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Damen sind nicht immer Luxus

Ungewöhnliche Materialverteilung in gleich zwei Partien

von FM Hartmut Metz, 7. Juni 2003

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   "Damen sind Luxus" lautet einer der einprägsamsten Titel, die es bisher für Schachbücher gab. Das vor 20 Jahren erstmals in Deutschland erschienene Werk handelt von Partien, in denen früh die stärkste Figur auf dem Brett getauscht wurde. Das führt oft zu wenig spektakulären Partien, da effektvolle Angriffe ohne Dame meist ausbleiben. Reizvoller sind im Schach Partien mit ungleicher Materialverteilung, beispielsweise wenn eine Partei drei Figuren oder gar nur Turm und Figur für eine Dame besitzt. In letzterem Fall ist die Seite mit der Dame, die mit etwa neun Bauerneinheiten bewertet wird, gegenüber Turm (5) und Springer beziehungsweise Läufer (beide etwa 3 bis 3,5) im Vorteil.

   Noch eindeutiger fällt die Bewertung aus, wenn ein Spieler lediglich zwei Figuren für die mächtige Königin besitzt. Trotzdem gibt es Eröffnungen, in denen Schwarz seine Dame für zwei Figuren und eventuell nur einen Bauern opfert - und nicht mal schlecht damit fährt. Das ist jedoch die Ausnahme von der Regel. Die durften die Kiebitze am vergangenen Sonntag in der ersten Runde des badischen Mannschaftspokals in Lahr bewundern. Ungewöhnlicherweise kam es in den vier Partien des starken Verbandsligisten aus der Ortenau gegen die Rochade Kuppenheim gleich zweimal zu dieser Materialverteilung!

   Ist man nun klüger, was das Opfer Dame gegen zwei Figuren anlangt? Nein! Einmal setzte sich die stärkere Seite durch, in der zweiten Partie feierte die vermeintlich schwächere Partei einen Triumph. Beim 4:0 gegen Lahr brachte FM Hans Wiechert Kuppenheim am Spitzenbrett schnell in Führung. Nachstehend seine Kommentare zu der einseitigen Partie.

 

FM Hans Wiechert

FM Hans Wiechert

 










W: Wiechert S: Kirschner
[Wiechert,Hans]

 

1.d4 Sf6 2.Sf3 g6 3.g3 Lg7 4.Lg2 d5 5.c4 c6 6.cxd5 Dxd5? Verliert einfach ein Tempo. Besser ist das gebräuchliche [ 6...cxd5 ] 7.Sc3 Dh5!? Kommt gleich zur Sache! 8.h3! Ein kleiner, aber feiner Zug, der nur das von Schwarz geplante Bh3 zu verhindern scheint ... 8...Sa6?? Kirschner riecht den Braten nicht. [ 8...Da5 ; 8...Df5 waren die Kandidatenzüge,; 8...h6? , was noch spielbar aussieht, ist hingegen nach 9.Se5 Df5 10.h4! Sg4 ( 10...h5 11.Lh3 Sg4 12.f3+- ) 11.Sxg4 Dxg4 12.Lh3 Dxh3 13.Txh3 Lxh3 14.Db3 Lc8 15.Le3 Sd7 16.h5! kaum ersprießlich für Schwarz] 9.Sg5! Bereitet den Damengewinn vor. 9...h6 10.Lf3 Und vollzieht diesen. 10...hxg5 11.Lxh5 Txh5 12.h4 gxh4 13.Txh4 Txh4 14.gxh4 Le6 15.Lg5 0-0-0 16.Da4 Sd5 17.Sxd5 Txd5 18.e3 f6 19.Lf4 Lg4 20.Tc1 Kd7 21.e4 Tb5 22.d5! Weiß fackelt nicht lange und will dem König ans Leder. 22...Sc5? 23.dxc6+ bxc6 24.Txc5! Hebelt Schwarz endgültig aus. [ 24.Txc5 Txc5 25.Dxa7+ Ke8 26.Dxc5+- wollte Kirschner nicht mehr sehen.] 1-0

 

 

Günther Tammert

Günther Tammert

 

   Nachdem dieses Duell binnen einer Stunde entschieden war und sich Wiechert den anderen Begegnungen unbeschwert widmen konnte, kam dem Oberliga-Akteur der genannte Buchtitel "Damen sind Luxus" in den Sinn. Dass sie zuweilen überflüssig sind - wohlgemerkt nur auf das Brett bezogen ... -, demonstrierte Günther Tammert nämlich in einer spannenden Partie. Aus der Not heraus opferte der Kuppenheimer die Dame und erhielt gegen Peter Dittmar prächtiges Spiel. Der nominell beste Lahrer verlor die Übersicht und unterlag.

