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Swidler in bestechender Form

Vallejo Pons zahlt Vertrauen an SC Baden-Oos zurück

von FM Hartmut Metz, 20. November 2004

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   "Zwischenzeitlich mussten wir ganz schön zittern. Aber jetzt sollten wir gewinnen", befand der weltbeste Schachspieler Viswanathan Anand und konnte erst nach sechs Stunden und 55 Minuten aufatmen. Soeben hatte der Spanier Francisco Vallejo Pons zum 4,5:2,5 für den SC Baden-Oos vollstreckt. Dass dann noch Rustem Dautov gegen den Solinger Michael Hoffmann aufgeben musste, fiel nicht mehr ins Gewicht. Der deutsche Vizemeister hatte beim Bundesliga-Saisonstart die angepeilten 6:0 Zähler unter Dach und Fach gebracht. Auf den 7,5:0,5-Kantersieg über Eppingen am Freitag folgte am Samstag ein 5,5:2,5 über Wattenscheid. Mit 17,5:6,5 Brettpunkten liegen die Kurstädter nun hauchdünn vor Meister SG Köln-Porz (17:7), der die ersten Hürden mit Stuttgart (5,5:2,5), Tegernsee (5:3) und Hofheim (6,5:1,5) ebenfalls erfolgreich nahm. "Es wird wohl bis zum letzten Spiel gegen Porz knapp hergehen", prophezeit Vallejo Pons ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem einzigen ernsthaften Rivalen.

   Dass man aber gegen jeden Kontrahenten auf der Hut sein muss, erfuhren Solingen und Wattenscheid schmerzlich. Die Klingenstädter kamen im Internationalen Club gegen den vermeintlichen Prügelknaben Eppingen nicht über ein 4:4 hinaus, die Wattenscheider unterlagen sogar dem Aufsteiger mit 3:5.

   Den Ausrutscher gegen Solingen vermieden Anand und Fabian Döttling. "Mit den zwei Siegen im Rücken konnten die anderen etwas ruhiger spielen", meinte der "Tiger von Madras" nach seinem Erfolg über den Weltranglisten-28. Predrag Nikolic und lobte seinen jungen Teamkameraden Döttling, der gegen Eppingen noch das einzige Remis abgegeben hatte. Weil der bisherige Neuköllner Sergej Mowsesjan bei seinem Debüt-Wochenende gegen Jan Smeets aus einer Verluststellung ins Remis entwischte, reichte es noch trotz der Niederlage von Roland Schmaltz zum 4,5:3,5.

 

Francisco Vallejo Pons

Francisco Vallejo Pons

 

   Beim SC Baden-Oos hat man sich bereits daran gewöhnt, dass Topstar Anand die Punkte am Spitzenbrett holt, wenn es für die Mannschaft darauf ankommt. Als wichtige Stützen des deutschen Vizemeisters erweisen sich auch immer wieder die Nummer zwei, der ebenfalls in Mannschaftskämpfen noch ungeschlagene Peter Swidler, und Brett vier, Francisco Vallejo Pons. Der Spanier war praktisch schon aus dem Kader geworfen, nachdem er vergangenes Jahr anfangs lustlos agiert und kaum zur Verfügung gestanden hatte. Nachdem der Weltranglisten-26. aber am Ende der Saison und vor allem im Titel-Stichkampf gegen Köln-Porz voll punktete, beharrte SC-Macher Wolfgang Grenke darauf, Vallejo Pons in der Mannschaft zu belassen. Eine weise Entscheidung, die sich beim Saisonauftakt mit zwei Siegen des 22-jährigen Iberers bezahlt machte. Vor allem der beim 4,5:3,5 über Solingen am vergangenen Sonntag war wichtig, um nicht den ersten Minuspunkt auf das mit 6:0 Zählern makellose Konto zu bekommen.

   In Schwierigkeiten kam Baden-Oos gegen die Klingenstädter auch deshalb, weil Swidler zur russischen Meisterschaft abreisen musste. Der 28-jährige St. Petersburger wäre sicher wieder ein Punktegarant gewesen. Tags zuvor hatte der Weltranglistenachte seine derzeit bestechende Form mit einer Glanzpartie gegen den für Wattenscheid spielenden Polen Bartlomiej Macieja bewiesen.

 










Swidler,Peter (2735) - Macieja,Bartlomiej (2613) [B12]
SC Baden Oos - SV Wattenscheid Bundesliga GER (1.2), 13.11.2004

