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Rhythmus beim Shogi wird schneller

Japanischer Denksport-Star Habu beweist auch enormes Talent für Schach

von FM Hartmut Metz, 12. November 2005

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   Als Yoshiharu Habu anno 2000 zum ersten Schachturnier seines Lebens in Chicago antrat, wunderten sich die Organisatoren über eine Horde Journalisten, die sich um ihren japanischen Landsmann scharten. Der Anfänger zeigte erstaunliche Ansätze und brachte US-Großmeister Alexander Yermolinsky an den Rand einer Niederlage. Zwei Jahre später tauchte Habu im französischen St. Quentin zum zweiten Mal auf und verbuchte danach bei seinem dritten Turnier in Paris eine Norm zum Internationalen Meister. Mit 2351 Elo-Weltranglistenpunkten erspielte sich Habu eine sehr gute Ratingzahl. Ein Wunderkind? Wohl kaum mit 35 Jahren!

   Habu ist die unumstrittene Nummer eins im Shogi, berichtet das Schach-Magazin 64 in seiner aktuellen Ausgabe. Das japanische Denkspiel zählt wie Ikebana oder die Teezeremonie zum Kulturgut Nippons. Sokei I Ohashi (1555-1634) erhielt als erster Shogi-Meister den „Meijin“-Titel. Habu ist als Träger des 9. Dan sein legitimer Nachfolger und stellte zahlreiche Rekorde auf: Bereits mit 19 gewann er 1989 eines der sieben „Kron-Turniere“ in Ryuo, räumte 1994 als erster sechs Titel ab und machte 1995 den „Grand Slam“ in einem Jahr mit Siegen bei allen sieben Turnieren perfekt.

   Im Gegensatz zu Shogi, das rund zehn Millionen Japaner beherrschen und 100 000 Spieler aktiv betreiben, fristet Schach im Land der aufgehenden Sonne ein Mauerblümchendasein. Der beste der 180 Shogi-Profis (darunter 50 Frauen) brachte sich Anfang der 90er Jahre Schach mit einem Buch selbst bei und studierte anschließend Bobby Fischers legendäres Werk „Meine 60 denkwürdigen Partien“. Glaubte Habu anfänglich, Schach und Shogi seien sich „sehr ähnlich“, hält er die Spiele nun für „ganz verschieden“. Beim Schach ändere sich der „Rhythmus. Eine Stellung kann entweder schnelle, energische Aktionen erfordern, ruhigeres Positionsspiel oder noch etwas anderes“. Der Rhythmus von Shogi werde dagegen „niemals langsamer, er beschleunigt sich nur“. Da geschlagene Figuren beim Shogi zurückkehren können, „zählt nur das Mattsetzen“.

   Dass Habu das auch beim Schach beherrscht, bewies der Japaner vor knapp drei Wochen in Hoogeveen. In der holländischen Stadt hetzte der 35-Jährige den König von Großmeister Peter Wells dank eines spektakulären Opferreigens übers Brett.

 










Wells,Peter Kenneth (2513) - Habu,Yoshiharu (2341) [D47]
Hoogeveen Open NED (2), 22.10.2005

