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Jubilar Nunn jüngster Oxford-Absolvent seit halbem Jahrtausend

Englisches Schach- und Mathematik-Genie feiert 50. Geburtstag

von FM Hartmut Metz, 30. April 2005

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   Schach-Genies gibt es einige - aber auch auf anderen Gebieten zu den Ausnahmeerscheinungen zu zählen, ist nur wenigen vergönnt. Etwa der erste große Schachspieler des 18. Jahrhunderts, Philidor, war ein renommierter französischer Komponist. Als beispielloser Gedächtnisakrobat galt der Amerikaner Harry Pillsbury zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Das größte Genie könnte Rekord-Weltmeister Emanuel Lasker, der 1894 den Titel eroberte und bis 1921 verteidigte, gewesen sein. Der Brandenburger war nicht nur Doktor der Philosophie und Mathematik. In der Naturwissenschaft schuf er einige bedeutende Schriften und wurde von Albert Einstein als Gesprächspartner geschätzt.

   Unter den lebenden Großmeistern reichen wohl nur drei an die Genannten heran: Zum einen der Papyrologe Dr. Robert Hübner, der um die 20 Sprachen nahezu perfekt beherrschen soll - über die genaue Zahl hüllt sich das schon manisch bescheidene Baden-Badener Bundesliga-Ass in Schweigen. Zum anderen der Musiker und ehemalige WM-Kandidat Mark Taimanow (Russland). Und John Nunn ist zu nennen. Der Engländer feierte vergangenen Montag seinen 50. Geburtstag. Mit 15 nahm der Londoner bereits sein Mathematik-Studium in Oxford auf und war dort der jüngste Absolvent seit Kardinal Wolsey (1473-1530) vor mehr als 500 Jahren!

 

John Nunn

John Nunn

 

   In den 80ern und 90ern zählte Nunn zu den stärksten Schachspielern auf dem Globus. Inzwischen konzentriert sich der renommierte Autor aber auf Schachbücher. Neben den exzellenten, die er selbst verfasst, fungiert er zusammen mit Großmeister Murray Chandler und Graham Burgess auch als Verleger bei "Gambit". Überdies ist Nunn amtierender Weltmeister im Lösen von Schachproblemen.

   Anlässlich seines 50. Geburtstages organisierte Nunn ein Großmeister-Blitzturnier, das die britische Nummer eins, Michael Adams, mit 13 Punkten aus 16 Partien gewann. Knapp dahinter folgte Luke McShane (12,5) vor Mark Hebden (10,5), Stuart Conquest (10), Daniel King und Nunn selbst (beide 9,5). Seine geniale Ader belegte der Jubilar unter anderem 1981 mit einer Partie beim Open in Bristol.

 










