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Curaçao nicht immer so süß wie der Likör

Amsterdam im Taschenformat, nur sonniger

von FM Hartmut Metz, November 2003

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   Den Namen hat jeder schon mal gehört: Curaçao. Fast das einzige, was die karge Insel exportierten kann, trägt auch ihren Namen: ein süßer Likör, der Mixgetränke so hübsch blau macht - von den Konsumenten erst gar nicht zu sprechen bei 30 Prozent Alkoholanteil. Die Weltmarke kam aber nur aus Enttäuschung zu Stande. Die anfängliche Begeisterung der kleinwüchsigen Spanier um Entdecker Amerigo Vespucci, der im Sommer 1499 das 90 Kilometer vor Venezuela liegende Eiland entdeckte, wich rasch der Ernüchterung. Die "Islas de los Gigantes" (Insel der Riesen), wie sie Vespucci wegen der um einen Kopf größeren Eingeborenen, den Caiquetio, taufte, wurde bald in "Nutzlose Insel" umbenannt.

   Von Gold und Silber, dem die Iberer überall nachjagten, weit und breit keine Spur - selbst Plantagen ließen sich auf den 444 Quadratkilometern nicht ertragreich bewirtschaften. Mit ihren Valencia-Orangen starteten die Spanier einen letzten Versuch. Doch auch die saftig-süßen Früchte verkrüppelten bei Temperaturen um 30 Grad und minimalen Niederschlägen.

 

Curaçao

 

   Die Spanier waren längst vertrieben - 1634 nahmen die Holländer Curaçao wegen des geschützten Binnenmeers, dem Schottegat, ein -, als sich Botaniker mit der neuen Orangensorte Citrus aurantium var. currassaviensis beschäftigten. Ansonsten zeigten nicht einmal die Ziegen Interesse an der ungenießbaren, wild wachsenden Frucht mit der dicken Schale. Nachdem angeblich in Indien entdeckt wurde, dass die Wildorange reich an ätherischen Ölen ist, kam ein bis heute Unbekannter auch noch auf die zündende Idee, das Öl der grünen unreifen Bitterorange zur Herstellung eines Likörs zu verwenden. Mit Zimt, Zucker und Gewürznelken war der Curaçao-Likör kreiert. Blau, orange, rot, weiß und grün schimmert das farbenfrohe Getränk in den Flaschen, die von den Touristen gerne als Mitbringsel in die Niederlande und in die USA geschleppt werden.

   Von dort kommen die meisten Besucher auf die Niederländischen Antillen. Die aus den Staaten, weil es mit dem Flieger nur zwei Stunden von Miami aus sind. Zudem können sie mit einem Kreuzfahrtschiff die ABC-Inseln Aruba, Bonaire und Curaçao im Zwei-Tage-Rhythmus abklappern. Bon bini! "Willkommen" heißt es dabei in diesem Jahr nicht nur auf jedem Autoschild in Papiamentu, der vorherrschenden Kreolen-Sprache. Auf der größten Insel der Niederländischen Antillen werden die "Passagiere des Dampfers X" ebenso gerne in den Geschäftsauslagen mit per Hand gekritzelten Plakaten begrüßt.

 

Curaçao

 

   Die 140 000 Einwohner Curaçaos brauchen jeden zahlungskräftigen Besucher. Außer Touristen bringen nur noch Briefkastenfirmen und die Ölverarbeitung im Hafen von Willemstad ordentlich Devisen. Bonaire, Curaçao und die drei kleinen S-Inseln - Sint Maarten, Sint Eustatius und Saba - hängen deswegen am finanziellen Tropf der Niederlande. Daher wagte lediglich das touristische Traumziel Aruba 1986 den Absprung aus den 1954 gegründeten Niederländischen Antillen in eine beschränkte Autonomie. Die restlichen Insulaner votierten gegen diesen Schritt.

