Helmut Pfleger

   Seit 1977 ist Helmut Pfleger im Fernsehen ein unermüdlicher Werber für das königliche Spiel. Von Diens- bis Donnerstag sendete der Bildungskanal des Bayrischen Rundfunks, BR-alpha, in seiner „Forum“-Reihe dreimal das Porträt des Großmeisters. Allwöchentlich findet der Münchner zudem ein großes Publikum in der „Zeit“. Die Kolumne gilt als Klassiker unter den deutschen Schachspalten. Mit vergnüglichen Geschichten versteht es der 62-Jährige regelmäßig, auch Nicht-Schachspieler zu fesseln. Bei Edition Olms erschien nun eine weitere Sammlung von 120 Aufgaben aus der „Zeit“. Der Band „Schach Knockouts“ (ISBN 3-283-00456-2), der 15 Euro kostet, wird alle Schachliebhaber kurzweilig unterhalten.

   Der schweizerische Verlag Edition Olms und Autor Pfleger erlauben den Abdruck einer Leseprobe. Unsere Zeitung wählte aus aktuellem Anlass die Geschichte über den US-Häftling Claude Bloodgood aus. Vor kurzem wurde die 1 000. Todesstrafe in amerikanischen Gefängnissen seit Wiedereinführung verhängt. Zudem war diese Woche die Hinrichtung von Stanley Tookie Williams ein heißes Eisen. Kaliforniens Gouverneur Arnold Schwarzenegger, übrigens auch ein begeisterter Hobby-Schachspieler, kannte kein Erbarmen: Der ehemalige „Terminator“ lehnte das Gnadengesuch ab. In dem nachfolgenden Beitrag Pflegers, der sich als Psychotherapeut in seiner Praxis sicher auch öfter mit „Vatermord“ beschäftigen muss, geht es auch um einen US-Killer. Passend dazu stellte der Ex-Nationalspieler eine geniale Aufgabe dazu, in der der schwarze König eingekerkert wird:

   Im August 1999 starb der Häftling Claude Bloodgood im Hochsicherheitsgefängnis von Powhatan (Virginia) an Lungenkrebs. Dort saß er seit 32 Jahren wegen des brutalen Mordes an seiner Stiefmutter. Und in all der Zeit spielte er Schach. Unzählige Partien mit seinen Mithäftlingen, aber auch drei Jahrzehnte Fernschach mit dem englischen Methodistenprediger John Walker, einem geachteten Bürger und Träger des Ordens „Member of the British Empire“. „Das ist eine Freundschaft zweier Menschen mit Liebe zum Schach. Es ist mir völlig egal, dass er wegen Muttermords im Gefängnis ist“, sagte dieser der Zeitung The Mirror.

   Schließlich, nach Hunderten von Karten und Briefen, beschloss der Priester, ihn im Gefängnis zu besuchen. Er wollte ihn persönlich kennen lernen und – er wollte herausfinden, ob er ihn von Angesicht zu Angesicht schlagen könne. Nahezu alle Fernpartien hatte er nämlich verloren.

   Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass Bloodgood im Gefängnis als praktisch unschlagbar galt und – nach offizieller Auswertung dieser Partien – plötzlich mit der Wertungszahl 2702 in der US-Rangliste auf einem (zweifellos absurden) zweiten Platz auftauchte, mit dem er weltweit zu den besten Großmeistern zählte.

    In der britischen Presse wurde Walkers Besuch zum Ereignis: der sanfte Prediger und der amerikanische Killer. Doch in Virginia traf er auf einen eingefallenen und todkranken, alten Mann. In Gefängniskleidung im Rollstuhl. Kurz danach war Bloodgood tot. Walker: „Ich bin traurig. Die Schachwelt ist ärmer geworden.“

   Im Leben wie im Schach liebte Bloodgood die Gefahr. Gambits auf dem Schachbrett und jenseits. Raub und Vergewaltigungen, einmal konnte er sogar fliehen. Damit bin ich beim Thema der heutigen Aufgabe, vielmehr einer Art Kontrapunkt.

Jänisch,Carl [A00]
Einkerker-Stellung, 1850 (Lösung weiter unten)

   Natürlich können Sie in diesem Problem von Carl Jänisch aus dem Jahre 1850 schnell und banal mit 1.Sg5 matt setzen. Doch dieses Springermatt soll erst der 10. Zug und bis dahin sollen alle anderen weißen Figuren geopfert sein, wobei der schwarze König zwangsweise in einen Kokon seiner eigenen acht Bauern eingewickelt wird.

Wie geht’s? Die Lösung befindet sich weiter unten auf der Seite ...

 

Jänisch,Carl [A00] Lösung Einkerker-Stellung, 1850 So geht’s: 1.f3+ gxf3 2.exd3+ cxd3 3.Lf5+ exf5 4.Td4+ cxd4 5.a8L+ Ld5 6.Te6+ dxe6 7.Lxd5+ exd5 8.Sf6+ gxf6 9.De5+ fxe5 10.Sg5# 1-0

vorherige Meko    Meko-Übersicht   nächste Meko