlen?

Boll: Wenn man am Tisch spielt, scheint mir das Spiel genauso schnell wie bisher. Geht man etwas zurück, erhält man mehr Reaktionszeit, allerdings ist der Ball auch schwerer zu kontrollieren. Die Abwehrspieler müssen sich zum einen auch erst einmal umstellen, zum Beispiel andere Schlägerwinkel finden. Zum anderen können Angriffsspieler auch mit dem neuen Ball noch fest ziehen.

Frage: Wird momentan intensiver als sonst trainiert?

Boll: Der Trainingsumfang bleibt der gleiche, zwischen vier und sechs Stunden täglich. Wir sind diesbezüglich schon ziemlich am Maximum.

Frage: In der Bundesliga selbst änderte sich der Modus. Wieder weg von den Play-offs, zurück zur reinen Punkterunde. Begrüßen Sie es, dass am Schluss die Mannschaft mit den meisten Zählern automatisch Meister wird?

Boll: Auf jeden Fall - und das nicht allein wegen der Entzerrung des Terminkalenders. Jedes Bundesligaspiel besitzt wieder Reiz, um jeden Punkt wird gekämpft, jede Partie besitzt mehr Spannung. Die Play-offs empfinde ich als ungerechter. Eine Mannschaft kann in einer Begegnung um die Früchte ihrer Arbeit gebracht werden, obwohl sie ansonsten die ganze Saison über herausragte.

Frage: Wer wird deutscher Meister?

Boll: Grenzau oder wir. Vom Papier her ist Grenzau noch ein Stück stärker, letztlich dürfte aber in den direkten Duellen die Tagesform entscheiden.

Frage: Ansonsten marschieren beide Mannschaften durch?

Boll: Nein, Titelverteidiger Ochsenhausen oder Frickenhausen sind immer gefährlich und können einem ein Bein stellen. Eigentlich darf man keine Mannschaft in der in dieser Saison sehr starken Liga unterschätzen.


zur Mett