 

Curaçao

 

   Neben den US-Amerikanern pilgern daher die Holländer in Scharen auf die Antillen. Sie fühlen sich dabei wie zu Hause: Die Amtssprache bleibt dieselbe, und Willemstad wirkt wie Amsterdam im Taschenformat - nur sonniger. Der 1634 erbaute Stützpunkt, heute Regierungssitz, heißt bezeichnenderweise Fort Amsterdam.

   Insel-Hopping nach Aruba und auf die anderen Antillen-Nachbarn (Flüge kosten um die 150 Dollar) beziehungsweise in die 45 Flugminuten entfernte Hauptstadt Venezuelas, Caracas, empfiehlt sich bei einem längeren Aufenthalt. Ein mehrwöchiger Urlaub auf Curaçao ist ansonsten nur lohnenswert, wenn man sich gerne ausgiebig am Strand aalt oder dem Wassersport, vor allem Tauchen oder Schnorcheln, frönt. Schöne Buchten mit tropischen Fischen gibt es genug. Auf der 61 Kilometer langen Insel mangelt es wegen der Millionen Jahre alten versteinerten steilen Korallenriffe lediglich im Norden und Nordosten an Sandstränden. Mittendrin in Nord-Curaçao der Christoffelpark, Heimat vieler Kakteen, Leguane und Echsen samt dem Sint Christoffelberg. Die höchste Erhebung hat für die Flachländer aus den Niederlanden die zu Hause nie gesehene stolze Höhe von 375 Metern!

 

Curaçao

 

   Die zwischen fünf und zwölf Kilometer breite Insel ist mit zwei, drei Tagestrips außerhalb Willemstads ausreichend erkundet. Die Broschüren des Tourismus-Büros in Curaçao schwärmen zwar von den vielen Sehenswürdigkeiten und Künstlern des Eilands, aber sie sind kaum der Rede wert. Vor allem das angepriesene Seaquarium enttäuscht. Die befragten Besucher reute ausnahmslos die Ausgabe von 27 Florin (rund 15 Euro). Die Aquarien mit den Südseefischen sind schön anzuschauen. Die Hai-Fütterung macht vor allem Kindern Spaß. Ganz schwach ist jedoch die groß angekündigte Delfin-Show.

   Die überwiegende Zahl der Insulaner lebt in der einzigen Stadt, Willemstad. Dort pulsiert das Leben, dort gibt es einige Sehenswürdigkeiten wie den schwimmenden Markt im Waaigat, wo Händler aus Venezuela ihre Waren - vornehmlich Fisch, Fleisch und Obst - feilbieten. Sie erzielen gute Preise in dem für karibische Verhältnisse reichen Land, das selbst Nahrungsmittel wie Oliven aus der EU importieren muss. Im alten Stadtkern von Punda, rund um das alte Fort Amsterdam, haben sich zahllose Läden angesiedelt, die zum preisgünstigen Shoppen einladen. Weniger günstig sind hingegen Restaurants, die weit mehr verlangen als in Deutschland üblich.

 

Curaçao

 

   Günstiger wird es auf der "anderen Seite" (auf Papiamentu: Otrobanda) der St. Annabai. Einige verwahrloste Gässchen sollte man allerdings in Otrobanda nachts meiden. Immerhin schicken "freundliche" Räuber, die einem in der Dunkelheit noch das Messer an die Kehle gesetzt hatten, den Personalausweis ins Hotel ... Bei helllichtem Tag lohnt jedoch der Gang über die Ponton-Klappbrücke Emmabrug. Wenn die "schwingende alte Lady" nicht gerade wegen eines einfahrenden Schiffes ans andere Ufer wegschippert, läuft der Tourist direkt von ihr aus auf die sehenswerten Häuser im holländischen Kolonialstil zu. Im Rücken befinden sich dann an der Handelskade in Punda ähnlich farbenfrohe Gebäude. Das berühmteste aus der Kolonialarchitektur des 18. Jahrhunderts ist das Penha.

