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Großmeister vollbringen eher Wunder

Lew Psachis leidet unter seiner Rekordserie in Andorra

von FM Hartmut Metz, 26. Juli 2003

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   Lew Psachis zählt seit zehn Jahren zu den Dauergästen beim Open in Andorra. Der einstige sowjetische Meister, der wie so viele nach Perestroika und Glasnost ins gelobte Land Israel auswanderte, hat dort noch keine einzige Partie verloren! Stattliche 90 sind es mittlerweile an der Zahl. "Ein echtes Hemmnis, weil ich immer die Serie im Hinterkopf habe und das Risiko meide", analysierte Psachis bereits nach der vierten Runde. Zu viele Kurzremis ließen dem 44-Jährigen keine Chance, seinen Vorjahressieg zu wiederholen. Diesmal fühlte sich der Israeli völlig außer Form: "In allen vier Gewinnpartien hatte ich am Schluss nur noch knapp zehn Sekunden auf der Uhr!"

 

Lew Psachis

Lew Psachis

 

   Vor allem zum Auftakt stand ihm gegen Yvalin Bruned das Glück zur Seite. Der 14-jährige Spanier, dessen Zwillingsbruder Boris auch schon den Sprung in die Weltrangliste schaffte, profitierte von einem Damen-Verzweiflungsopfer seines Kontrahenten in Zeitnot - und tappte dann in die letzte Falle, die Psachis mit elf Sekunden auf der Uhr geblieben war. Unter Tränen gab das noch mit zwei Minuten Bedenkzeit ausgestattete Talent auf, als es erst einen Zug vor dem Unvermeidlichen das unnötig zugelassene Matt entdeckte.

 










W: Bruned S: Psachis

1.e4 c5 Sizilianisch ist nicht wirklich eine Überraschung - aber Psachis hat gerade wieder ein neues Werk über die Französische Verteidigung herausgebracht. Nachdem er 1992 ein englisches Standardwerk mit "The Complete French" geschaffen hatte, veröffentlicht er nun wegen "der Fülle des Materials" drei Bände zum Thema. Der erste Band beschäftigt sich mit der Variante 3.Sd2 (Batsford Verlag, rund 25 Euro). 2.Sf3 e6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 d6 6.g4 Sc6 7.g5 Sd7 8.Le3 Le7 9.h4 0-0 10.Dh5 a6 11.0-0-0 Sxd4 12.Lxd4 b5 13.Ld3 Se5 14.f4 Sxd3+ 15.Txd3 b4 16.Se2 Da5 17.Kb1 e5 18.fxe5 dxe5 19.Le3 Le6 20.b3 Tac8 21.Sc1 Db5 22.De2 Tc7 23.Dg2 a5 24.h5 a4 25.g6 axb3 26.Sxb3 Ta8 Schwarz besitzt klaren Vorteil. Sein Angriff ist viel gefährlicher. 27.Lh6!? Ein Verzweiflungsopfer, das Psachis allerdings die meisten seiner verbliebenen Minuten auf der Uhr kostete. 27...gxh6! 28.gxf7+ Kxf7? [ Nach 28...Kh8 29.Tg1 Lg5 30.Df1 Droht sowohl f8D wie das Turmschach auf d8 nebst Dxb5. 30...Tf8! Danach hat Schwarz alles unter Kontrolle.] 29.Tf1+ Ke8 30.Dg7 Diagramm Noch immer steht der Großmeister auf Gewinn. Doch in Zeitnot reagiert der Kopf nicht mehr so kühl wie sonst. Ansonsten hätte der Nachziehende leicht erkannt, wie er die Mattdrohung Dh8+ parieren kann. In seiner vermeintlichen Not opfert Psachis nun die Dame, um dem König ein Fluchtfeld auf d7 zu verschaffen! 30...Dxd3?? [ 30...Dc4! 31.Dh8+ Lg8 hält alles unter Kontrolle und verteidigt das Mehrmaterial.] 31.cxd3 Kd7 32.Dxh7? Der erste unmerkliche Fehler. Natürlich ist es stärker, den e-Bauern zu beseitigen und das eigene Zentrum in Bewegung zu setzen. 32...Lxb3 33.axb3 Tca7 34.Df5+ Kd6 35.Dg6+?! Kd7 36.Dxh6?? [ Durch 36.Df5+ , das den Turm auf f1 deckt, 36...Kd6 und 37.d4 , das dem König ein Schlupfloch auf d3 verschafft, befände sich Weiß weiter auf der Siegerstraße. Doch nun ereilt Bruned sein Schicksal.] 36...Ta1+ Das Talent erkannte nun das Malheur und ließ unter Tränen seine knapp 90 Sekunden ablaufen, anstatt sich im nächsten Zug mattsetzen zu lassen. 0-1