Nunn, John (2575) - Anthony, Gareth [B32]
Bristol Open (2), 1981

1.e4 c5 2.Sf3 Sc6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 e5 5.Sb5 Sf6 6.S5c3!? Weicht den theoretischen Diskussionen mit einem durchaus spielbaren Zug aus. Verfolgt Schwarz danach mit d6 normale Züge der Sweschnikow-Variante, kann Weiß flexibler seine Figuren entwickeln. 6...h6 7.Le3 Lb4 8.a3 Hier zeigt sich bereits der erste Vorteil des Zugs: Weiß befragt den Läufer und muss keinen Abtausch auf c3 fürchten, weil Nunn mit dem Springer nehmen kann, ohne einen Doppelbauern verpasst zu bekommen. 8...Da5 9.axb4!? Opfert die Qualität, um dafür starken Angriff zu erhalten. [Das normale 9.Lc4 0-0 (9...Sxe4?? 10.axb4 Dxa1 11.Sxe4 ) 10.0-0 Lc5 11.Sd2 Lxe3 12.fxe3 verspricht Weiß gefahrlos die bessere Stellung.] 9...Dxa1 10.Dd6!? Verhindert die Rochade und hält den König in der Brettmitte. 10...Sxe4! 11.Sxe4 Dxb1+ 12.Kd2 Dxb2 13.b5 Sb4? [13...Sa5 hält die Partie offen, gleichwohl Weiß wegen der unterentwickelten schwarzen Streitmacht gute Aussichten auf eine entscheidende Attacke besäße. 14.Ld3 (14.Lc5 Sb3+ 15.Kd3 Sxc5+ ) 14...Sb3+ 15.Kd1 Da1+ 16.Ke2 Sd4+ (16...Dxh1? 17.Dxe5+ Kd8 18.Sd6 Tf8 19.Dxg7 Te8 20.Sxf7+ Ke7 (20...Kc7 21.Dg3+ Te5 22.Dxe5+ d6 23.Dxd6# ) 21.Sh8+ Kd8 22.Df6+ Te7 23.Sf7+ Ke8 24.Se5 Txe5 25.Lg6# ) 17.Lxd4 Dxd4 18.Da3 Kd8 19.Sd6 Kc7 20.Sf5 Db6 (20...Dg4+ 21.Ke1 Dg5 22.Dc5+ Kd8 23.Sd6 Df6 24.Lc4 b6 25.Dd5 Tf8 26.Ke2 De6 27.Dxa8 Dxd6 und Schwarz hat keinen Grund zu klagen.) 21.Se3 Kd8 22.Sd5 De6 23.c4 e4 24.Te1! b6 (24...exd3+?? 25.Kd2 und Schwarz verliert die Dame oder geht matt.) 25.Kf1 f5 mit Vorteil für den Nachziehenden.; 13...Db4+? 14.Dxb4 Sxb4 15.Lc5 führt indes ins Verderben.] 14.Lc5! Nunn scheut sich nicht vor der anstehenden Königswanderung. 14...Dxc2+ 15.Ke3 Db3+ 16.Ke2 Dc4+? [16...Sd5 17.Dxe5+ Kd8 18.Sd6 Tf8 ist trotz folgenden Damentauschs gefährlich. (18...Dc2+!? 19.Kf3 Db3+ 20.Le3 (20.Ke4?? Sf6+ 21.Kf5 Te8! 22.Sxe8 d6+ 23.Kf4 dxe5+ ) 20...Sxe3 21.fxe3 f6 (21...Tf8? 22.Lc4 Db4 23.Td1 f6 24.Dd5 Kc7 25.Tc1 Da3 26.b6+! Kd8 (26...axb6 27.Sb5+ Kd8 28.Sxa3 ) 27.Tc2 und weil sich 27...axb6 28.Lb5 (oder 28.Ta2 ) 28...Db4 29.Sxc8 Txc8 verbietet wegen 30.Dxd7# , kann Schwarz mangels Zügen aufgeben.) 22.Dd4 Tf8 23.Lc4 Db4 24.Tc1 b6 25.Kf2 Dc5 26.Dd2 Ke7 27.Td1 a5 28.Sxc8+ Dxc8 29.Dd6+ Ke8 30.Td4 f5 31.De5+ Kd8 32.Dxg7 Te8 33.Df6+ Te7~~ ) 19.Dxg7 Sf4+ 20.Kd2 Dd5+ 21.Dd4 Dxd4+ 22.Lxd4 Se6 23.Lf6+ Kc7 24.Le7! Tg8 25.Ld3! a6 26.Tc1+ Kb6 27.Sc4+ Kxb5 (27...Ka7 28.b6+ Kb8 29.Ld6+ Sc7 30.Lxc7# ) 28.Ld6! a5 29.Tb1+ Ka6 30.Ta1 Kb5 31.Sxa5+ Kb6 32.Sc4+ Kc6 33.Txa8 mit Mehrfigur, weil 33...b5?? 34.Le4# nicht geht.] 17.Kf3! Db3+ 18.Kg4!? [Weiß verzichtet auf das Dauerschach 18.Ke2 Da2+ 19.Ke1 Db1+ 20.Kd2 Da2+ ] 18...f5+ [18...Sc6!? 19.bxc6 dxc6+ 20.Kh4 De6 21.h3 g5+ 22.Kg3 Dxd6 23.Sxd6+ Kd7 24.Sxf7 Te8 25.Le2 bietet Nunn mehr Chancen.] 19.Kxf5 Df7+? [19...Sd5! 20.Le2 b6 21.Td1 (21.Lh5+? Kd8 22.La3 g6+ 23.Lxg6 Dxa3!! 24.Dxa3 (24.Dxd5 De7 25.Kg4 Tf8 26.h4 Tb8 27.Sd6 Tf6 28.Dg8+ Df8 und Schwarz gewinnt.) 24...d6# ) 21...Lb7 22.Td3 Db2 23.Lh5+ Kd8 24.Txd5 Lxd5 25.Lxb6+ axb6 26.Dxb6+ Ke7 27.Dd6+ Kd8 28.Db6+ mit Dauerschach.] 20.Kxe5 Ungeachtet des in der gegnerischen Hälfte stehenden Königs ist Anthony verloren! 20...Sc2 21.Lc4! Dh5+ 22.Kf4 Dh4+ 23.Kf3 b6 24.Dg6+ Kd8 25.g3 Dh3 26.Le7+! Kxe7 [26...Kc7 27.Dd6+ Kb7 28.Ld5# ] 27.Dxg7+ Kd8 28.Dxh8+ Kc7 29.De5+ Kd8 30.Sd6 Gegen Sf7+ ist nicht mehr viel zu erfinden. 1-0

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