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Kramnik zeigt die Milde des Siegers
Russischer Schach-Weltmeister gesteht Topalow Platz bei nächster WM
zu
von FM Hartmut Metz, 21. November 2006
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Wladimir Kramnik |
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Wesselin Topalow |
Wladimir Kramnik heißt seit
acht Tagen der einzige Schach-Weltmeister nach 13 Jahren Titelaufspaltung.
Die Verhältnisse wie im Boxen sind seit dem Sieg des Russen im Tiebreak
durch ein 2,5:1,5 über Wesselin Topalow beseitigt die Diskussionen
halten jedoch an: sowohl was die Titelvereinigung im kalmückischen Elista
anlangt als auch das künftige Format der Weltmeisterschaften.
Der unterlegene Topalow forderte
sogleich ein Revanchematch, was Kramnik jedoch angesichts der Vorfälle
um die Toiletten-Affäre ablehnte. Da könne ja jeder
kommen, lautete sinngemäß die Antwort des 31-Jährigen. Topalows
Manager Silvio Danailow gab nach der Schlappe seines Schützlings keine
Ruhe und kündigte in Sofia sogleich lauthals ein Buch über
die Toiletten-Affäre an. Es wäre ein weiteres Werk, das die
Schachwelt nicht braucht. Selbst der sonst so zurückhaltende Viswanathan
Anand, der in der Weltrangliste zwischen dem Führenden Topalow und dem
drittplatzierten Kramnik steht, fand das Verhalten der Bulgaren extrem
unfair. Für haltlose Vorwürfe, Kramnik habe auf dem nicht
videoüberwachten Klo Computer-Hilfe eingesetzt, sei kein Platz
im Sport. Der Wettkampf wurde dadurch belastet, auch wenn es
zweifellos große Unterhaltung gewesen sei, befand Baden-Badens
indischer Spitzenspieler.
Stoiker Kramnik widmete sich der
Analyse mit der Milde des Siegers. Mit Blick auf das 2007 in Mexiko City
anstehende WM-Turnier, für das der Unterlegene von Elista nicht qualifiziert
sein sollte, äußerte der Moskauer: Manager Danailow hat
sich bei der WM sicher nicht von seiner besten Seite gezeigt, doch Topalow
als Schachspieler verdient es zweifelsohne, an dem Turnier teilnehmen zu
dürfen. Schach verdankt sein hohes Ansehen den WM-Zweikämpfen.
Man kann jeden von der Straße fragen, was er vom Schach weiß.
Die Antwort wird lauten: das Match Karpow Kasparow, Spasski
Fischer ... Damit hat Kramnik Recht. Die Zweikämpfe sollten
beibehalten werden. Das letzte Wort ist sicher noch nicht gesprochen,
Nachstehend die letzte und
entscheidende Schnellschach-Partie bei der WM.
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Kramnik,Wladimir (2743) - Topalow,Wesselin (2813) [D47]
WM-Schnellschach-Tiebreak Elista RUS (4), 13.10.2006
1.d4
d5
2.c4
c6
3.Sf3
Sf6
4.Sc3
e6
5.e3
Sbd7
6.Ld3
dxc4
7.Lxc4
b5
8.Le2
Lb7
9.0-0
Le7
10.e4
b4
11.e5
bxc3
12.exf6
Lxf6
13.bxc3
c5
14.dxc5
Sxc5!?N Dieser Zug
wurde bereits im Vorjahr in einem Computer-Turnier gespielt. Menschen zogen
bis dato die Rochade vor.
15.Lb5+
Kf8
16.Dxd8+
[16.La3 bringt auch nicht
zu viel nach 16...Dc7
] 16...Txd8
17.La3
Tc8
[17...Le7 ist unangenehm
wegen 18.Se5 mit der Drohung
auf c5 zu nehmen und dann ein Springerschach auf d7 folgen zu lassen.
18...Se4
19.Tfd1!
Ld5
(19...Txd1+ verliert:
20.Txd1
Lxa3
21.Td8+
Ke7
22.Txh8 )
20.Lb2
Sd6
21.a4
f6
22.c4 verspricht Weiß
klaren Vorteil.]
18.Sd4
[18.Tab1! ist präziser.
Weiß nimmt damit den Turm aus der Läuferdiagonale und wirft eventuell
einen Blick nach b7.]
18...Le7
19.Tfd1?
[19.Tab1 ist noch immer
eine gute Idee.]
19...a6? Postwendend
von Topalow gezogen. Nach
[19...Se4!
