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Großmeister prügelt sich wegen einer Dame

Attacke abseits des Brettes: Tanz der hübschen Australierin Caoili mit Aronjan lässt englischen Hitzkopf Gormally vor Eifersucht platzen

Text von FM Hartmut Metz, Fotos Website Arianne Caoili, 24. Juni 2006

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Arianne Caoili

Arianne Caoili

 

   Dass Schachspieler Damen schlagen, gehört zum Alltag eines Profis. Sich wegen einer Dame zu schlagen, kommt hingegen bei dieser oft sehr zurückhaltenden Spezies höchst selten vor. Für umso mehr Aufsehen sorgen dann Vorfälle wie jener bei der Schach-Olympiade in Turin: Bei der traditionellen „Bermuda-Party“ vor dem spielfreien Tag packte Daniel Gormally die Eifersucht. Der englische Großmeister stob auf den Armenier Levon Aronjan zu und schubste ihn zu Boden – weil er mit der von Gormally angebeteten Arianne Caoili tanzte. Anlass dazu gab es keinen: Zum einen hatte die Australierin bis dahin nur unverbindlichen E-Mail-Kontakt mit dem 30-jährigen Briten. Zum anderen „tanzten wir weder eng umschlungen noch besonders sexy“, befand die hübsche 19-Jährige und ergänzte, Levon kenne sie schon seit ihrer Jugendzeit als guten Freund. Deshalb war Caoili nicht von Aronjan, sondern vom deutschen Spitzenspieler Arkadij Naiditsch zur Party begleitet worden. Der Dortmunder nahm es mit einem Schmunzeln zur Kenntnis, dass er überraschenderweise als Caoilis Dauerbegleiter bei der Olympiade verschont wurde. „Für Gormallys Attacke bestand überhaupt kein Grund. Und dann noch gegen den armen Levon!“, befand Naiditsch und ergänzte, „bei mir hätte es Gormally ruhig versuchen können – ich mache seit fünf Jahren Karate …“ Wie weit die Liaison mit der angehenden Sängerin, die von einem eigenen Album träumt, gediehen ist, mochte Naiditsch nicht sagen. „Das ist privat“, erklärte der 20-Jährige und verwies auch darauf, dass eine Beziehung über Kontinente hinweg alles andere als einfach sei.

 

Arianne Caoili

Arianne Caoili

 

   Die nicht minder heißblütigen Armenier ließen Gerüchten zufolge die Attacke auf ihren Weltranglistendritten nicht ungesühnt. Sie passten ihrerseits Gormally ab. Die sich mehrfach entschuldigende englische Delegation schickte, um Schlimmeres zu verhüten und auch als Strafe für „Gormallygate“, den liebestollen Großmeister vorzeitig nach Hause. Im britischen Blätterwald rauschte es hernach gewaltig – selten war Schach öfter in den Medien auf der Insel … Caoilis Mutter Annette nahm die Aufregung gelassen und nannte die Affäre „einen Sturm in einer Teetasse“. Aronjan trug keine bleibenden Schäden davon, beschwichtigte tags darauf („Nichts passiert!“) und gewann mit Armenien die Goldmedaille. Bei Australiens Nummer drei schien der Vorfall nach drei Auftaktsiegen – unter anderem über die serbische Großmeisterin Irina Scheluschkina – eher Spuren zu hinterlassen. Fünf Niederlagen in Folge setzte es für die 19-Jährige, ehe Caoili wenigstens wieder in der letzten Runde gewann. Immerhin vermied sie – wie ihre Verehrer - in allen neun Partien Friedensschlüsse.

   Auf Platz 54 landete Australien fern der Medaillen. Um Gold kämpften die Ukraine und die Russinnen. Letztere waren einen Tick schlechter, weil Spitzenspielerin Alexandra Kosteniuk in Gewinnstellung ein grober Schnitzer unterlief, so dass Natalia Schukowa im direkten Duell die Ukraine zu einem 2:1-Sieg statt einer Niederlage führte. Das Quartett triumphierte dennoch verdient, weil es bis zur letzten Runde in allen Wettkämpfen die Oberhand behielt. Danach sicherten Katerina Lahno, Inna Janowska-Gaponenko und Anna Uschenina mit einem schnellen 1,5:1,5 gegen Armenien Platz eins bei der Olympiade ab. Dritter hinter der Ukraine (29,5:9,5 Brettpunkte) und Russland (28:11) wurde China (27,5:11,5). Die deutsche Auswahl (23,5:15,5) um die Muggensturmerin Ketino Kachiani-Gersinska belegte Rang elf unter 103 Teams. Während Elisabeth Pähtz am Spitzenbrett mit 8:4 Zählern und Kachiani-Gersinska (8,5:3,5) überzeugten, war Jessica Nill völlig von der Rolle. Die Baden-Badener Bundesligaspielerin verlor nach ihrem Auftaktsieg fünf Partien in Serie.

