Startseite Rochade Kuppenheim

Drei Kaffee kosten 100 000 Dollar

Artur Jussupow hält Doping-Kontrollen für unsinnig

von Hartmut Metz, 9. November 2002

mehr Schachtexte von Hartmut Metz

 

   Grausen verursacht jede Prüfung. Wie gerne würde man ein Wunderpillchen einwerfen, das das eigene geistige Leistungsvermögen dem IQ von Albert Einstein anpasst. Aber selbst der geniale Physiker ist in der Schule einmal sitzen geblieben - eben weil es kein Mittelchen gibt, um die grauen Zellen auf Vordermann zu bringen. Daher sind sich die Experten einig: Das Gehirn ist nicht zu dopen. Das hält den Schach-Weltverband FIDE indes nicht ab, seine Spieler neuerdings auf Dopingmittel zu untersuchen.

   Bei der 35. Schach-Olympiade im slowenischen Bled geht's vom Brett direkt aufs Töpfchen. Sündern droht eine Buße von 100.000 Dollar. Dass diese drakonische Geldstrafe akzeptiert wird, ließ sich der chronisch klamme Verband von jedem Teilnehmer aus 135 Ländern per Unterschrift zusichern. Ein Affront für viele Großmeister, von denen bis auf wenige Topstars die meisten von der Hand im Mund leben. Vor allem die USA und Deutschland treten deshalb arg geschwächt an. Der Silbermedaillen-Gewinner von 2000 muss auf Robert Hübner und Artur Jussupow verzichten. Beide ehemaligen WM-Kandidaten verweigern sich den ihrer Ansicht nach unsinnigen Untersuchungen. Deutschland liegt trotz der Schwächung vor den letzten Duellen am Wochenende in Reichweite der Bronzemedaille.

   Der Weltverband hatte die Dopingkontrollen eingeführt, weil IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch die Hoffnungen der Schachspieler genährt hatte, ihr Denksport könne olympisch werden. Sein Nachfolger auf dem Thron des Internationalen Olympischen Komitees, Jacques Rogge, bevorzugt jedoch lieber Rugby. Bis 2008 in Peking ist Schach, das in Sydney Demonstrationswettbewerb war, ausgebootet.

 

Artur Jussupow

Artur Jussupow

 

   Jussupow, der bei einem Raubüberfall in Moskau niedergeschossen wurde, knapp überlebte und daraufhin 1991 auswanderte, schließt momentan ein Comeback im Nationalteam aus. Der 42-Jährige sieht sich einem "FIDE-Tribunal ausgeliefert, das mich an die stalinistischen Verfahren in den 30er Jahren erinnert". Kontrollen verweigere er sich, so lange der Weltverband nicht exakt definiere, was unter Doping im Schach zu verstehen sei. Der berühmte Buchautor und Schachlehrer befindet sich in der komfortablen Lage, künftig auch auf zusätzliche lukrative Einsätze in der Schweiz verzichten zu können. Die Eidgenossen führen nun im Gegensatz zur Bundesliga, in der Jussupow für Solingen spielt, auch Doping-Kontrollen ein.

   Doch nach was wird überhaupt gesucht? Dienen anabole Steroide dazu, eher Hanteln als kleine Holzfiguren stemmen zu können, ist keine Substanz bekannt, die die Gehirnwindungen auf Trab bringt. Dopingfahnder Wilhelm Schänzer jedenfalls fällt auf Anhieb keine nützliche Substanz ein. Lediglich Koffein erhöhe als "Stimulans die Aufmerksamkeit". Sportlern empfiehlt der Kölner Professor, generell auf Kaffee zu verzichten. Zwei Tassen à 150 ml schwarz gebrauten Kaffee können nämlich genügen, um die Grenze zum Doping zu überschreiten. Die Halbwertszeit von Koffein liegt bei etwa sechs Stunden. "Das ist für mich ganz gefährlich", weiß Jussupow, der in den vier, fünf Stunden einer Partie bis zu sechs Tassen Kaffee trinkt.

   Schänzer hält die Wirkung von Koffein für Sportler jedoch auch für zweifelhaft: "Es erhöht die Konzentration, die Koordination leidet aber darunter. Koffein kann zu Muskelzittern führen." Dr. Helmut Pfleger, seines Zeichens praktizierender Mediziner und Großmeister, haut in dieselbe Kerbe: "Schach ist wohl die berühmte Ausnahme von der Regel. Sowohl dämpfende als auch stimulierende Substanzen haben unliebsame Nebenwirkungen", meint der Münchner und ergänzt, "in kleinen Dosen besitzt Koffein anregende Wirkung. In größeren Mengen überwiegen indes die negativen Kreislaufwirkungen zum einen, Störungen des klaren Denkens zum anderen."

   Auch Pillen nutzen nichts, wie Pfleger seit dem Weltklasseturnier 1979 in München weiß, bei dem er die Teilnehmer untersuchte. "Vor meiner Partie mit Ex-Weltmeister Boris Spasski nahm ich Beta-Blocker mit katastrophalen Folgen: Pulsfrequenz und Blutdruck sanken in den Keller. Mit großem Gleichmut spielte ich einen ziemlichen Käse und verlor sang- und klanglos."

   Nachstehend eine Partie von der Olympiade zwischen Spanien und Schottland. Mit welchem Opfer gewann Weiß in wenigen Zügen?

 

Schach: Opferkombination

Weiß am Zug gewinnt in wenigen Zügen (die Lösung des Schachrätsels weiter unten auf der Seite)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Lösung des kleinen Schachrätsels:

 










W: Vallejo Pons S: Motwani

 

21.Sxg6! hxg6 22.Te7 Df6 [22...Tf7 23.Te8+ Tf8 (23...Kh7 24.Sg5+ ) 24.T1e7 mit Angriff.] 23.Lxg6 Ld8 24.Lh7+ Kh8 25.Sh4! Lxe7 26.Txe7 Dxe7 27.Sg6+ Kg7 28.Sxe7 Tf6 29.Lg8 1-0

vorherige Meko Meko-Übersicht nächste Meko