20.Lxe7+
(20.Sxe6+? scheitert
an 20...fxe6
21.Lxe7+
Kxe7
22.Td7+
Kf6
23.Txb7
Sd6!-+ mit
Qualitätsverlust.;
20.Ld7!?
Lxa3
21.Lxc8
Lxc8
22.Sb5
Le7
(22...Lc5
23.Td8+ )
23.Sxa7
La6 und Weiß hat
keine sonderlich guten Remisaussichten.)
20...Kxe7
21.Se2
Thd8
22.Txd8
Txd8
23.f3
Sc5
24.Sd4
a6
25.Lc4
Sa4
26.Se2
(26.Lxa6!?
Lxa6
27.Sc6+
Ke8
28.Sxd8
Kxd8
29.Tc1 gewährt
erneut nur Topalow Gewinnchancen.)
26...Td2
27.Tb1
Ld5
28.Lxa6
Sc5
29.Lb5
Txa2 mit leichtem schwarzen
Übergewicht.]
20.Lf1
Sa4
21.Tab1! Ab hier
spielt der Weltmeister präzise und stark.
21...Le4?!
[21...Ld5 verhindert
den 23. Zug Kramniks, der danach besser steht.]
22.Tb3!+/=
Lxa3
23.Txa3
Sc5
24.Sb3
Ke7
25.Td4!
Lg6
26.c4
Tc6? [Der ukrainische
Großmeister Alexander Moskalenko plädiert für
26...Sxb3! Danach besitze
der Nachziehende gute Aussichten auf ein Remis. Die folgende Variante
unterstreicht dies:
27.axb3
Thd8
28.Txd8
Txd8
29.Le2
Td2
30.Lf3
(30.Kf1
Tb2 )
30...e5
31.g3
e4
32.Lg4
f5
33.Lh3
Tb2 Die weißen
Figuren stehen nun alle sehr passiv.]
27.Sxc5
Txc5
28.Txa6
Tb8
29.Td1! Typische
Prophylaxe von Kramnik: Der Russe geht keinerlei Risiko ein und entzieht
taktischen Mätzchen auf der Grundreihe jeglichen Nährboden.
29...Tb2
30.Ta7+
Kf6
31.Ta1
Tf5?!
[31...Lb1! dürfte
die letzte Möglichkeit sein, um einen halben Punkt zu ergattern.
32.Ta3!
(32.a4?!
La2
33.a5
Lxc4
34.Tc1
Tb4
35.h3
Tc6
36.a6
Lb5
37.Txc6
Lxc6
38.Tc7
Ld5
39.a7
Ta4
40.Lb5
Ta1+
41.Kh2
g5
42.Le8
e5
43.Lc6
Lxc6
44.Txc6+
Ke7
45.Tc7+
Ke6 reicht Weiß
nicht.) 32...Lc2
33.f3
g5
34.Ta7 und nachdem Weiß
das Luftloch auf f3 geschaffen hat, ist der Anziehende bereit zum Vormarsch
des a-Bauern.] 32.f3
Te5
33.Ta3! Wie die vorherige
Variante zeigte, ist Lb1 zu beachten. Das nimmt Kramnik aus der Stellung.
33...Tc2
[33...Lb1?
34.Tb3!
Txb3
35.axb3 und die zwei
verbundenen Freibauern machen das Rennen.;
33...Td2?! erlaubt
34.Tb3
Ta5
35.a4
Lc2
36.Tc3! , weil
36...Txa4? mit
37.Txc2+- gekontert wird.]
34.Tb3
Ta5
35.a4
Ke7
36.Tb5
Ta7
37.a5
Kd6
38.a6
Kc7
39.c5
Tc3
40.Taa5
Tc1
41.Tb3
Kc6
42.Tb6+
Kc7
43.Kf2
Tc2+
44.Ke3
Txc5? Ein Schnitzer.
Allerdings ist die schwarze Stellung ohnehin nicht mehr zu halten:
[44...e5
45.Tab5
Tc3+
46.Kd2
Tc2+
47.Kd1
Ta2
48.Tb7+
Txb7
49.axb7
Kb8
50.c6
Tc2
51.Tb6 und gegen das
Manöver Ta6 nebst Ta8+ gibt es keine Verteidigung mehr.] Kramnik berichtete
nach der Partie von diesem Augenblick: "Der Moment, nachdem Wesselin den
Turm nach c5 zog, war für mich sehr emotional - ich fühlte mich
so glücklich. Die Freude wich, als ich mit dem Turmschach auf b7
antwortete." 45.Tb7+
[45.Tb7+ Topalow
erkannte nun auch
45...Txb7
46.Txc5+
Kb6
47.axb7 und gab deshalb
auf.] 1-0 |
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