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Mit Adrenalin im Blut "auf der Hut"

Online-Spieler van Wely hält Großmeister Bauer zunächst für "Patzer"

von FM Hartmut Metz, 11. Juni 2005

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Schach-Turnier Kuppenheim 2005

Blitzen die ganze Nacht durch: Wieder fanden fast 100 Schachbegeisterte den Weg nach Kuppenheim.

 

Schach-Turnier Kuppenheim 2005

Heimspiel für den Kuppenheimer Lutz Schäfer (links Computer-Betreuer Frank Schäfer): In New York wartete Super-Großmeister Loek van Wely online auf dem ChessBase-Server - er gewann das Turnier souverän.

 

Schach-Turnier Kuppenheim 2005

Am nächsten Morgen schauten die Teilnehmer und Zuschauer bei den Play-off-Spielen auf der Leinwand zu.

 

   Nach fast zwölf Stunden Denksport kehrte das "Adrenalin zurück" in den Körper von Loek van Wely. Zuvor war der 22. der Schach-Weltrangliste "ein bisschen faul" geworden, gestand der Niederländer. Beim Kuppenheimer Zwölf-Stunden-Blitzturnier am vergangenen Samstag hatte van Wely wie schon im Vorjahr einsam seine Kreise gezogen. In 50 Partien mit fünf Minuten Bedenkzeit lag der Tilburger am Schluss mit 47 Punkten deutlich vor den 85 Konkurrenten. Lediglich Mitfavorit Christian Bauer konnte dem 32-Jährigen Paroli bieten. Der nach der Meisterrunde zweitplatzierte französische Weltranglisten-57. brachte van Wely beim Sparkassen-Cup die einzige Niederlage bei.

   "Er hat angefangen wie ein Patzer, deswegen habe ich ihn in der ersten Partie unterschätzt", erläuterte der Holländer. Den Gegner konnte er nicht sehen, weil er in einem Internet- und Schach-Café am Washington Square Park in New York saß und online über den Chessbase-Server (externer Link) in Kuppenheim teilnahm. Mit frischem Adrenalin im Blut hatte "King Loek", wie sich der Großmeister im weltweiten Web nennt, dann wieder "alles unter Kontrolle" - zumal er in den Play-offs, die die besten vier austrugen, "auf der Hut vor Bauer" war. Nach dem Sieg in der ersten Final-Partie holte van Wely in der zweiten das erforderliche Remis zum 1,5:0,5- Endstand. Das sicherte ihm erneut Preise im Wert von 1 000 Euro.

   Gegen den sechstplatzierten Josef Gheng kam in der Meistergruppe eine Stellung aufs Brett, die trotz des begrenzten Materials von nur noch je einem König, Läufer und zwei Bauern nuancenreich war.

 










Gheng, Josef (2340) - van Wely, Loek (2685) [B82]
12h Blitz Endrunde Kuppenheim (45), 04.06.2005