   Von den Schrecken dieser Zeit kündet Kura Hulanda. Eigentümer Jakob Gelt Dekker integrierte ein Museum in den piekfeinen Gebäudekomplex mit Appartements, Bars, Restaurants und einem Pool mit Wasserfall. Es berichtet von den von den Spanier ausgerotteten Caiquetio, den etwa 2500 v. Chr. aus Venezuela gekommenen Ureinwohnern, und der Sklaverei. Allein dabei schon bedrückend die Enge unter einem alten Schiffsdeck für die bedauernswerten Kreaturen. Bis auf ein französisches (1713) und englisches Intermezzo (1800- 1803 und 1807-1815) trieb die holländische West Indische Compagnie ihr Unwesen auf der Insel, die lediglich als Flottenstützpunkt für ihre Piratenzüge nützlich war.

   Ach ja, der Bootstrip in Richtung Sonnenuntergang darf in der Karibik natürlich nicht fehlen. In diesem Fall ist es durchaus auch erlaubt, in die offenen Münder ein Likörchen mit bekanntem Namen zu gießen - selbstverständlich nur, damit man schmeckt, wo man sich derzeit befindet, und wie süß das Leben sein kann.

 

Steckbrief

Anreise: KLM fliegt die Karibik-Insel täglich von zahlreichen europäischen Flughäfen (darunter auch Frankfurt) aus an. Deutlich am günstigsten ist der Abflug ab Amsterdam-Schiphol. Seit Air Holland ebenfalls Curaçaos Hauptstadt Willemstad ansteuert, sanken die Preise deutlich aus dem vierstelligen Bereich auf unter 500 Euro. Die Flugzeit für die etwa 9 500 km lange Strecke beträgt rund neun Stunden, die Zeitverschiebung fünf (Winter) beziehungsweise sechs Stunden (Sommer).

Klima: Die durchschnittliche Temperatur auf dem tropischen Eiland liegt bei 27 Grad. Meist ist es sehr schwül, manchmal leicht bewölkt. Die Passatwinde aus Osten vertreiben die Wolken jedoch rasch. Selbst in der Regenzeit von Oktober bis Februar regnet es nur selten und dann auch meist nachts.

Literatur: Es gibt lediglich ein Werk über die ABC-Inseln: "Aruba - Bonaire - Curaçao - Natur und Kultur in der niederländischen Karibik entdecken" von Linda O' Bryan und Hans Zalgitsch (Peter Meyer Reiseführer/ISBN 3-922057-28-4). Das 312 Seiten starke Werk zum Preis von 19,95 Euro gibt zwar einige gute Hinweise, ist allerdings vor sieben Jahren geschrieben und nicht mehr aktualisiert worden. Einen kompakteren deutschsprachigen Inselführer (160 Seiten) erhalten Besucher im Touristikbüro von Willemstad. Der Band ist farbig und besser gestaltet, stammt jedoch auch von 1996.

Sprache: Amtssprache ist Holländisch. 90 Prozent der Einheimischen sprechen Papiamentu, die Sprache der Kreolen. Weil sich in dieser viele holländische, spanische und englische Einflüsse finden und die meisten Touristen (vor allem aus den USA) aus diesen Sprachkreisen kommen, beherrschen viele der Insel-Bewohner auch diese Sprachen.

Währung: Offizielle Währung ist der niederländisch-antillianische Gulden, der auch Florin genannt wird. Für einen Euro bekommt man ungefähr 1,85 Gulden. Überall werden aber auch US-Dollar als Zahlungsmittel anerkannt. In vielen Geschäften, Hotels, Restaurants und Bars werden die Preise in Gulden und Dollar ausgewiesen.

Info: Regionalvertretung Fremdenverkehrsamt Curaçao, Vasteland 82-84, NL-3011 BD Rotterdam, Telefon: (00 31) 1 04 14 26 39; Fax: 1 04 13 68 34; E-Mail: info@ctbe.nl

www.curacao.de
www.curacao-tourism.com
www.curacao.com

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