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Frosch quakt am Brett des Tigers

Gentleman Anand macht einzig Carmen Kass ein Geschenk

von FM Hartmut Metz, August 2004

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Viswanathan Anand, Carmen Kass

Viswanathan Anand ließ das Herz von Carmen Kass schneller schlagen

 

   "Ich konnte nichts mehr denken. Mein Herz raste - ich vergaß alle Vorbereitung", berichtete Super-Model Carmen Kass von ihrer Blitzpartie gegen Viswanathan Anand. Der Zeitvorteil der Präsidentin des Estnischen Schachverbandes von fünf gegenüber zwei Minuten (plus zwei bzw. eine Sekunde pro ausgeführten Zug) schwand bei dem Showkampf zum Auftakt der Chess Classic Mainz zusehends. Als Carmen Kass einen Bauern fraß und feststellte, dass das schlecht war, schaute die Grazie den Inder fragend an. Der schmunzelte - wie die ganze Partie über - und sagte ihr, sie dürfe den Zug gerne zurücknehmen. Der erfolgreichste Schachspieler auf dem Globus erwies sich als echter Gentleman: Als er in zwei Zügen matt setzen konnte und Carmen Kass im 28. Zug die Zeit überschritt, bot er ein Remis an! Das war aber auch das einzige Geschenk, das der "Tiger von Madras" an diesem Tag gab. Die restlichen Blitzpartien gegen den Mainzer Oberbürgermeister Jens Beutel, den Sponsor von Vizemeister SC Baden-Oos, Wolfgang Grenke, Frankfurt-West-Altmeister Ferdinand Niebling, Internet-Gewinner Stefan Hütte (er ersteigerte das Recht für 500 Euro) und Vincent Bremer (ebenfalls Internet-Ersteigerer) gewann Anand. Jens Beutel wollte noch unbedingt eine Zusatzpartie gegen Anand spielen und verlor auch diese. Der 35-jährige Hütte bereute es keine Sekunde, für das Erlebnis mit dem weltbesten Schachspieler einen halben Tausender auf den Tisch gelegt zu haben: "Es war super, zumal ich auch noch völlig unerwartet gegen Weltmeisterin Antoaneta Stefanowa antreten durfte", erklärte der Amateur vom SV Hattingen.

 

Chess Classic Mainz 2004: Damenschach

Wer ist die Schönste am Schachbrett? Mancher Zuschauer sah hierbei sogar Weltmeisterin Antoaneta Stefanowa (rechts) vor Super-Model Carmen Kass in Front

 

   Stefanowa zeigte kein Erbarmen. Die Bulgarin bezwang alle sechs genannten Gegner. Kass hatte so viel Spaß, dass sie zweimal gegen die Weltmeisterin antrat und in der ersten Partie rund 40 Züge durchhielt. "Ich tauschte gleich alle Schwerfiguren, damit Antoaneta mich nicht so schnell matt setzt. Wenn wir den Zuschlag für die Schach-Olympiade 2008 bekämen, müsste sie mir bei der Eröffnung eine Revanche geben - darauf würde ich mich zwei Jahre vorbereiten", erklärte die 25-jährige Estin bezüglich ihrer gleichaltrigen Kontrahentin und ergänzte, "Antoaneta ist so nett und süß!" Offenbar verstanden sich die beiden Schönheiten blendend, denn nicht nur vor und nach den Partien unterhielten sie sich lange und lachten gemeinsam. Am Ende der CCM tauschten sie eifrig ihre ganzen Handy-Nummern aus, und Kass lud die Weltmeisterin ein, sie in Los Angeles doch einmal zu besuchen.

 

Chess Classic Mainz 2004: Wolfgang Grenke, Viswanathan Anand

Der Sponsor des SC Baden-Oos, Wolfgang Grenke (links), mit seinem herausragenden Spieler, Viswanathan Anand, beim Blitzen

 

   "Ich habe Anand zugeflüstert, er solle aufgeben, wenn er mir einen Gefallen tun will", alberte das völlig ohne Allüren auftretende Super-Model nach den drei Blitzpartien und ergänzte, "wenn er nicht remisiert hätte, hätte ich ihn natürlich geschlagen!" Im Ernst ergänzte sie dann: "Das war eine einmalige Erfahrung für mich. Er war so nett, mir einen halben Punkt zu schenken." Aruna, die Ehefrau von Anand, zeigte sich nicht eifersüchtig, als ihr Göttergatte mit einem der zehn wichtigsten Models auf dem Laufsteg ans Brett ging. "Ab und zu spielen wir auch ein bisschen Schach", sagte sie verschmitzt lächelnd. Richtig gehend einen "Kick" aus dem Schachspiel zieht die estnische Schach-Präsidentin. "Ich habe erst vor ein paar Tagen auf dem ICC gespielt", berichtete Carmen Kass, dass sie unter zwei Namen im Internet antritt. Gelernt hat sie das Denkspiel von ihrem Vater, der Schachlehrer war. "Mit meinem Bruder und meiner Schwester haben wir heiße Turniere ausgefochten", erinnerte sich die zwischen Europa und USA pendelnde 25-Jährige.

 

Antoaneta Stefanowa, Jens Beutel

Antoaneta Stefanowa kannte auch keine Gnade für den spielstarken Mainzer Oberbürgermeister Jens Beutel

 

   Bleibt noch zu klären, warum plötzlich ein Frosch am Brett von Kass und des "Tigers von Madras" quakte! Es handelte sich schlicht um die falsche Taktik! Pressechef Hartmut Metz hatte vorgeschlagen, das Handy des ebenfalls in Mainz weilenden Ex-Weltmeisters Ruslan Ponomarjow zu organisieren. Er war der erste Großmeister, der durch ein Handy-Klingeln eine Partie verloren hatte gegen Jewgeni Agreest. "Das stecken wir in Vishys Tasche, und ich rufe dann an. Dann haben Sie gewonnen", schlug Metz Carmen Kass vor. "Prima Idee", scherzte diese mit. Ganz vergessen hatte sie aber, ihr Handy auszuschalten. Plötzlich fing es nämlich in ihrer Handtasche an zu quaken. Ihr Handy wurde von Schiedsrichter Sven Noppes rasch entsorgt, während der "Tiger von Madras" breit grinste.


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