"Richtiger Zug" für einen seriösen ChefBessel Kok bringt Bewegung in Kampf gegen selbstherrlichen Kalmücken Iljumschinowvon FM Hartmut Metz, 3. Juni 2006 |
Den richtigen Zug den suchen derzeit immer und immer wieder 592 Groß- und Kleinmeister des Schachs sowie 318 Frauen in Turin. Bei der 37. Schach-Olympiade, die im Olympischen Dorf der vergangenen Winterspiele stattfinden, ermitteln 148 Herren- und 106 Damen-Nationalteams ihre Besten. Die Armenier (29:11 Brettpunkte) und die Ukrainerinnen (23:7) führen nach zehn der 13 Runden. Die Teilstaaten der früheren Sowjetunion könnten morgen erstmals in die Fußstapfen des Seriensiegers bis 1990 treten.
Mehr als 30 000 Züge führen alle Denkstrategen zusammen täglich in Turin aus. Ihren wichtigsten Zug mussten sie jedoch gestern (nach Redaktionsschluss dieser Schachspalte) machen bei den Präsidentschafts-Wahlen des Schach-Weltverbandes FIDE. Der seit 1995 amtierende Kirsan Iljumschinow trat erneut an. Der selbstgefällige Präsident der autonomen russischen Republik Kalmückien bekam aber diesmal Konkurrenz. Der niederländische Geschäftsmann Bessel Kok wollte ihn mit der doppeldeutigen Kampagne The right move ablösen. Egal, ob nun der richtige Zug oder die richtige Bewegung gemeint ist: Die Experten sind sich einig, dass der 64-Jährige der erste seriöse Vorsitzende seit dem 1982 abgetretenen Isländer Fridrik Olafsson wäre. Auf ihn folgte der korrupte Filipino Florencio Campomanes, den Iljumschinow als Ehrenpräsidenten adelte.
Die Verdienste des Selfmade-Millionärs aus dem verarmten Kalmückien sind schnell aufgezählt: Iljumschinow pumpte einen zweistelligen Millionen-Betrag aus der eigenen Tasche ins Schach. So konnten immer wieder Turniere finanziert werden. Sponsoren fanden sich trotz des exzellenten Images des Denksports keine. Wer mochte schon in ein Boot steigen mit einem Verbandschef, der beste Beziehungen zu den Diktatoren der Welt pflegte? Irak unter Saddam Hussein und Ghaddafi waren für Weltmeisterschaften im Gespräch. Libyen bekam sie sogar und ließ alle qualifizierten Israelis trotz der vorherigen Zusicherung nicht ins Land. Gens una sumus der FIDE-Leitspruch Wir sind eine Familie wurde regelmäßig verletzt.
Das wollte Kok ändern. Die großen westeuropäischen Föderationen und die USA standen hinter dem einstigen Vorstandsvorsitzenden und Präsidenten der nationalen belgischen Telekommunikationsunternehmen. Beim königlichen Spiel empfahl sich der Mitbegründer des internationalen Bankennetzwerks SWIFT als Sponsor hochkarätiger Turniere. Zudem hatte Kok 2002 das so genannte Prager Abkommen auf den Weg gebracht, bei dem der abgespaltene WM-Titel von Wladimir Kramnik wieder mit dem des FIDE-Champions vereinigt werden sollte. Ausgerechnet der Russe torpedierte die Wahl Koks, indem er eine Millionen-Offerte Iljumschinows zum Zweikampf mit FIDE-Weltmeister Wesselin Topalow annahm. Ein dringend benötigter Prestigeerfolg des Kalmücken.
Sollten die Delegierten gestern nicht den richtigen Zug gefunden haben, konzentrieren sich die mehrheitlich für Kok plädierenden Profis (selbst der zurückgetretene Garri Kasparow brach eine Lanze für ihn) eben bis morgen wieder auf ihre eigenen guten Züge. Von denen hat offensichtlich der Weltranglistendritte Levon Aronjan genügend im Köcher. Im Spitzenspiel massakrierte der Armenier den Niederländer Ivan Sokolov in 19 Zügen.
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Sokolov,Ivan (2676) - Aronjan,Levon (2756) [E35]
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