1.d4 d5 2.c4 c6 3.Sf3 Sf6 4.Sc3 e6 5.e3 Sbd7 6.Ld3 dxc4 7.Lxc4 b5 8.Le2 b4 9.Sa4 Ld6 10.e4!? Sxe4 Im Schach-Magazin 64 schreibt der australische Großmeister Ian Rogers: "Die Annahme dieses Bauernopfers gilt als riskant, aber Herr Habu kennt keine Furcht. Er kennt vielleicht auch die Variante nicht ... - aber er meistert sie brillant." 11.Dc2 f5! [11...Sdf6 12.Ld3 b3 13.axb3 Lb4+ 14.Sc3 Sd6 15.0-0 0-0 16.Lg5 ist deutlich besser für Weiß.] 12.Sg5 Sxg5 [12...Sdf6!? 13.f3 Sxg5 14.Dxc6+ Ld7 15.Dxd6 Sf7 16.Dxb4 Sd5 17.Dc4 mit weißen Übergewicht. (17.Da3?? verliert dagegen eine Figur. 17...Da5+ 18.Ld2 Dxa4 ) ] 13.Dxc6 [13.Lxg5 Dxg5 14.Dxc6 Tb8 15.Dxd6 Dxg2 16.Dxe6+ Kd8 17.0-0-0 Te8 18.Dc4 b3! 19.axb3 Lb7 20.The1 Ld5 21.Dc3 Tc8 (21...Txb3? erweist sich als Fehler: 22.Da5+ Sb6 23.Dc5 Sd7 24.Dxa7 Tb7 25.Da5+ Tc7+ 26.Kb1 Le4+ 27.Ka1 Dxf2 28.Sc5 Dxh2 29.Lb5 Te7 30.Txe4! Txe4 (30...fxe4 31.Da8+ Tc8 32.Sb7+ ) 31.Lxd7 ) 22.Sc5 Dxf2 23.Lc4 Txe1 24.Txe1 Sxc5 25.dxc5 Lxc4 26.bxc4 Dxc5 27.Dxg7 Dxc4+ 28.Kb1 Dc2+ 29.Ka1 Da4+ 30.Kb1 Dc2+ mit Dauerschach.] 13...Se4! Schwarz opfert mutig eine Qualität und hofft dafür im Gegenzug auf Angriffschancen. 14.Dxa8 0-0 15.Dc6 [15.Le3 Sdf6 16.Dxa7 Sd5 17.Lc1 (17.0-0-0 Tf7 18.Da8 Sxe3 19.fxe3 Sf2 ist ausgeglichen.) 17...Dh4 18.g3 Sxg3! 19.fxg3 Lxg3+ 20.hxg3 (20.Kd2? Lf2 21.Tf1 Lxd4 22.Da5 Se3 23.Tf3 Td8! ist höchst unerfreulich.) 20...Dxh1+ 21.Kd2 f4 22.gxf4 Sxf4 und der Läufer auf e2 geht verloren, weil ansonsten 23.Dc5 Dg2 24.Db5 Ld7 25.De5 Sxe2 26.Dxe2 Tf2 noch mehr Material einbüßt.] 15...Sdf6 16.f3?! [16.0-0 ist geboten, um dem nun folgenden Kombinationswirbel den Wind aus den Segeln zu nehmen. 16...Ld7 17.Da6 Dc7 18.h3 (18.g3 f4 19.Lf3 fxg3 20.fxg3 Tb8 21.De2 Lb5 22.Dg2 Lxf1 23.Dxf1 ist für Habu von Vorteil, aber Wells kann sich noch verteidigen.) 18...Lc6 19.Sc5 Sxc5 20.dxc5 Lxc5 21.Le3 Lxe3 22.fxe3 Ld5 23.Lf3 mit etwas besseren Chancen für Weiß.] 16...Ld7 17.Da6 Lxa4 18.Dxa4 Lxh2!! Laut Zuschauern in Hoogeveen, die beide Spiele Habus kennen, sei dies ein "echter Shogi-Zug". 19.Txh2 [19.Db3 Lg3+ 20.Kf1 Sf2 21.Tg1 S2g4! Droht Sh2 matt! 22.fxg4 fxg4 23.Dxe6+ (23.Dxg3 verliert sofort: 23...Se4+ 24.Df4 Dxd4 mit nicht mehr zu parierbaren Drohungen.) 23...Kh8 und Weiß findet wieder kein probates Mittel mehr gegen die Abzugschachs durch den Springer.] 19...Dxd4 20.fxe4 [20.Th1 Df2+ 21.Kd1 Td8+ 22.Kc2 Dxe2+ 23.Kb1 Sc3+! 24.bxc3 bxc3 mit entscheidenden Mattdrohungen.] 20...Sxe4! [20...Dg1+ 21.Lf1 Dxh2 ergibt kaum Vorteil.] 21.Th1? [21.Db5! verteidigt sich zäher. 21...Dg1+ 22.Lf1 Td8 23.De2 Dxh2 24.Le3 Dg3+ 25.Lf2 Dd6 26.Tc1 b3 Droht Db4+. 27.a3 Df4 28.De3 De5 29.Lh4 f4 30.De2 g5 31.Lf2 (31.Lxg5 f3! 32.gxf3 Dg3+ 33.Df2 Dxf2# ) 31...Td2 32.Dxe4 Dxe4+ 33.Kxd2 Dd5+ 34.Kc3 Kf7 und die vielen schwarzen Bauern machen das Rennen, auch wenn Weiß für die Dame Turm und zwei Läufer hat.] 21...Df2+ 22.Kd1 Td8+ 23.Kc2 Dxe2+ 24.Kb1 Trotz eines Minusturms siegt Schwarz an dieser Stelle. 24...Sc3+!! 25.bxc3 bxc3-+ 26.La3 [26.Db3 Dd3+ 27.Dc2 Tb8+ 28.Lb2 Txb2+ 29.Kc1 Dxc2# ] 26...Tb8+ 27.Db3 Dd3+! 28.Kc1 Dd2+ Weiß gab auf wegen [28...Dd2+ 29.Kb1 c2+ 30.Kb2 c1D# ] 0-1

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