1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 a6 6.Ld3 e6 7.0-0 Le7 8.Kh1 0-0 9.f4 Dc7 10.Le3 b5 11.a3 Lb7 12.Sde2 Sbd7 13.Sg3 Sb6 14.De1 Sc4 15.Lc1 Tac8 16.b3 Sxa3 17.Lxa3 Dxc3 18.Dxc3 Txc3 19.e5 Se8 20.Lb4 Tc7 21.Le4 d5 22.Lxe7 Txe7 23.Ld3 f6 24.Se2 Sc7 25.Sd4 fxe5 26.fxe5 Txf1+ 27.Txf1 Sa8 28.Kg1 Sb6 29.Le2 Lc8 30.Lg4 Sa8 31.h4 Sc7 32.Tf3 b4 33.Sc6 Tf7 34.Sxb4 Txf3 35.gxf3 Kf7 36.Kf2 Ld7 37.Ke3 Ke7 38.c4 dxc4 39.bxc4 a5 40.Sd3 Sa6 41.Kd4 Die Stellung ist ausgeglichen. Bei knapper Bedenkzeit ergeben sich aber noch für beide Seiten ungeahnte Chancen. 41...Sb4?! [41...Lc6 ist sicherer, um einen entfernteren Freibauern zu haben. Der Randbauer ist im Springerendspiel tückischer und schwerer aufzuhalten als der b-Bauer nach Springertausch.] 42.Sxb4 axb4 43.f4 La4 44.c5 Lb5 45.Ld1 Kd7 46.Lb3 g6 47.Lc2 La6? [47...Kc6 hält das Gleichgewicht. Obwohl die schwarzen Bauern alle auf weißen Feldern blockiert sind und somit eine Beute des gegnerischen Läufers werden könnten, reicht das Gheng nicht, da der Läufer nirgends eindringen kann. ] 48.Ld1? [48.La4+! führt sofort zum Gewinn: 48...Kc7 (48...Ke7 49.c6 Kd8 50.Kc5 Kc7 51.Lb3 Ld3 52.Lxe6 Lc2 53.Kxb4 Kxc6 54.h5 gxh5 (54...Kc7 55.h6 Kd8 56.Kc5 Ke7 57.Lg8 ) 55.f5 h4 56.f6 Lg6 57.Kc4 h6 58.Kd4 Lh5 59.Ke4 Lg6+ 60.Kf4 Kc7 61.f7 Lxf7 62.Lxf7 reicht für Schwarz auch nicht.) 49.Lb3 Kd7 50.c6+! Kxc6 51.Lxe6 Le2 52.Lg8 h6 53.Lf7 Lh5 54.Le8+ Kc7 55.f5 gxf5 56.Lxh5 b3 57.Lg6 b2 58.Lxf5 ] 48...Kc7 49.h5? [49.Lb3 Kd7 50.c6+ führt wieder zu obiger Variante.] 49...gxh5 50.Lxh5 Kd7? [50...b3! 51.Kc3 Kc6 52.Lg4 Lc8 53.Kxb3 Kxc5 54.Kc3 erzwingt die Punkteteilung.] 51.Ld1? [51.Lg4! h6 52.c6+ Kxc6 53.Lxe6 gewinnt.] 51...Lb5 52.Lc2?! Zwingt Schwarz zu seinem Glück, sprich den Vormarsch des h-Bauern. 52...h5 53.f5 exf5 54.Lxf5+ Ke7 55.Kd5 h4 56.Kd4 Ld7 57.Le4 Le6 58.c6 Kd8? [58...h3 59.Ke3 Kd8 60.Kf2 b3 61.Kg3 Kc7 62.Kh2 b2 63.Kg3 Kb6 64.Kh2 Kc5 65.Kg3 Kd4 66.Lb1 Kxe5 67.Ld3 Kd5 68.c7 Kd6 69.Lb1 Kxc7 70.Lg6 Kd6 71.Lc2 Kc5 72.Le4 Kd4 73.Lg6 Kc3 74.Le4 Kd2 75.Lg6 Kc1 76.Le4 b1D 77.Lxb1 Kxb1 und Schwarz gewinnt, weil der Läufer das Umwandlungsfeld auf h1 kontrolliert: 78.Kh2 Kc2 79.Kg3 Kd2 80.Kh2 Ke2 81.Kh1 Kf2 82.Kh2 Kf3 83.Kh1 Kg3 84.Kg1 h2+ 85.Kf1 (85.Kh1 Ld5# ) 85...h1D+ 86.Ke2 Dc1 87.Kd3 Kf3 88.Kd4 De3# ] 59.Kc5 b3? [59...Kc7! hätte gerade noch zum Remis gereicht: 60.Kxb4 h3 61.Kc5 h2 62.Lg2 Lh3 63.Lh1 Le6 64.Kd4 Kb6 65.Ke3 Kc5 66.Kf2 Kd4 67.Kg3 Kxe5 68.Kxh2 Kd6 69.Kg3 Ld7 70.cxd7 Kxd7 ] 60.Kd6 Plötzlich sind die weißen Bauern gefährlicher dank der Unterstützung des Königs und des Läufers. Ansonsten sind solch weit auseinander laufende Bauern wie die von Schwarz tückischer, sind sie doch nicht auf einer Diagonale vom Läufer zu kontrollieren. 60...Lg4 61.c7+ [61.Ld3 ist einfacher. 61...b2 62.c7+ Ke8 (62...Kc8 63.La6# ) 63.e6 nebst Bauernumwandlung auf c8 in eine Dame.] 61...Kc8 Nun ist der Pfad zum Sieg schon schmaler. 62.e6? [62.Kc6! b2 63.Ld3 Lf3+ (63...b1D 64.La6+ Db7+ 65.Lxb7# ) 64.Kb6 b1D+ 65.Lxb1 Lg4 66.Kc6 Lf3+ 67.Kd6 Lg4 68.Ld3 Kb7 69.Lb5 h3 70.Ld7 Lxd7 71.Kxd7 h2 72.c8D+ Kb6 73.Dc6+ Ka5 74.Db7 ] 62...Lxe6! [62...b2? 63.e7 Ld7 64.e8D+! Lxe8 65.Lf5+ Ld7 66.Lxd7+ Kb7 67.c8D+ ] 63.Kxe6 [63.Kc6 b2 64.Ld3 Ld5+ 65.Kb6 b1D+ 66.Lxb1 Le6 67.Le4 Kd7 68.Kb7 Ke7 reicht nicht mehr.] 63...Kxc7 64.Kf5 h3 65.Kg4 h2 66.Kg3 Kd6 67.Kxh2 Ke5 68.Lb1 Kd4 69.Lh7 b2 70.Lg6 Kc3 1/2-1/2

