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Kein Zwang zu Verstärkungen

Wolfgang Grenke: Dank homogeneren Teams zum Titel; Sponsor des OSC Baden-Baden denkt über Europacup-Teilnahme nach

Text und Foto von FM Hartmut Metz, April 2006

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   Der OSC Baden-Baden ist am Ziel angelangt: Am Sonntag holten die Schach-Großmeister erstmals die deutsche Meisterschaft in die Kurstadt. Den Weg dazu ebnete Wolfgang Grenke. Der erfolgreiche Unternehmer begann 1996 das Sponsoring seines Vereins SC Baden-Oos, der damals aus der fünften in die erste Liga durchstartete. Mit dem 55-jährigen Vorstandsvorsitzenden der Grenke Leasing AG unterhielt sich Hartmut Metz

 

Schach-Sponsor Wolfgang Grenke

Wolfgang Grenke (links) tritt nicht nur bei den Chess Classic Mainz gerne in Simultan- und Showpartien gegen seinen Star, den Inder Viswanathan Anand, an.

 

Frage: Herr Grenke, hätten Sie sich vor zehn Jahren, als Sie und Ihre Firma Grenke Leasing AG mit dem Schach-Sponsoring begannen, träumen lassen, dass das zum deutschen Meistertitel führt?

Grenke: Sicher nicht gleich in den ersten zwei, drei Jahren. Aber danach stießen immer mehr gute Spieler zu uns, so dass wir auf einen Spitzenplatz im deutschen Schach hoffen konnten.

 

Frage: Lohnte sich der Aufwand? Seit 1996 hat Ihre Firma einen Millionen-Betrag in das königliche Spiel investiert.

Grenke: Den Wert von Sponsoring zu messen, ist sehr schwierig. Wir sind aber davon überzeugt, dass unsere Investition lohnend war und ist. Schach passt zu unserem Unternehmenszweck und zum Weg, wie wir unsere Unternehmensziele erreichen. Da auch zahlreiche Mitarbeiter begeisterte Schachspieler sind, ist die Verbindung zum Schach bei Grenke Leasing Bestandteil einer glaubwürdigen Kommunikations-Strategie.

 

Frage: Welche Faktoren gaben den Ausschlag, dass der OSC endlich deutscher Meister wurde? In den beiden Vorjahren scheiterte Baden-Baden stets auf der Zielgeraden.

Grenke: Zwar fehlte in den vergangenen Jahren auch ein wenig das Glück, entscheidend ist aber wohl, dass die Mannschaft homogener geworden ist und vor allem auch als Mannschaft antritt. Während der Partien verfolgen die Spieler stärker das Geschehen an den anderen Brettern, um so ihre eigenes Spiel auf den Mannschaftssieg auszurichten.

 

Frage: Hat die Bezahlung nach Leistung, die um ein paar Prozent im Vergleich zu den Vorjahren differiert, positive Auswirkungen gehabt? Jetzt bezogen auf den Titel, nicht auf Ihren Geldbeutel, der dadurch etwas mehr strapaziert wurde ...

Grenke: Bei Grenke Leasing zahlen wir bereits seit 1997 eine Erfolgszulage. Daher lag es nahe, dieses Verfahren auch auf unser Sponsoring zu übertragen. Dabei geht es nicht so sehr um Motivation – Profis motivieren sich zumeist selbst –, sondern um die Teilhabe am besonderen Erfolg. Der OSC wird dieses Prinzip sicher weiter verfolgen.

 

Frage: Sie betonen gerne, dass der Verein sowohl internationale wie nationale Spitze im Kader haben möchte. Robert Hübner befand - bescheiden, wie der geniale Sprachforscher ist - er habe nichts zur Meisterschaft beigetragen. Die deutschen Großmeister haben aber bis auf den überragenden Philipp Schlosser ausnahmslos für ihre Verhältnisse schwach gespielt.

Grenke: Robert Hübner hat in dieser Saison nicht sehr glücklich gespielt. Aber die ganze Mannschaft hat diesen Titel errungen. Da bedarf es keiner Einzelkritik.

 

Viswanathan Anand

Viswanathan Anand

 

Frage: Dennoch ein Wort zu Ihrem Spitzenspieler Viswanathan Anand: Der Weltranglistenzweite aus Indien ist nicht nur vom Können her überragend und in der Bundesliga ungeschlagen, sondern besitzt auch abseits des Brettes mit seiner ruhigen wie humorvollen Art erstklassige Qualitäten. Ein Glücksgriff für den OSC?

Grenke: Ja, sicher – aber auch umgekehrt: Vishy findet nach eigenem Bekunden beim OSC Baden-Baden das Umfeld, das seine überragende Leistung unterstützt. Deshalb wird er wohl wieder im Juli am Mannschaftssimultan auf der Fieser-Brücke in Baden-Baden teilnehmen. Dabei kann jedermann – ob Hobby- oder Vereinsspieler – gegen die Meistermannschaft mit Viswanathan Anand antreten.

