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Ich will erfolgreicher als Anna Kurnikowa sein"

Interview mit Vizeweltmeisterin Alexandra Kostenjuk / "Duell der Grazien" in Mainz gegen Erzrivalin Elisabeth Pähtz

von Hartmut Metz, August 2002

mehr Schachtexte von Hartmut Metz

 

   Alexandra Kostenjuk verzückt mehr Fans als die weltbesten Schachspieler. Das liegt weniger an den starken Zügen, die der 18-jährigen Moskowiterin im Dezember in ihrer Heimatstadt immerhin zur Vizeweltmeisterschaft verhalfen. Die Großmeisterin, die bereits mit 14 den höchsten Frauen-Titel errang, rückte durch freizügige Fotos auf der Webseite des Weltverbandes FIDE als Schach-Lolita in den Mittelpunkt. Der Kosmetik-Riese L'Oreal sicherte sich inzwischen die Dienste der "Anna Kurnikowa des Schachs". Alexandra Kostenjuk spielt vom 15. bis 18. August bei den Chess Classic Mainz. Nach einem Simultan an 25 Brettern trifft die Russin in der Rheingoldhalle im "Duell der Grazien" auf ihre Erfurter Dauerrivalin Elisabeth Pähtz (17). Gleichzeitig tragen auch FIDE-Weltmeister Ruslan Ponomarjow (Ukraine) und sein Vorgänger Viswanathan Anand - der Inder ist als weltbester Schnellschachspieler Titelverteidiger in Mainz - ein Match über acht Partien aus. Mit Alexandra Kostenjuk sprach Hartmut Metz.

  

Alexandra Kostenjuk

 

Frage: Zahllose Gazetten nennen Sie die "Anna Kurnikowa des Schachs". Nervt Sie inzwischen dieser ständige Vergleich?

Alexandra Kostenjuk: Nein, das macht mir nichts. Die Magazine können mich heißen, wie sie wollen. Im Prinzip ist es ein interessanter Vergleich.

Frage: Welchen Hauptunterschied zwischen sich und der ebenfalls aus Russland stammenden Tennis-Schönheit sehen Sie?

Kostenjuk: Ich hoffe, dass ich in meiner Karriere erfolgreicher sein werde als sie.

Frage: Kurnikowa gilt als Zicke, die nach Niederlagen nur freundlich ist, wenn Kameras laufen. Sie lachen häufiger.

Kostenjuk: Natürlich. Ich stehe allen Leuten offen gegenüber. Ich habe keinen Grund, rüde mit anderen Menschen umzuspringen. Ich mag es außerdem, mich mit Leuten aus anderen Ländern zu unterhalten.

Frage: Welche Schachspieler und -spielerinnen finden Sie besonders attraktiv?

Kostenjuk: Da spricht mich niemand besonders an, weder bei den Herren noch den Damen.

Frage: Wer kam auf die Idee, die Fotos zu schießen, die Sie über die FIDE-Webseite berühmt machten?

 

Alexandra Kostenjuk

 

Kostenjuk: Das war die Idee der FIDE-Commerce. Die Vermarktungsgesellschaft wollte eine FIDE-Schach-Kollektion herausbringen. Die FIDE-Commerce lud mich ein, als Model die Kleidung zu präsentieren.

Frage: Die FIDE-Kollektion ist im Gegensatz zu Ihnen nicht bekannt geworden. Sie mögen diese Fotos, die Sie bei einigen wenigen freizügig als Schach-Lolita präsentieren, noch immer?

Kostenjuk: Ich verstehe nicht ganz, was Sie meinen. Ich war während des Foto-Shootings 17. Die meisten Bilder sind puristisch auf Schach bezogen und recht künstlerisch. Zudem schätze ich die Fotos, weil sie eine andere Seite von mir zeigen.

Frage: Auf Grund dieser wurden Sie auf der Webseite des Software-Herstellers ChessBase zum "Spieler des Jahres" gewählt. Natürlich ist der Gewinn der Vizeweltmeisterschaft bei den Damen ein Erfolg, hätte jedoch der weniger attraktive Weltranglistenerste Garri Kasparow, der Zweiter wurde, diese Auszeichnung nicht mehr verdient?

