Dramatische StichkämpfeBaden-Ooser Schachspielerinnen seit vier Jahren in Punktspielen ungeschlagen / Herren verpassen Titel durch 3,5:4,5 gegen Porzvon FM Hartmut Metz, Mai 2004 |
Der kometenhafte Aufstieg innerhalb von sechs Jahren von einem Abstiegskandidaten in der fünftklassigen Landesliga zum Nonplusultra des deutschen Schachs ist hauchdünn verpasst worden: Während die Damen des SC Baden-Oos gestern erneut die deutsche Meisterschaft gewannen, verpassten die Herren im Stichkampf gegen die SG Köln-Porz vor rund 300 Zuschauern die einmalige Chance zum Doppelschlag.
DSB-Sportdirektor Reinhold Kasper (von links) mit dem Meisterteam aus Köln: Eric van den Doel, Ivan Sokolov, Michail Gurewitsch, Rafael Waganjan (mit Meister-Ehrentafel), Sponsor Wilfried Hilgert, Christopher Lutz, Loek van Wely, dem Porzer Vorsitzenden Georg Hinz, Alexander Graf und Ulf Andersson.
Die Gastgeber unterlagen mit 3,5:4,5 gegen den in der Bundesliga-Saison gleichauf liegenden Konkurrenten aus der Domstadt (beide 26:2 Punkte). Nach drei Vizemeisterschaften in Folge baute Porz seine Rekordbilanz auf nun zehn Titel aus. Nicht zu stoppen waren dagegen einmal mehr die Großmeisterinnen des SC Baden-Oos. Sie bleiben seit ihrer Gründung vor vier Jahren und dem Durchmarsch von der Regionalliga bis ins deutsche Oberhaus weiter in Punktspielen ungeschlagen. Auch Turm Emsdetten, das in der Bundesliga den Kurstädtern den einzigen Zähler in elf Begegnungen abluchste, konnte die Serie nicht brechen. Beim 3,5:2,5 für das Team um die Muggensturmerin Ketino Kachiani-Gersinska sah es lange nach einem offenen Match aus - letztlich waren die Gäste aber mit dem Endresultat noch gut bedient. Die Georgierin Nino Khurtsidse remisierte ihre Gewinnstellung gegen die Ungarin Yelena Dembo, um den Erfolg des SC perfekt zu machen.
Deutscher Mannschafts-Meister der Damen 2004: SC Baden-Oos
Zuvor hatte Jekaterina Borulja ihre Farben gegen Tea Boosboom-Lanchava in Front gebracht. Für den Ausgleich sorgte Emsdettens Jordanka Micic, die die haarsträubende Zeitnot der Italienerin Jelena Sedina gnadenlos ausnutzte. Nach den Remis von Jekaterina Kowalewskaja gegen Natasa Bojkovic und Ketino Kachiani-Gersinska gegen Pia Cramling sorgte Almira Skriptschenko für die Vorentscheidung. Einmal mehr musste Zhaoqin Peng die Segel gegen die Französin streichen. "Ich habe sie schon im Vorjahr dreimal geschlagen. Das half mir sicher psychologisch, als ich nur etwas besser stand", fand die gebürtige Moldawierin eine Erklärung, warum die niederländische Vizeeuropameisterin erneut gegen sie einbrach. Emsdettens Teamchef Raimo Vollstädt musste anschließend die wie ein Häuflein Elend zusammengekauerte Peng trösten.
Christopher Lutz gegen Viswanathan Anand
Wie das 4:4 in der regulären Bundesliga-Saison bot auch der Stichkampf zwischen Baden-Oos und Porz Dramatik pur. Die schlechtere Zeiteinteilung kostete die Kurstädter die deutsche Meisterschaft. Wie man es richtig macht, demonstrierte Viswanathan Anand. Der derzeit weltbeste Spieler brauchte nur knapp eine seiner zwei Stunden Bedenkzeit für die ersten 40 Züge. Christopher Lutz hatte derweil kaum noch welche und streckte in hoffnungsloser Lage die Waffen. Zuvor hatten Robert Hübner gegen Michail Gurewitsch sowie Peter Swidler und Ivan Sokolov ihre Partien remisiert. Den Punkt teilte ebenso Ludger Keitlinghaus, da sein holländischer Widersacher Eric van den Doel einmal den Gewinn ausließ.