   Nachstehend ein kurzweiliges Duell der 16-jährigen Ukrainerin Katerina Lahno, die bei der Olympiade nicht nur gegen die Mongolin Mongontuul Bathuyag ihr Ausnahmetalent bewies.

 










Lahno,Katerina (2468) - Mongontuul,Bathuyag (2378) [B49]
37. Olympiade Turin ITA (3.1), 23.05.2006

1.e4 c5 2.Sf3 e6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sc6 5.Sc3 a6 6.Le2 Dc7 7.0-0 Sf6 8.Le3 Lb4 9.Sa4 Le7 [Der gierige Bauernraub 9...Sxe4? führt in eine Stellungsruine 10.Sxc6 Dxc6 11.Sb6 Tb8 12.Dd4 Lf8 13.Lf3 f5 (13...d5 14.Lxe4 dxe4 15.De5 Dd6 16.Dxe4 mit gewaltigem weißen Entwicklungsvorsprung.) 14.Lh5+ Kd8 15.Tad1 und Schwarz kann sich kaum rühren.] 10.Sxc6 bxc6 11.Sb6 Tb8 12.Sxc8 Dxc8 13.Ld4 c5 14.Le5 Tb6 15.Dd3 0-0 16.b3 d6 17.Lb2 Sd7 18.Tad1 Lf6 19.Lc1 Lahno behält den Läufer auf dem Brett, der nun auf der Diagonalen c1-h6 sein Unwesen treiben soll. Ein Abtausch würde Schwarz die Verteidigung erleichtern. 19...Se5 20.Dg3 Db8 21.f4 Sc6 22.c3 Verhindert die Aktivierung des Springers auf dem Traumfeld d4. 22...Tc8? Ein unscheinbarer Fehler. Es erscheint logisch, dass Schwarz am Damenflügel Gegenspiel anstrebt. Das nun folgende Manöver des Anziehenden hat Mongontuul jedoch außer Acht gelassen. [In Anbetracht der folgenden Partieentwicklung sollte Schwarz das Feld f5 im Auge behalten mit 22...Se7 ] 23.f5! Lahno gibt das Feld e5 auf. Dass sie dort einen Vorposten zulässt, wird durch den starken Angriff gerechtfertigt, den sie danach erhält. 23...exf5 24.Txf5! In Verbindung mit dieser Fortsetzung wird der vorherige Bauernzug gerechtfertigt. Weiß macht nun mächtig Dampf auf der f-Linie. 24...Le5 25.Df3 [25.Dh3 ist wohl noch präziser. 25...Tc7 26.Lc4 De8 27.Tdf1 Sd8 28.Lg5 Se6 (Vergeblich ist ebenso 28...Tbb7 29.Lxd8 Dxd8 30.Lxa6 Ta7 31.Lc4 Lf6 32.a4 Te7 33.Th5 Dd7 34.Tff5 g6 35.Txf6 gxh5 36.Dxh5 Txe4 37.Dg5+ Kf8 38.Dh6+ Kg8 (38...Ke8 39.Lb5 ; 38...Ke7 39.Txf7+ ) 39.Tf3! Tg4 40.Ld3 Tg7 41.Lxh7+! Txh7 42.Tg3+ Kh8 43.Df8# ) 29.Lxe6 fxe6 30.Tf8+ Dxf8 31.Txf8+ Kxf8 32.Ld8 mit entscheidendem Materialvorteil.] 25...Sd8 26.Lc4 g6 27.Lxf7+! [27.Dg4 ist auch gut spielbar, aber weniger nachhaltig als die Partiefortsetzung.] 27...Kg7 28.Txe5 Dieser zweitbeste Zug reicht völlig aus. Schneller gewinnt indes [28.Lxg6! hxg6 29.Txe5! dxe5 30.Td7+ Kg8 31.Lh6 Se6 32.Df7+ Kh8 33.Dh7# ] 28...dxe5 29.Lc4 Droht ein vernichtendes Schach mit dem Turm auf d7. 29...Tc7 30.Tf1 [Noch stärker ist an dieser Stelle 30.Lh6+! Kxh6 31.Df8+ Tg7 32.Txd8 Db7 33.Td3 De7 34.Th3+ Kg5 35.Df2 h5 36.Dd2+ Kg4 37.Le2# ] 30...Sb7 31.Lg5 h6 32.Lf6+ Kh7 33.Lxe5 Sd6 34.Df8 Dxf8 35.Txf8 Tg7 [35...g5 rettet Schwarz auch nicht mehr. 36.Lg8+ Kg6 37.Tf6+ Kh5 (37...Kg7 38.Txd6+ Kxg8 39.Txb6 ) 38.Lxd6 Td7 39.g4+ ] 36.Ld5 Sxe4 37.Lxg7 [37.Lxg7 Kxg7 38.Tf7+ Kg8 (38...Kh8 39.Lxe4 ) 39.Tb7+ Kf8 40.Txb6 wollte Mongontuul nicht mehr sehen.] 1-0

 

   Die Webseite von Arianne Caoili: www.angelfire.com/jazz/caoili (externer Link).


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