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Auf Zwist folgen versöhnliche Worte

Naiditsch fordert höheres Salär - räumt aber auch eigene Fehler ein

von FM Hartmut Metz, 6. August 2005

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Arkadij Naiditsch

Arkadij Naiditsch

 

   Der Sensationssieg von Arkadij Naiditsch bei den Dortmunder Schachtagen – einem der Grand-Slam-Turniere – hat im deutschen Schach nicht nur eitle Freude ausgelöst. Der Ärger, den der 19-Jährige mit dem Deutschen Schachbund (DSB) hat, kochte hoch. Naiditsch beklagt fehlende Förderung. „Es gibt nicht so viele gute junge Spieler in Deutschland. Da könnte man doch irgendetwas für mich tun. Aber ... nichts“, zeigt sich der gebürtige Lette, der in Deutschland aufwuchs, enttäuscht.

   Nachvollziehbar ist seine Argumentation beim Thema Honorar: 2 000 Euro offerierte der Verband jedem Nationalspieler für die Teilnahme an der gerade laufenden Europameisterschaft in Göteborg. Für einen Profi ohne regelmäßige Einkünfte ist das definitiv zu wenig. „Ich erwarte ja nicht, dass man mich zum Millionär macht“, äußert Naiditsch im Magazin „Schach“ und forderte eine angemessene Unterstützung. Als Salär hatte Naiditsch den doppelten Betrag gefordert.

   Eigene Fehler räumt Naiditsch durchaus ein. So lehnte er es stets ab, bei Jugend-Weltmeisterschaften teilzunehmen. Der Dortmunder, der bereits mit 15 Großmeister wurde, hielt die Turniere für zu schwach besetzt. Außerdem signalisierte der Bindlacher Zweitligaspieler durchaus Bereitschaft, endlich fürs Nationalteam aufzulaufen. „Eigentlich ist es doch dumm, dass ich jetzt nicht in Göteborg spiele“, erklärt Naiditsch und „hofft, dass die Probleme ausgeräumt werden können“.

   Bundestrainer Uwe Bönsch will gerne dazu beitragen. „Ich traue Arkadij eine weitere Leistungssteigerung zu“, gibt sich der Großmeister bei der Einschätzung des Talents versöhnlich und lobt, „Arkadij spielt ein ausgezeichnetes Angriffsschach, bei dem er sich auf gute Eröffnungskenntnisse stützen kann. In der Verteidigung und im Endspiel hat er noch Reserven.“ Zu Naiditschs großem Ziel meint Bönsch: „In die Top Ten zu kommen, ist jedoch außerordentlich schwierig.“

   Die ersten 20 traut ihm sein Kollege Rustem Dautov auf jeden Fall zu. Vor der Abreise zur EM sagte der Baden-Badener Bundesligaspieler: „Der Erfolg in Dortmund zeugt von Arkadijs großem Potenzial und lässt die Hoffnung keimen, dass wir eines Tages hier zu Lande einen Schachboom erleben werden. Arkadij spielte das Turnier seines Lebens und wirkte noch nie so reif wie diesmal. Sein Ergebnis ist vollkommen verdient. 5,5:3,5 Punkte reichten, weil alle Favoriten gänzlich außer Form waren. Er arbeitet sehr viel an seinem Schach, was sich jetzt auszahlte.“

   Nachstehend der Erstrundensieg gegen Emil Sutowski, der den Höhenflug einleitete.

 










Naiditsch,A (2612) - Sutowski,E (2674) [B33]
Dortmund (1), 09.07.2005

1.e4 c5 2.Sf3 Sc6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 e5 6.Sdb5 d6 7.Lg5 a6 8.Sa3 b5 9.Sd5 Le7 10.Sxe7 Weil Sutowski den Deutschen mit Sweschnikow überrascht hatte, wählte Naiditsch ein seltenes Abspiel. "In diesem dürfte er nicht so sattelfest sein", lautete sein Schluss. [10.Lxf6 Lxf6 ist die gängige Variante.] 10...Sxe7 11.Ld3 Lb7 12.Lxf6 gxf6 13.Dh5 [13.Dd2 0-0 14.0-0-0 Kh8 15.The1 Tg8 16.g3 Dc7 17.Kb1 Tad8 18.Dh6 Tg6 19.Dc1 Sc6<=> ist aus der Partie Ehlwest - Ivanovic (Vrsac 1987) bekannt.; 13.c4 führt durch Zugumstellung zu einer bekannten Theorievariante.] 13...d5 14.0-0-0! Vermutlich der erste neue Zug. 14...d4 15.Sb1 Zieht den Springer zurück, der auf a3 anfällig steht. 15...Da5 16.a3 b4 17.Dh6 Sg6 [17...f5? 18.axb4 Dxb4 19.Dg7 Tg8 20.Dxe5 ist nicht besser, da sich 20...Txg2 wegen 21.exf5 und großem weißen Vorteil in allen Varianten verbietet.] 18.g3 Tb8 19.f4 b3? [19...exf4! muss eingestreut werden, um dann nach 20.gxf4 b3 21.c4 dxc3 22.Sxc3 Tc8 23.f5 Txc3+ 24.bxc3 Dxa3+ 25.Kd2 Db2+ 26.Ke1 (26.Ke3 Se5! gewährt Schwarz schon Vorteil. ) 26...Dg2! (26...Dxc3+? 27.Dd2 Dxd2+ 28.Kxd2 Se5 29.Tb1 verliert.) 27.Tf1 Se5 28.Le2 (28.Dxf6 Sxd3+ 29.Txd3 Dxe4+ 30.Kd2 Dg2+ 31.Ke1 De4+ 32.Kd2 mit Dauerschach.) 28...Ke7 29.Dd2 Tc8 30.Dd6+ Ke8 31.Db6 Dxe4 32.Dxb3 Remischancen zu suchen.] 20.c4! [20.cxb3? Tc8+ 21.Lc4 Lxe4 ist im Sinne des Nachziehenden, der so die Initiative erhält.] 20...dxc3 21.Sxc3 Tc8 [21...exf4 würde nun nicht mit dem Zurücknehmen, sondern mit 22.Sd5! gekontert. Die weiße Attacke wäre anschließend unwiderstehlich - selbst wenn Schwarz mit dem Läufer auf d5 nimmt. 22...Td8 23.Kb1 Lxd5 24.exd5 Txd5 25.The1+ Te5 26.Txe5+ Dxe5 27.Lxg6 fxg6 28.Dg7 Df5+ 29.Ka1 Tf8 30.Dc7 und Schwarz kann das Matt nicht mehr parieren.] 22.f5 Se7 Nach 40 Minuten des Brütens sah Sutowski ein, dass er nichts anderes hat. [22...Txc3+ 23.bxc3 Dxa3+ 24.Kd2 Db2+ 25.Ke3 ist nun wegen des fehlenden Nachschubs für die schwarzen Kräfte hoffnungslos.] 23.Dxf6 Txc3+ 24.Kb1! Die eleganteste Fortsetzung. [24.bxc3 Dxa3+ 25.Kd2 0-0 26.Dh6 Db2+ 27.Ke3 Dxc3 28.f6 Dd4+ 29.Ke2 gewinnt aber auch.] 24...Tg8 [24...0-0? 25.Dg5+ Kh8 26.Dxe7 Tcc8 27.Dxb7 ] 25.bxc3 Dxa3 26.Db6! Beraubt Schwarz jeglichen Gegenspiels. 26...Da2+ 27.Kc1 Kf8 28.f6 1-0

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