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Der Garri Kasparow des Shogi

Japaner Yoshiharu Habu ein vorzüglicher Gelegenheits-Schachspieler

von Hartmut Metz, 22. Juni 2002

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   Yoshiharu Habu gilt als Pendant zu Garri Kasparow. Was das russische Genie im Schach ist, stellt der Japaner im Shogi dar: Er gewann bisher als einziger Spieler die sieben wichtigsten Turniere in Folge, die im Land der aufgehenden Sonne mit bis zu 350 000 Euro dotiert sind. Habu gewann phänomenale 74 Prozent seiner Begegnungen. In Japan ist der Denkstratege so beliebt wie Sumo-Ringer und sein Gehirn dient gerne als Studienobjekt von Wissenschaftlern.

   Obwohl Habus Landsleute gerne Denkspielen frönen, ist Schach dort kaum verbreitet. Dafür beherrschen über zehn Millionen das "Spiel des Generals", wie Shogi übersetzt heißt. 100 000 betreiben es aktiv, 130 Männer und 50 Frauen leben als Profis davon. Das Brett umfasst neun mal neun Felder, auf denen sich zweimal 20 Figuren - darunter der Shogun, der König - tummeln. Über die Geschichte des Spiels streiten sich noch die Geister. Einige datieren den Ursprung auf 800 bis 1200 nach Christus in China oder Korea. Andere wiederum beharren auf dieselben arabischen Wurzeln, denen auch Schach entstamme. Verbürgt sind Shogi-Vorformen seit dem 12. Jahrhundert, mit den heutigen Regeln wird es seit dem 16. Jahrhundert gespielt.

   Der Träger des 9. Profi-Dan im Shogi brachte sich vor zehn Jahren selbst das königliche Spiel mittels eines Buchs bei. Bereits bei seiner zweiten Turnierteilnahme gelang ihm eine Norm zum Internationalen Meister (IM). Die zweite von drei erforderlichen Normen für den zweithöchsten Schach-Titel wollte Habu nun beim zweiten Pariser Meisterturnier des NAO-Schachklubs unter Dach und Fach bringen. Habus Teilnahme garantierte dem kleinen neunrundigen Wettbewerb internationales Aufsehen. Das Shogi-Ass verpasste zwar mit 4,5 Punkten die angestrebte zweite IM-Norm, teilte jedoch mit der russischen Schach-Legende Mark Taimanow einen Platz im Mittelfeld.

   Weniger die unterschiedlichen Ziehweisen beim Shogi und Schach machen Habu am meisten bei der Umstellung zu schaffen. "Am schwierigsten finde ich, sich ständig an den wechselnden Rhythmus einer Schachpartie anzupassen. Eine Stellung kann entweder schnelle, energische Aktionen erfordern, ruhigeres Positionsspiel oder aber noch etwas anderes", erklärt der 31-Jährige und setzt fort, "im Shogi ist der Rhythmus einer Partie weitaus stabiler. Die Eröffnung verläuft meist recht langsam, während Endspiele immer Wettrennen sind." Gemeint sind hierbei eigentlich Mattangriffe, denn herkömmliche "Endspiele" mit wenigen Steinen gibt es im Shogi nicht, weil man die eroberten gegnerischen Figuren selbst einsetzen darf. Deshalb gilt: "Der Rhythmus von Shogi wird niemals langsamer, er beschleunigt sich nur."

   In der folgenden Partie bezwang Habu den starken französischen IM Cyril Marcelin - im Endspiel.

 










W: Habu S: Marcelin

 

1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 Sf6 4.0-0 Sxe4 5.d4 Sd6 6.Lxc6 dxc6 7.dxe5 Sf5 8.Dxd8+ Kxd8 9.Sc3 Ke8 10.b3 a5 11.Lb2 Lb4 12.Se4 a4 13.a3 Le7 14.b4 h5 15.Tad1 Le6 16.Tfe1 b6 17.Sfg5 Td8 18.Txd8+ Kxd8 19.Sxe6+ fxe6 20.c4 Kc8 21.Td1 b5?! 22.c5 Ungeachtet der Läufer legt Habu gerne seine Bauern auf deren Farbe fest. Das konnte nicht nur bei dieser Partie in Paris festgestellt werden. Eben wie ein Shogi-Spieler schätzt der Japaner mehr den Raumvorteil als langfristig negative positionelle Effekte. 22...Tf8 23.Lc1 Sh4 24.f4 Sf5 25.g3 Td8 26.Txd8+ Kxd8 27.Kf2 Ke8 28.Lb2 Kf7 29.Kf3 Kg6 30.h3 Sh6 31.g4 hxg4+ 32.hxg4 Ld8 33.Ld4 Sf7 34.Sg3 Sh6 35.Se2 Lh4 36.Lc3 Verhindert das Eindringen des Läufers auf e1. Auf Grund der limitierten Möglichkeiten der durch die Bauernketten eingeengten schwarzen Figuren kann Habu gemächlich seine Stellung verstärken. 36...Sf7 37.Sd4 Sd8 38.Ld2 Kf7 39.f5 Nun muss der Vorstoß erfolgen, um g6 zu unterbinden. Der Figurengewinn durch das Manöver 39.g5? g6 (39...Lxg5!! 40.fxg5 g6 und es gibt kein Durchkommen für den weißen Läufer und den König in der blockierten Stellung. ) 40.Kg2 und der Drohung Sf3 reicht hingegen nicht aus 39...exf5 40.Sxf5! Nur auf den ersten Blick wirkt die Verbindung der Freibauern mit 40.gxf5 stärker. Schwarz ist forciert verloren. 40...g5 40...Le7 41.Sxe7 Kxe7 42.Lg5+ Kd7 43.Lxd8 Kxd8 ergibt ein für Weiß leicht gewonnenes Bauernendspiel. 41.Sd4 Kg6 42.Ke4 Lf2 43.e6! Droht e7 mit Bauernumwandlung. 43...Kf6 44.Lxg5+! [44.Lxg5+ Kxg5 45.e7 ] 1-0

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