Erregter Zeugwart eines ComputersMathias Feist empfindet Deep Fritz wie ein eigenes Kindvon Hartmut Metz, 19. Oktober 2002 |
Mathias Feist ist nicht nur einer der Programmierer von Deep Fritz. Der 41-Jährige sitzt bis heute in Bahrain Wladimir Kramnik Auge in Auge gegenüber. Spannend bis zur achten und letzten Partie verläuft das Duell "Mensch gegen Maschine". Der Verbandsliga-Akteur (4. Liga) würde an mancher Stelle stärker spielen als sein Programm. Doch der Informatiker aus Tostedt greift nicht ein und degradiert sich bei den Zügen zum reinen Erfüllungsgehilfen. Das BT unterhielt sich mit Feist.
Anfangs zitterten noch die Hände, wenn Mathias Feist (links) gegen Wladimir Kramnik einen Zug auszuführen hatte (Foto: Chessbase)
BT: Herr Feist, wer ist aufgeregter während der Partien: Sie als Bediener von Deep Fritz oder Kramnik?
Mathias Feist: In der ersten Partie haben meine Hände gezittert, als ich die Züge ausführte. Kramnik dagegen war viel ruhiger. Für mich ist das eine einzigartige Erfahrung. Die Aufregung legt sich aber von Partie zu Partie.
BT: In der zweiten Partie stellte Deep Fritz den Läufer im zwölften Zug wieder auf sein Ausgangsfeld f8 zurück. Jeder Amateur wusste sofort, dass andere Läuferzüge besser sind. Will man, ja muss man da nicht in die Partie eingreifen und den Läufer nur nach e7 zurückziehen?
Feist: Natürlich würde ich in solchen Fällen gerne selbst eingreifen. Ich bin jedoch nur das ausführende Element. Ich würde mich das auch kaum trauen: Der Grund des Zuges könnte in einer versteckten Taktik liegen, die ich nicht durchschaue.
BT: Welche Gefühlswallungen sind ausgeprägter: Wenn Sie selbst einen Wettkampf bestreiten oder wenn Ihr Programm gewinnt oder verliert?
Feist: Das ist einfach zu beantworten: Die Gefühle sind viel stärker, wenn Fritz spielt. Das ist wie ein eigenes Kind, das eine Partie spielt. Es steckt so viel Arbeit darin, dass die Identifikation sehr groß ist. Meine eigene Position im Schach als passabler, aber keineswegs herausragender Spieler habe ich schon lange akzeptiert.
BT: Existiert gar ein Wir-Gefühl mit der Maschine?
Feist: Das ist ganz klar der Fall, das Programm ist nur ein kleiner Teil des Matchs. Es sind auch die Teams dahinter.
BT: Gönnen Sie uns abschließend einen Tipp, wie auch Nicht-Weltmeister Deep Fritz schlagen können.
Feist: Im Modus "Freund" spielen
Nachstehend die fünfte Partie, in der Kramnik durch einen Patzer seine komfortable 3:1-Führung einbüßte.
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W: Deep Fritz S: Kramnik
1.d4
Sf6
2.c4
e6
3.Sf3
d5
4.Sc3
Le7
5.Lg5
h6
6.Lh4
0-0
7.e3
Se4 Mit der
Lasker-Verteidigung des klassischen Damengambits strebt Kramnik wie gewohnt
Vereinfachungen an. |
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