 










W: Tammert S: Dittmar
[Metz,Hartmut]

 

1.Sf3 d5 2.c4 e6 3.g3 Sf6 4.Lg2 Le7 5.0-0 0-0 6.b3 c5 7.cxd5 exd5 8.d4 Sc6 9.Lb2 Se4 10.dxc5 Lxc5 11.e3 Lg4 12.h3 Le6 13.Sd4 Lxd4 14.Lxd4 Dd7 15.Kh2 Tac8 16.Lb2 Sg5 17.Dh5 f6 18.Sc3 Se5 19.Tad1 [ 19.f4?! ist keine gute Idee. 19...Sd3 20.La3 Txc3 21.Lxf8 Se4 22.La3 Tc2 überlässt Schwarz für die Qualität die Initiative. Der Nachziehende steht dabei trotz des Minusmaterials etwas besser.] 19...Lg4!? [ 19...Sef3+! 20.Lxf3 g6 21.Dxg5! ( 21.Dh6 Sxf3+ 22.Kg2 d4! 23.exd4 ( 23.Kxf3 Lxh3 24.Txd4 Dc6+ 25.Sd5 Lxf1 ) 23...Ld5 24.Sxd5 ( 24.Tc1 Sd2+ 25.Kh2 Sxf1+ 26.Txf1 sieht Schwarz im Vorteil.) 24...Dxd5 gewinnt.) 21...fxg5 22.Sxd5 De8 ( 22...Txf3 23.Sf6+ Txf6 24.Txd7 Lxd7 25.Lxf6 Tc2 26.a4 Le6 ist ausgeglichen.) 23.Lg2 und Weiß steht wegen des starken schwarzfeldrigen Läufers in Verbindung mit dem tückischen Springer auf d5 nicht schlechter.] 20.hxg4 g6 21.Lxd5+ Kg7 2.Dxg5! Aus der Not heraus geboren. [ 22.Dh4 scheint im ersten Moment die einfachere Lösung zu sein. Doch 22...Sef3+ 23.Lxf3 Sxf3+ 24.Kh1 De6! ( 24...Dc6? 25.Dh3 Sd2+ ( 25...h5? 26.gxh5 Th8 27.Dd7+ ) 26.Dg2 Sxf1 27.Txf1 reicht nicht.) 25.Dh3 h5 26.Td4 hxg4 27.Dxg4 Sxd4 28.Dxe6 ( 28.Dxd4 Dh3+ 29.Kg1 Th8 ) 28...Sxe6 bietet Schwarz im Endspiel die besseren Aussichten.] 22...fxg5 23.Se4 Weiß spielt nun auf die Fesselung des Springers, die sich dank des starken Läufers auf b2 als äußerst unangenehm erweist. [ 23.Se2 Tfe8 24.f4 gxf4 25.gxf4 Tc2 26.Lxe5+ Txe5 27.Lf3 Db5 28.fxe5 Txe2+ 29.Lxe2 Dxe2+ 30.Kg3 Dxe3+ 31.Kg2 Dxe5 32.Td7+ Kh6 ist erneut für Schwarz etwas vorteilhafter.] 23...De7 [ 23...Tfe8 24.Sxg5 Dxg4 25.Sf3 Tc2 26.Ld4 Kf8 27.Sxe5 Txe5 28.Lxe5 Dh5+ 29.Kg2 Dxe5 führt zu einer ausgeglichenen Position.] 24.Td2 Tfd8 25.Kh1 Kf8 26.f4 Txd5?? [ 26...Sf3! 27.Txf3 Txd5! 28.fxg5+ Tf5 29.gxf5 Dxe4 30.Tdf2 gxf5 31.Kg1 Kg8 32.Txf5 Dxe3 33.Kh2 mit gleichem Spiel.; 26...Sxg4? 27.fxg5+ Ke8 28.Tf4 verliert für den Nachziehenden.] 27.fxe5+! Den Zwischenzug hatte Dittmar "verdrängt". 27...Kg8 28.Txd5 Tf8 29.Sf6+ Txf6 30.Txf6 Db4 31.Td8+ Kg7 32.Tf2? Müht sich noch ab. Sofort gewinnt [ 32.Td7+! Kh6 ( 32...Kg8 führt ebenso zum Matt. 33.e6 De4+ 34.Kg1 Dxe3+ 35.Kf1 Db6 36.Tf2 Db5+ 37.Kg1 Db6 38.Tg7+ Kh8 39.Txg6+ Dd4 40.Lxd4# ) 33.Tff7 De1+ 34.Kg2 De2+ 35.Kh3 und der schwarze Monarch wird umgehend zur Strecke gebracht.] 32...De4+ 33.Kg1 Dxe3 34.e6+ Kh6 35.Kf1 Dxg3 36.e7 Dh3+ 37.Ke1 De3+ 38.Te2 Dg3+ 39.Kd1 1-0

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