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Grischuk erster Blitz-Weltmeister

Russe setzt sich im Stichkampf gegen Landsmann Swidler durch

von FM Hartmut Metz, 16. September 2006

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    Alexander Grischuk heißt der erste offizielle Weltmeister im Blitzschach. Beim vom Schach-Weltverband FIDE ausgerichteten Wettbewerb mit fünf Minuten Bedenkzeit pro Partie setzte sich der 22-Jährige aus Moskau knapp vor den Favoriten durch. Zu diesen zählte in Israel vor allem das Quartett des deutschen Meisters OSC Baden-Baden: die Weltstars Viswanathan Anand, Peter Swidler, Etienne Bacrot und mit Abstrichen auch der 15-jährige Magnus Carlsen, die alle einen Freiplatz im 16 Spieler umfassenden Feld bekommen hatten.

   In Rishon Lezion, der viertgrößten Stadt Israels (rund 15 Kilometer von Tel Aviv entfernt), lagen Grischuk und Swidler mit jeweils 10,5:4,5 Punkten vorne. Im Stichkampf gab dann der Weltranglisten-18. seinem auf Position fünf notierten Landsmann das Nachsehen. Bis zum letzten Zug hatten auch der Aserbaidschaner Teimour Radjabow und Anand Titelchancen. Doch der Inder kam gegen Lokalmatador Boris Gelfand nicht über ein Remis hinaus, und Radjabow erging es gegen den Franzosen Bacrot nicht besser. Topfavorit Anand, der als weltbester Schnellschachspieler gilt, hatte den WM-Sieg durch drei Schlappen gegen die direkte Konkurrenz verpasst. Der „Tiger von Madras“ konnte nur Swidler bezwingen und zog gegen Grischuk, die fünftplatzierte Judit Polgar und Radjabow – dieser gewann peinlicherweise in 16 Zügen! – den Kürzeren.

   Der Endstand der Blitz-WM nach 15 Runden: 1. Grischuk, 2. Swidler (beide Russland) je 10,5 Punkte, 3. Radjabow (Aserbaidschan), 4. Anand (Indien) je 10, 5. Polgar (Ungarn), 6. Gelfand (Israel) je 9,5, 7. Bacrot (Frankreich) 8, 8. Carlsen (Norwegen) 7,5, 9. Sutowski (Israel), 10. Erenburg (Russland), 11. Gagunaschwili (Georgien) je 7, 12. Roiz 6,5, 13. Smirin 6 (beide Israel), 14. D. Gurewitsch (USA) 4, 15. Zoler, 16. Liwschitz (beide Israel) je 3,5.

   Der im Stichkampf unterlegen Swidler darf sich mit einer brillanten Partie trösten, die er kurz vor der Blitz-WM auf der Insel Spitzbergen spielte. Anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Stadt wurde in Longyearbyen, rund 800 Kilometer vor der norwegischen Küste gelegen, ein Schach-Festival ausgetragen. Im Rahmen dessen schlug Swidler den einheimischen Jungstar Carlsen mit 1,5:0,5.

 










Swidler,Peter (2742) - Carlsen,Magnus (2675) [B30]
Spitzbergen, Schnellschach-Duell Longyearbyen NOR (2), 02.09.2006

