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Werder Bremen trotzt dem FC Ruhmreich

Nur das Orakel von Falkenstein macht dem "Schalke des Schachs" Mut

Text und Fotos von FM Hartmut Metz, April 2005

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   Es war alles trefflich geplant: Der Verband terminierte das zweifellos die Meisterschaft entscheidende Match auf den letzten Spieltag. Die ewig Besten, quasi der FC Bayern München, gegen die neureichen Emporkömmlinge von Schalke 04. Doch dummerweise gibt es auch im Schach einen Spielverderber namens Werder Bremen. Ihren 2004 erfolgreichen Meister-Kickern wollen nun die Denkstrategen von der Weser nacheifern. Zwei Siege bräuchten die Hanseaten dafür noch - und ein Remis am Sonntag zwischen dem FC Bayern und Schalke.

   Die heißen im Schach richtig SG Porz und OSC Baden-Baden. Beide hören den Vergleich mit den genannten Fußballvereinen höchst ungern. Die Kölner feierten anno 1966/67 den ersten großen Erfolg just, als die Bayern-Fußballer erstmals im Oberhaus mitspielen durften. Mit zehn Titeln ist Porz durchaus sportlich mit den Münchnern zu vergleichen - das Wort Bayern erregt Sponsor Wilfried Hilgert jedoch bis heute. Die Schachabteilung des FC Ruhmreich hatte seinen Porzern nämlich in den 90ern bis zum Rückzug der nur Geld kostenden "Klötzchenschieber“ (Franz Beckenbauer) zahlreiche Titel abspenstig gemacht.

 

Almira Skriptschenko

Almira Skriptschenko kann nach dem Titel-Hattrick mit den Damen des OSC Baden-Baden als erste Frau auch deutscher Herren-Meister mit Werder Bremen werden.

 

   In Baden-Baden schätzt man den Vergleich mit Schalke weniger, weil einen das als Krösus abstempelt. Dank Wolfgang Grenke verfügen die Kurstädter über den üppigsten Etat. Schätzungsweise eine Viertelmillion pro Saison lässt sich der Vorstandsvorsitzende der Grenke-Leasing AG die kleine Weltauswahl kosten. Während die OSC-Damen die Bundesliga dominieren und vorzeitig den Titel-Hattrick feierten, sehnen die Baden-Badener Großmeister die erste deutsche Meisterschaft herbei. Dabei räumt vorne Viswanathan Anand - nach Garri Kasparows Rücktritt die neue Nummer eins der Weltrangliste - nahezu jeden Gegner aus dem Weg. Und der Russe Peter Swidler steht dem "Tiger von Madras" mit fünf Siegen und nur einem Remis aus sechs Partien in nichts nach. Gerade noch an Brett sieben und acht dürfen am Samstag (14 Uhr) beim Sparring gegen den potenziellen Absteiger Hofheim und am Sonntag (9 Uhr) gegen Porz die deutschen Nationalspieler Rustem Dautov und Robert Hübner mittun.

   Die Schach-Legende war 1967 mit 18 deutscher Meister mit Porz, als der Kölner Immobilien-Mogul Hilgert selbst mitspielte. Diesmal könnte Bremen der lachende Dritte sein. Angesichts von jeweils 24:2 Punkten "hat Werder die besten Chancen", befindet Dautov und setzt fort, "die müssen nur gegen Wattenscheid und Solingen gewinnen." Die beiden Überteams gerieten in die missliche Situation, weil Baden-Baden beim 3,5:4,5 gegen den Tabellenvierten TV Tegernsee (19:5) patzte und Bremen gegen Porz eine laut Dautov "unglaubliche Sensation“ mit dem 6:2-Sieg schaffte - nach zuvor zehn Niederlagen in Folge gegen die Domstädter. Gewinnt eines der beiden Spitzenteams ebenso wie Bremen beide Wochenend-Begegnungen (Eppingen bildet am Samstag den leichten Aufgalopp für Porz), kommt es zwei Wochen später zum Stichkampf. Theoretisch könnte es bei einem 4:4 zwischen Gastgeber Porz und Baden-Baden sowie einem 4:4 von Bremen sogar einen Dreier-Stichkampf geben.

 

Hans-Walter Schmitt

Hans-Walter Schmitt,  Organisator der Chess Classic Mainz.

 

   Dazu kommt es jedoch nicht - glaubt man dem Orakel von Falkenstein. Hans-Walter Schmitt, stets einfallsreicher Organisator des deutschen Topturniers Chess Classic Mainz und Ziehvater von Anand, investierte stolze 25 Euro: Die Wahrsagerin Lisa C. Ronim aus Falkenstein sollte den Endstand des Spitzenspiels prophezeien. Anstatt in eine schwarz-weiß-karierte Kugel zu blicken, erstellte sie anhand von den Gründungsdaten der Vereine und Geburtstagen ein Horoskop und prognostiziert ein 5:3 für Anands Team Baden-Baden - samt Stichkampf gegen Bremen. Für den bräuchte man dann kein Orakel. Eigentlich sollte die Weltauswahl die kleinen wackeren Werderaner mit 7:1 überfahren. Doch selbst Schach ist nicht immer logisch.


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