 










Gustafsson,Jan (2615) - Anand,Viswanathan (2788) [D30]
Schach-Bundesliga 0506 OSC Baden Baden - Hamburger SK (11.1), 19.02.2006

1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 d5 4.e3 a6 5.Sbd2 c5 6.cxd5 exd5 7.b3 cxd4 8.Sxd4 Lb4 9.Dc2 0-0 10.Le2 Ld7 11.0-0 Sc6 12.Sxc6 Lxc6 13.a3 La5 14.Lb2 Tc8 15.Ld4 Lb5 16.Dd1 Lxe2 17.Dxe2 Lc3 18.Lxc3 Txc3 19.Tac1 d4 20.exd4 Dxd4 21.Txc3 Dxc3 22.Dd1 g6 23.Sc4 Te8 24.h3 Te6 25.a4 h5 26.a5 Kg7 27.Df3 Dxf3 28.gxf3 h4 29.Td1 Sh5 30.Td7 Te1+ 31.Kh2 Te2 32.Td2 Txd2 33.Sxd2 Kf6 34.Se4+ Ke5 35.Sc5 Sf4 36.Sxb7 Se6 37.b4 Kd5 38.b5 axb5 39.a6 Kc6 0-1

 

 










Anand,Viswanathan (2788) - Landa,Konstantin (2600) [C67]
Schach-Bundesliga 0506 SV Muelheim Nord - OSC Baden Bad (6.1), 11.12.2005

1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 Sf6 4.0-0 Sxe4 5.d4 Sd6 6.Lxc6 dxc6 7.dxe5 Sf5 8.Dxd8+ Kxd8 9.Sc3 Se7 10.Td1+ Ke8 11.h3 h6 12.Le3 Sg6 13.a3 Le7 14.Td2 h5 15.Te1 h4 16.Se4 Le6 17.Lg5 Th5 18.Lxe7 Kxe7 19.Seg5 a5 20.Td4 c5 21.Td3 Ta6 22.Sxe6 Txe6 23.Tde3 Tb6 24.b3 Sf8 25.Te4 g5 26.Tg4 Tg6 27.Sd2 Se6 28.Sc4 b6 29.Se3 Th8 30.Sf5+ Ke8 31.Td1 f6 32.Te4 Th7 33.exf6 Txf6 34.Se3 Td7 35.Te1 Td6 36.Sc4 Tc6 37.a4 Kd8 38.Te5 Kc8 39.c3 Kb7 40.g3 hxg3 41.fxg3 Tg6 42.Kg2 Sg7 43.Tf1 Tce6 44.Tf7 Txe5 45.Sxe5 Te6 46.Sc4 Se8 47.Tf5 Te2+ 48.Tf2 Te1 49.h4 gxh4 50.gxh4 Te4 51.Kh3 Kc6 52.h5 Kd5 53.h6 Te6 54.Tf5+ Ke4 55.Te5+ Txe5 56.Sxe5 Sf6 57.Sd7 Sh7 58.Kg4 c4 59.bxc4 Kd3 60.Kf5 Kxc4 61.Kg6 b5 62.axb5 1-0

 

Frage: Muss der OSC, um die Dominanz zu wahren, weitere ausländische Stars an Land ziehen? Wunderkind Sergej Karjakin, der jüngste Großmeister aller Zeiten, soll schon 2005 im Gespräch gewesen sein. Der norwegische Wunderknabe Magnus Carlsen wird von Ihrem Dänen Peter Heine Nielsen trainiert. Sind das die kommenden Leute in Baden-Baden?

Grenke: Wer zu uns passt und wer nicht, muss der Verein zusammen mit den Leistungsträgern der Mannschaft entscheiden. Einen Zwang zur weiteren Verstärkung sehe ich angesichts des diesjährigen Erfolgs allerdings nicht. Der Verein muss jedenfalls mit dem Sponsoring-Etat zurechtkommen.

 

Schach-Meister 2006: Baden-Baden

Die Meistermannschaft des OSC Baden-Baden

 

Frage: Mit Ihrer Startruppe könnte Baden-Baden auch nach dem Europacup greifen. Ist eine erstmalige Teilnahme angedacht?

Grenke: Das wird früher oder später sicher der Fall sein. Da dafür weitere Sponsorenmittel erforderlich sind, werden wir mit der Vereinsführung in den nächsten Wochen über den richtigen Zeitpunkt sprechen.

 

Frage: Bei den Damen reduzierten Sie beziehungsweise der Verein die Ausgaben drastisch. „Fuchst“ Sie nun der gesparte Kleckerbetrag? Schließlich hätte der OSC als erster Klub sowohl bei den Damen wie Herren gleichzeitig deutscher Meister werden können.

Grenke: Nach drei Meisterschaften in Folge war es sicher richtig, bei den Damen etwas kürzer zu treten und stattdessen die Herrenmannschaft zu stärken. Im Übrigen ist es bei Grenke Leasing nicht üblich, bei großen Beträgen genau zu rechnen und bei kleinen Beträgen großzügig zu sein: Auch kleine Beträge summieren sich. Letztlich kommt es darauf an, jeden Euro zielgerichtet einzusetzen. Der Begriff „Kleckerbetrag“ ist uns daher sehr fremd.

 

Frage: Ein Redakteur einer Schachzeitschrift äußerte vor wenigen Tagen die Hoffnung, dass Sie noch lange den OSC unterstützen, weil ansonsten die Bundesliga weit weniger attraktiv sei. Wie lange halten Sie Ihrem Verein die Treue?

Grenke: Ich persönlich sicher sehr, sehr lange. Was das Sponsoring von Grenke Leasing angeht: So lange die Zusammenarbeit mit dem Verein für beide Seiten erfolgreich ist. Das ist zurzeit der Fall, und so sehe ich keinen Grund für ein Auseinandergehen.

 

Frage: Von Ihrer börsennotierten Firma ausgehend, die als äußerst erfolgreiches Unternehmen auf Expansion setzt, heißt das: Die Zeiten für die Konkurrenz bleiben hart? Der OSC-Vorsitzende Helmut Zanner gab bereits am Sonntag das Ziel Titelverteidigung aus.

Grenke: Das wird der Verein selbstverständlich versuchen, und Grenke Leasing wird ihn dabei unterstützen.


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