1.e4 c5 2.Sf3 Sc6 3.Sc3 Sf6 4.Lb5 Dc7 5.0-0 Sd4 6.Sxd4 cxd4 7.Sd5 Sxd5 8.exd5 a6?! [8...Dc5 gilt als Hauptvariante: 9.c4 a6 (9...dxc3?! 10.Db3! bescherte Viswanathan Anand gegen Peter Leko in Linares 2003 gutes Spiel für den geopferten Bauern. Schwarz hat danach enorme Entwicklungsschwierigkeiten.) 10.b4!? Dxb4 11.La4 b5 (oder 11...g6 in beiden Fällen mit unklarem Spiel.) ] 9.La4 g6 10.d3 h6?! [10...b5 11.Lb3 Lg7? (11...d6 ist Pflicht.) führte im Duell der US-Großmeister Benjamin und Nakamura zum sofortigen Aus. 12.d6! Dc6 (12...Dxd6 13.Df3 mit Blick nach f7 und auf den Turm auf a8.) 13.dxe7+- und Schwarz steht bereits auf verlorenem Posten.] 11.Df3 Lg7 12.Lf4 Da5 Die Dame muss ein weiteres Tempo opfern - aber dafür hat jetzt auch der angegriffene weiße Läufer zu ziehen - oder? 13.Tfe1!! Swidler kümmert sich nicht um die Figur und drückt stattdessen auf den Schwachpunkt e7. 13...Dxa4 Nimmt mutig den Fehdehandschuh auf. [13...0-0 14.Lb3 Dc5 15.Te2 e6 16.Dg3 Te8 17.Ld6 Db6 18.Tae1 führt zu einer Stellung, in der die halbe schwarze Armee paralysiert und der weiße Erfolg nur eine Frage der Zeit ist.] 14.Txe7+!! Kxe7 15.Te1+ Kd8?? Der Zug erweist sich als verloren. Mittels [15...Kf8! 16.Ld6+ Kg8 17.Te7 Kh7 (17...f5 unterliegt dank des dritten brillanten Opfers 18.Txg7+!! Kxg7 19.De2 und die alle im Abseits stehenden schwarzen Figuren können ihre Majestät nicht verteidigen. 19...g5 (19...h5 20.De7+ Kh6 21.Lf4+ g5 22.Lxg5+ Kg6 23.Df6+ Kh7 24.Df7# ; 19...Tg8 20.De7+ Kh8 21.Le5+ Tg7 22.Dxg7# ) 20.De7+ Kg6 21.Le5 Tg8 22.Df6+ Kh5 23.Dxf5 Dxc2 24.g4+ Kh4 25.Kg2 mit undeckbarem Matt.; Nichts hilft außerdem 17...f6 18.De4! Dxc2 19.Txg7+! Kxg7 20.De7+ Kg8 21.Df8+ Kh7 22.Df7# ) 18.Dxf7 Tg8 19.h4! Ein ambitionierter wie vielversprechender Versuch. (Wahlweise kann sich Weiß auch für ein Dauerschach durch 19.Le5 Dxc2 20.Dxg7+! Txg7 21.Txg7+ Kh8 22.Txg6+ Kh7 23.Tg7+ entscheiden.) 19...Dxc2 Andere Züge führen in den Orkus. (19...Dxa2? 20.h5 Dxb2 (20...gxh5 21.Le5 ) 21.hxg6+ Kh8 22.Dxg7+! Txg7 23.Te8+ Tg8 24.Le5# ; 19...Da5 will die Dame über d8 oder d2 zur Verteidigung heranziehen. 20.f4! (20.Le5 De1+ 21.Kh2 Dxe5+! 22.Txe5 Tf8 23.De7 Txf2 24.h5 gxh5 25.Txh5 d6 26.Txh6+ Kxh6 27.Dh4+ Kg6 28.Dg3+ Kf7 29.Dxf2+ Lf6 ist ausgeglichen.) 20...Dd2 (20...Dd8 21.h5! gxh5 22.f5+- Df8 23.Dg6+ Kh8 24.Le5 d6 25.Dxh6# ) 21.Df6! g5 (21...Kh8? 22.Txg7! Txg7 23.Lf8 ; 21...De1+ 22.Kh2 Dxe7 23.Dxe7 erweist sich nach den folgenden weißen Bauernvormärschen nach h5 und dann Durchmarsch des f-Bauern als gewinnträchtig für den Anziehenden.) 22.Df5+ Kh8 23.hxg5 Dd1+ 24.Kf2 h5 (24...Dh5 25.Le5 Dh4+ 26.Ke2 Dh5+ 27.Kd2 und Schwarz kollabiert auf g7.; 24...Dd2+ 25.Te2 Dc1 26.gxh6 Lxh6 27.Le5+ Tg7 (27...Lg7 28.Dh5# ) 28.Lxg7+ Lxg7 29.Dh5+ Kg8 30.Te8+ Lf8 31.Dg6+ Kh8 32.Txf8# ) 25.Dg6 Dg4 26.f5 und Schwarz ist erneut hilflos.) 20.Df6 De2!? (20...Dxd3 21.Le5 ) 21.f4! De1+ 22.Kh2 Dxe7 23.Dxe7 a5!? (23...b5 24.h5 gxh5 25.f5 Kh8 26.Lf4! (26.f6? Lf8! ) 26...d6 27.f6 Lf8 28.De8 Txg2+! 29.Kh1 (29.Kxg2?? Lh3+ 30.Kxh3 Txe8 ) 29...Lb7 30.Dxh5 Tg8 31.Kh2 (31.Lxh6 Lxd5+ 32.Dxd5 (32.Kh2? Tg2+ 33.Kh3 Lxh6 34.Dxh6+ Kg8 35.Dh5 Lc6 36.Df5 Kf7 37.Dh7+ Kxf6 38.Dh6+ Kf5 39.Dh5+ Kf4 40.Dh6+ Kf3 41.Df6+ Ke2 42.De7+ Kd2 43.Df6 Tag8 und Schwarz gewinnt!) 32...Lxh6 33.Dh5 Kh7 34.Df7+ Kh8 35.Dh5 Kh7= ) ) 24.h5 gxh5 25.f5 Ta6 26.f6 (26.Le5 d6! ) 26...Txd6! 27.Dxd6 Lf8 28.De5 und Weiß verfügt einmal mehr über die besseren Chancen. So scheitert etwa 28...d6? an 29.De4+ Tg6 30.De8 mit Eroberung eines Läufers.] 16.Ld6! Da5 [16...Te8 17.Txe8+ Kxe8 18.De4+ Kd8 19.De7# ; 16...Tf8 17.De4 Lf6 18.Df4 Lg5 19.Lc7# ; 16...f5 17.Dg3! Da5 18.Le7+ Ke8 19.Dxg6# ] 17.b4! Db6 18.Df4! Deckt den Läufer und behält das potenzielle Fluchtfeld des Königs auf c7 im Auge. 18...g5 19.Le7+ Ke8 20.Lc5+? Versäumt den prächtigen Abschluss [20.De4! d6 21.Ld8+! ] 20...De6 21.Dd2 d6 22.Lxd6 Kd7? [Lässt seinerseits die Rettung durch 22...Lf8! 23.dxe6 Lxd6 mit unklarer Stellung aus.] 23.dxe6+ Kxd6 24.exf7 Tf8 25.De2! Lf6 [25...Txf7 26.De8 Td7 27.Te6+ Kc7 (27...Kd5 28.Tb6 nebst De4 matt.) 28.Te7 Tb8 29.Txg7! Txg7 30.De5+ ] 26.Kf1 [26.c4 ist noch stärker.] 26...Kc7 [26...Txf7 geht wieder nicht wegen 27.De8 Te7 (27...Tc7 28.Dg6 ) 28.Dd8+ Ld7 29.Dxa8 ; 26...Ld7 27.Df3 Txf7 28.Dxb7+- ] 27.Dh5 Lf5 [27...Ld7 28.Dg6 Lh8 29.Te7 ] 28.Df3 Txf7 29.Dxf5 Taf8 30.f3 Lg7 31.Dc5+ 1-0

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