"Null-null - und in Bad und WC ist alles o.k."Kramnik gleicht bei Schach-WM zum 5:5 ausText und Fotos von FM Hartmut Metz, Oktober 2006 |
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Wladimir Kramnik |
Wesselin Topalow |
Null-null und in Bad und WC ist alles o.k.. Der alte Werbespruch gilt auch für die Schach-Weltmeisterschaft in der Steppe: Bei der WM-Titelvereinigung im kalmückischen Elista hat Wladimir Kramnik die Toiletten-Affäre anscheinend doch besser verdaut als erwartet. Erst verstummten die hanebüchenen Vorwürfe seines Kontrahenten Wesselin Topalow, der Russe würde auf dem nicht videoüberwachten WC mit einem Computer bescheißen. Angesichts von zwei Nullen für Kramnik in Folge und einer daraus resultierenden 5:4-Führung Topalows schien der Bulgare den Psychokrieg nicht mehr nötig zu haben. Die Gemüter beruhigten sich, Schach geriet wieder in den Vordergrund und Kramnik konterte.
Dank seines Erfolgs in 43 Zügen glich der Weltmeister im klassischen Schach zum 5:5 aus. Vor den beiden letzten Partien heute und am Donnerstag steht es nun 5:5 in der mit einer Million Dollar dotierten WM-Titelvereinigung. Bei einem 6:6 werden am Freitag vier Schnellschach-Partien ausgetragen, um den Sieger zu ermitteln. Sollte nach dieser Verlängerung weiter Gleichstand herrschen, wird die Bedenkzeit auf bis zu fünf Minuten (plus zehn Sekunden je ausgeführten Zug) verkürzt. Nach spätestens drei Blitzpartien stünde der einzige Schach-Weltmeister fest.
Dass dieser Kramnik heißt, hatten nach den zwei Niederlagen weder die Fans noch die Experten erwartet. Wenn man sieht, dass Topalow bei allen Turnieren am Schluss jede Partie gewinnt, sehe ich voller Angst dem Ende entgegen, hatte Senioren-Weltmeister Viktor Kortschnoi geäußert. Der 75-jährige Wahl-Schweizer, der Psychokrieg mit Parapsychologen und angeblich präparierten Jogurts von seinen WM-Kämpfen gegen Anatoli Karpow her kennt, war während des Wettbewerbs in Südrussland wie die meisten vom Bewunderer zum Gegner Topalows geworden. Die dreisten Vorwürfe, Kramnik würde auf dem nicht videoüberwachten WC mit einem Computer betrügen, kosteten den 31-jährigen Bulgaren alle Sympathien. Es ist die Ausnahme, dass ich mich mit Karpow einig zeige: Aber diesmal hat er Recht: An Kramniks Stelle wäre ich auch aus dem Turniersaal gelaufen, plädierte der hartgesottene Kämpe für einen WM-Abbruch.
Kramnik spielte nach einer kampflosen Niederlage unter Protest weiter und nahm ebenso seinen zwischenzeitlichen 4:5-Rückstand erstaunlich gelassen. Topalow stand vor zwei Partien auch nicht besser da, hatte der Weltmeister im klassischen Schach nach der zweiten Niederlage in Folge erklärt. Der 31-Jährige verwies auf sein letztes WM-Duell: Warum sollte ich verzweifelt sein? Gegen den Ungarn Peter Leko befand ich mich vor zwei Jahren in einer auswegloseren Situation bei einem Rückstand und nur noch einer ausstehenden Partie Mit warnenden Worten erinnerte sich auch Topalow daran, der seit dem Toiletten-Disput keine Pressekonferenz mehr zusammen mit Kramnik bestreitet und wartet, bis der Russe das Mikrofon verlassen hat.
Einig sind sich die Kontrahenten auch bezüglich der Partieverläufe: In fast allen Duellen erweist sich Topalow als weit besser vorbereitet. Ständiger Vorteil in der Eröffnung ist ein dickes Plus. Bisher kann ich mich nicht beklagen. Mein Team hat einen super Job im Vorfeld der WM gemacht, urteilte der Weltranglistenerste aus Bulgarien. Selbstkritisch äußerte dagegen Kramnik: Meine Eröffnungsvorbereitung ist ein Desaster. In der neunten Partie hätte er schon nach 17 Zügen aufgeben können, wollte sich diese Blamage aber ersparen. Wenn ich meine Eröffnungsprobleme lösen kann, sieht alles anders aus, betonte der Weltranglistendritte. Mit Weiß, dem Aufschlagsvorteil im Schach, bestätigte Kramnik diese These. In nahezu ausgeglichener Stellung patzte Topalow im 24. Zug und kassierte prompt den Ausgleich zum 5:5.
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Topalow,Wesselin (2813) - Kramnik,Wladimir (2743) [D27]
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Kramnik, Wladimir (2743) - Topalow, Weselin (2813)) [D47]
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Topalov,V (2813) - Kramnik,V (2743) [D12]
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Kramnik, Wladimir (2743) - Topalow, Weselin (2813) [E08]
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