 

 










Bauer, Christian (2640) - van Wely, Loek (2685) [A00]
12h Blitz Play-off-Finale Kuppenheim (54), 04.06.2005

1.Sc3 d5 2.e4 d4 3.Sce2 e5 4.Sg3 Le6 5.c3 c5 6.Sf3 f6 7.Da4+ Sd7 8.Lc4 Lxc4 9.Dxc4 Sb6 10.Db5+ Dd7 11.a4 Se7 12.Dxc5 dxc3 13.dxc3 Sxa4 14.Da5 Sb6 15.0-0 Sc6 16.Db5 Sd8 17.De2 Se6 18.Le3 Lc5 19.Tfd1 Dc6 20.Sf5 0-0 21.Lxc5 Dxc5 22.g3 a6 23.Sd6 Dc6 24.Sh4 Tad8 25.Shf5 Td7 26.Dg4? Stellt einen Springer ein. [26.b4 hätte den Ausgleich bewahrt.] 26...Kh8 27.Td2 g6 28.Tad1 Nach einem Springerzug weg von f5 wäre der Schimmel auf d6 gefallen. 28...gxf5 29.Sxf5 Txd2 30.Txd2 Sc8 31.h4 Tg8 32.Df3 Sc5 33.Td5 Tf8 34.De3 Se6 35.Dh6 De8 36.Kh2 Dg6 37.De3 Df7 38.b4 Dc7 39.Dd3 Td8 40.Sh6 Kg7 41.Sf5+ Kg8 42.Df3 Txd5? [42...Se7 ist stärker.] 43.exd5 Plötzlich verfügt Bauer über Kompensation für die Figur. 43...Sf8? [43...Sd8 44.c4 Sd6 45.Sh6+ Kg7 behält die Oberhand.] 44.Sh6+ [44.Dg4+ Kh8 45.Sh6 Dg7 46.Dxc8 Dxh6 47.d6 Kg8 führt auch zur Partiestellung.] 44...Kg7 45.Sf5+ Kg8 46.Dg4+ Kh8 47.Sh6 Dg7 48.Dxc8 Dxh6 49.d6 Kg7 [49...Kg8 ist präziser.] 50.d7? [50.Dxb7+ Kg6 51.De4+ Kf7 52.Dd5+ Se6 (52...Ke8 53.Db7 ) 53.c4 bietet exzellente Gewinnchancen.] 50...Dd2! Der einfachste Weg zum Remis. Danach atmete van Wely auf. [50...Se6 51.d8D Sxd8 52.Dxd8 hätte man noch üben können.] 51.d8D Dxf2+ 52.Kh3 Df1+ 53.Kg4 De2+ An dieser Stelle wollte Bauer seinen König schon nach f5 vorschieben - und erkannte dann das Unheil, das mit Df3 matt gefolgt wäre. 54.Kh3 Df1+ 55.Kh2 Df2+ 56.Kh1 Df1+ 57.Kh2 Df2+ 1/2-1/2

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