Die Meisterschaft verschenkte Alexej Schirow. Der ehemalige Vizeweltmeister stand gegen Loek van Wely haushoch überlegen. "Ich konnte schon fast nichts mehr ziehen, aber dann legte Alexej zu früh los", berichtete "Lucky Luke" vom Konter gegen seinen Angstgegner, den er ausgerechnet diesmal bezwang. Nach dem Erfolg von Francisco Vallejo Pons über Ulf Andersson hätte Baden-Oos dank der Siege an den vorderen Brettern ein 4:4 gereicht. Doch zu der 3,5:2,5-Führung gesellte sich kein weiterer halber Zähler mehr. "Mr. Bundesliga", Rafael Waganjan, und der deutsche Einzelmeister Alexander Graf machten gegen Rainer Buhmann und Rustem Dautov den Porzer Sieg perfekt. Pech für Oos: Dautov kassierte seine erste Niederlage in dieser Saison, und Buhmann musste ohne eröffnungstheoretische Vorbereitung einspringen, weil der fürs siebte Brett vorgesehene Philipp Schlosser erkrankte.
Nach der Enttäuschung munterte ausgerechnet das vermeintlich schwache Geschlecht das starke auf: "Die Männer schaffen es nächstes Jahr!", sprach Kachiani-Gersinska den Baden-Ooser Großmeistern Mut für die nächste Saison zu. Dann soll - so hofft auch Sponsor Wolfgang Grenke ("Wir sind noch ein paar Jahre in der Bundesliga") - der Baden-Ooser Doppelschlag aber gelingen.
Baden-Oos |
Emsdetten |
3,5:2,5 |
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1. | Ketino Kachiani-Gersinska |
- | Pia Cramling |
1/2 |
2. | Almira Skriptschenko |
- | Zhaoqin Peng |
1:0 |
3. | Jekaterina Kowalewskaja |
- | Natasa Bojkovic |
1/2 |
4. | Nino Khurtsidse |
- | Yelena Dembo |
1/2 |
5. | Jelena Sedina |
- | Jordanka Micic |
0:1 |
6. | Jekaterina Borulja |
- | Tea Boosboom-Lanchava |
1:0 |
Baden-Oos |
Köln-Porz |
3,5:4,5 |
||
1. | Viswanathan Anand |
- | Christopher Lutz |
1:0 |
2. | Alexej Schirow |
- | Loek van Wely |
0:1 |
3. | Peter Swidler |
- | Ivan Sokolov |
1/2 |
4. | Francisco Vallejo Pons |
- | Ulf Andersson |
1:0 |
5. | Rustem Dautov |
- | Alexander Graf |
0:1 |
6. | Robert Hübner |
- | Michail Gurewitsch |
1/2 |
7. | Rainer Buhmann |
- | Rafael Waganjan |
0:1 |
8. | Ludger Keitlinghaus |
- | Eric van den Doel |
1/2 |
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GM Lutz (PORZ) - GM Anand (BAD)
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GM Shirov (BAD) - GM Van Wely (PORZ)
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GM Sokolov (PORZ) - GM Svidler (BAD)
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GM Vallejo Pons (BAD) - GM Andersson (PORZ)
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GM Graf (PORZ) - GM Dautov (BAD)
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GM Huebner (BAD) - GM Gurevich (PORZ)
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GM Vaganian (PORZ) - Buhmann (BAD)
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GM Keitlinghaus (BAD) - GM Van den Doel (PORZ)
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WGM Cramling (EMS) - WGM Kachiani-Gersinska (BAD)
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WGM Skripchenko (BAD) - WGM Qin Peng (EMS)
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WGM Bojkovic (EMS) - WGM Kovalevskaya (BAD)
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WGM Khurdsidze (BAD) - WGM Dembo (EMS)
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WGM Micic (EMS) - WGM Sedina (BAD)
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WGM Borulya (BAD) - WGM Boosboom-Lanchava (EMS)
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