 

   Pech oder Glück des Tüchtigen? Großmeister vollbringen eben eher Wunder als Otto Normalschachspieler. Auch der Spanier Daniel Alsina Leal verschenkte in der dritten Runde einen GM-Skalp, den des Finnen Heikki Kallio. Mit einem hübschen Damenopfer hätte er die Grundreihenschwäche von Schwarz ausnutzen können.

 

Der finnische GM Heikki Kallio

Der finnische GM Heikki Kallio

 










W: Alsina Leal S: Kallio

Schwarz hatte zuletzt die Dame von d8 nach b6 gespielt. Nun konnte Weiß hübsch gewinnen - doch stattdessen rettete der Anziehende schnöde seinen Bauern mittels b2-b3. Danach endete die Partie remis. Wie hätte Weiß sofort gewinnen können?

1.Dxf7+! Txf7 2.Te8+ Tf8 3.Tfxf8#

 

   Amateuren bleibt meist nur die Freude über Siege gegen andere Amateure. Boris Berning bewies zumindest in dieser Partie, dass der Name seines Vereins Brett vorm Kopf Frankfurt nicht generell Programm bei ihm ist.

 

Boris Berning

Boris Berning

 










W: Berning S: Tomas Batet

 

1.e4 e5 2.d4 exd4 3.Sf3 d5 4.Dxd4 Sf6 5.Sc3 Sc6 6.Lb5 Ld7 7.Lxc6 Lxc6 8.exd5 Sxd5?! Mit [ 8...Lxd5 9.0-0 Le6 gleicht Schwarz die Stellung ungefähr aus. ( 9...Lxf3? 10.De3+ Le7 11.Dxf3 c6 12.Td1 Dc8 13.Te1 Dg4 14.Dxg4 Sxg4 15.Lg5 f6 16.Lf4 belässt Weiß ein leichtes Eröffnungsplus.) ] 9.0-0 Sxc3?! 10.Dxc3 f6 Durch den Einsatz des Springers auf d5 hat Schwarz nun Probleme, den Läufer von f8 zu entwickeln - danach hinge g7. 11.Lf4 Dd5 12.Tfe1+ Kf7 13.Tad1 Die Lage von Schwarz ist bereits kritisch nach all den unpräzisen Zügen. Durch den folgenden letzten Fehler erlaubt er Berning eine hübsche Abschlusskombination. 13...Dc5? [ 13...Dxa2 14.Sd4 Ld5 15.Sb5 Dc4 16.Txd5! Dxd5 17.Sxc7 führt nicht gleich zum Matt, ist aber auch wenig erbaulich.] 14.Db3+ Kg6 15.Se5+! Opfert Schwarz nicht die Dame auf e5, folgt ein Matt: [ 15.Se5+ fxe5 ( 15...Kh5 16.Dh3# ; 15...Kf5 16.Dh3+ Kxf4 17.Dg4# ) 16.De6+ Kh5 17.Df5+ Kh4 18.Lg3# ] 1-0

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