1.e4 c6 2.d4 d5 3.e5 Lf5 4.Le3 e6 5.Sd2 Sd7 6.Sgf3 Se7 7.Le2 Lg6 8.Sh4 c5 9.c3 Sc6 10.Sxg6 hxg6 11.Sf3 Le7 12.0-0 0-0 Die tägliche Internet-Schachzeitung "Chess Today" verweist an dieser Stelle auf zahlreiche andere bekannte Fortsetzungen: g5 (Brameld-Metz, Curacao 2003), a6 (Khalifman-Lobron, München 1992), c4 (Christiansen-Seirawan, US-Meisterschaft 1997), Dc7 (Anand-Ravi, Goodricke Open 1992) oder Db6 (Sikula-Meduna, Litomysl 1997). 13.Ld3 In den Vorläuferpartien, beispielsweise Nisipeanu - Ponomarjow, Siofok 1996, zog Weiß g3, um den Vorstoß h4 nebst h5 vorzubereiten und auf der h-Linie zu spielen. 13...Db6 14.De2 Tfc8 15.h4N Der neue Zug, der erstmals ohne das vorbereitende g3 gespielt wird. 15...cxd4 16.cxd4 Sb4 17.Lb1 Da6 18.Dd1 Dc6 19.Se1!? [Im Falle von 19.g3 Sc2 20.Lxc2 Dxc2 hat Schwarz mühelos ausgeglichen.] 19...Lxh4 20.a3 Sa6 21.g3 Weiß erhält nun für den geopferten Bauern auf der h-Linie gefährliches Gegenspiel. Macieja muss sich derweil auf Verteidigung einstellen, da seine Möglichkeiten auf der c-Linie eingeschränkt wurden. 21...Le7 22.Sd3 Sf8 23.Dg4 Sb8 24.Kg2 Sbd7 25.Th1 Sh7 26.Dh3 [Das von dem ukrainischen Großmeister Michail Golubew vorgeschlagene 26.Txh7! Kxh7 27.Dh3+! (ansonsten folgt 27...Th8) 27...Kg8 28.La2 Sf8 29.Th1 f5 30.exf6 gxf6 31.Dh8+ Kf7 32.Sf4 gibt Weiß enormes Spiel mit zahlreichen Drohungen wie Springeropfern auf g6, Lb1 oder Th7+.] 26...Sdf8 27.Sf4 Lg5 28.Sxg6!? In Maciejas Zeitnot entkorkte Swidler dieses interessante Opfer. Die nächsten Züge ließ er wie aus der Pistole geschossen folgen, um den Polen erst gar nicht zur Besinnung kommen zu lassen. 28...fxg6 29.Lxg5 Sxg5 30.Dh8+ Kf7 31.Th4 Dc1! Die einzige Rettungschance! [31...Sgh7 32.Tf4+ Ke7 33.Dxg7+ Kd8 (33...Ke8 34.Lxg6+ Sxg6 35.Dxg6+ Kd8 36.Dxh7 De8 37.Tf7 Tc4 38.Th1 b5 39.Dh4+ Kc8 40.Dh8 Kd8 41.Df6+ Kc8 42.Dxe6+! Dxe6 43.Th8+ De8 44.Txe8# ) 34.Lxg6 Sxg6 35.Dxg6 Kc7 36.Dxh7+ Kb8 und Weiß gewinnt dank der zwei Mehrbauern leicht.] 32.Ld3! [Als Fehler entpuppt sich 32.Tf4+? Dxf4!! 33.gxf4 Sfh7! und die weiße Dame ist gefangen. 34.Dxc8 Txc8 35.fxg5 Tc4 36.f4 Txd4 37.Kf3 Td2 38.b4 mit Ausgleich.] 32...Sfh7! [32...Dxa1? 33.Tf4+ Ke8 34.Dxf8+ Kd7 35.Dd6+ Ke8 36.Tf8# ; 32...Dd2? pariert Swidler mit 33.Td1! Sfh7 34.Dxc8!+- ] 33.Txc1 Txh8 34.Tc7+ Kg8 35.Tg4 Tf8 [35...Sf7! 36.Lxg6 Sh6 37.Tf4 mit beiderseitigen Chancen ist besser.] 36.Lxg6 Sf7 37.Txb7 Shg5 38.Txa7 Th6 39.Lxf7+ Sxf7 40.Tf4 g5 41.Tf3 Zeit, um nach überstandener Zeitnot ein Fazit zu ziehen: Rein materiell ist die Lage auf dem Brett in etwa ausgeglichen. Schwarz besitzt eine Figur für drei Bauern - doch seine Figuren stehen auf dem Königsflügel im Abseits, während Weiß den Vormarsch seines b-Bauern droht. 41...Sd8 42.Txf8+ Kxf8 43.b4 Sc6 44.Ta8+ Kf7 45.b5 Sxd4 46.b6 Kg6 47.b7 Sc6 48.g4! Ein präziser Zwischenzug, mit dem Swidler verhindert, dass der feindliche König nach f5 gelangt und sich den e-Bauern einverleibt. 48...Th7 49.Te8!+- Danach ist der Rest einfach für einen Großmeister wie Swidler. 49...Txb7 [49...Kf7 50.Tc8 Kg6 51.Txc6 Txb7 52.Txe6+ bedeutet lediglich Zugumstellung.] 50.Txe6+ Kf7 51.Txc6 Ta7 52.Td6 Txa3 53.e6+! Kf6 54.Txd5 Ta4 55.Tf5+ Kg6 [55...Kxe6 56.Txg5 ist hoffnungslos.] 56.Te5 Txg4+ 57.Kf1 Kf6 58.e7 Kxe5 59.e8D+ Kf5 60.Df7+ Ke5 61.Dg6 1-0

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