Kostenjuk: Diese Frage sollten Sie den vielen Leuten stellen, die abstimmten! Meist fließen doch zahlreiche Faktoren in solche Wahlen ein - und ich kann nichts Negatives daran finden. Auf jeden Fall freut es mich gewaltig, so viele Fans zu haben.

Frage: Wechseln wir das Thema und reden über Schnellschach. Im spanischen Manises unterlagen Sie im Finale Schach-Legende Anatoli Karpow zwar mit 1:3, konnten ihn jedoch auch in einer Partie schlagen. Ihr bisher größter Erfolg?

Kostenjuk: Natürlich war ich glücklich, Karpow in einer Partie bezwungen zu haben - aber letztlich verlor ich das Match mit 1:3. Das will ich bei nächster Gelegenheit besser machen. Ich versuche mein Spiel ständig zu verbessern. Gelingt mir das, wird der Rest wie Titel und gute Resultate folgen.

 

Alexandra Kostenjuk

 

Frage: Bei den Chess Classic Mainz fordert Sie WM-Achtelfinalistin Elisabeth Pähtz heraus. Bisher liegt die ein Jahr jüngere Erfurterin nach zahlreichen gemeinsamen Jugend-Meisterschaften in der direkten Bilanz mit 3,5:2,5 in Front. Schlagen Sie die Spitzenspielerin des deutschen Meisters Dresden trotzdem?

Kostenjuk: Elisabeth Pähtz ist eine talentierte Schachspielerin. Ich bin mir sicher, dass das "Duell der Grazien" sehr interessant wird. Eine Prognose will ich keine abgeben, das mag ich nicht. Was ich aber versprechen kann, ist, dass ich mein Bestes geben werde, um sie zu schlagen!

Frage: Elisabeth Pähtz meinte, die Rivalität zwischen Ihnen beiden wäre vor allem eine Rivalität der Väter.

Kostenjuk: Klar, unsere Väter wollten das Beste für uns und opferten entsprechend alles, um uns zu dem zu machen, was wir heute sind. Ob noch mehr daraus wird, liegt jetzt an uns.

Frage: Sie preisen Ihren Vater für all seine Anstrengungen und Schach-Lektionen, die er Ihnen zuteil werden ließ. Der Vater von Elisabeth, Thomas Pähtz, ist selbst Großmeister. Ein Vorteil für die Konkurrentin?

Kostenjuk: Diese Frage kann ich nicht beantworten.

Frage: Sie schreiben gerne Gedichte. Mit welchen Themen befassen Sie sich in diesen bevorzugt?

Kostenjuk: Die über Gefühle schreibe ich am liebsten. Meine eigenen Lieblingsgedichte finden sich sowohl auf meiner Webseite www.kosteniuk.com als auch in meinem Buch "How I became Grandmaster at age 14".

Frage: Außer Denksport mögen Sie auch noch anderen?

Kostenjuk: Ich mag jede Art von Sport, besonders Fußball, Laufen, Schwimmen, Ski fahren, Rad fahren und Roller-Skating.

Frage: Ihr Kommentar zur Fußball-WM?

Kostenjuk: Das miserable Abschneiden des russischen Teams war mehr als enttäuschend. Ich hoffe, dass es bei der nächsten Weltmeisterschaft in Deutschland besser spielt.

Frage: Elisabeth Pähtz zählt anscheinend zu denen, die Sie für nicht hübscher als andere Großmeisterinnen halten. Sie lästerte, jede sehe mit etwas Make-up gut aus.

Kostenjuk: Offensichtlich kann ich nicht beipflichten. Aber ich bin mir sicher, sie findet volle Zustimmung bei Kosmetik-Hersteller L'Oreal, der daran gewiss Gefallen hat, wenn jeder exakt das glaubt!

Frage: Das heißt, der Weltkonzern offerierte Ihnen einen Vertrag? Für welche Produkte sollen Sie werben? Und steht diese Werbung auch im Zusammenhang mit Schach?

 

Alexandra Kostenjuk

 

Kostenjuk: Leider kann ich zu Vertragsangelegenheiten nichts sagen. Ich bitte um Ihr Verständnis.

Frage: Schade. Elisabeth Pähtz will vor dem "Duell der Grazien" am 16. August unbedingt zum Friseur gehen. Wie sieht Ihre Vorbereitung aus?

Kostenjuk: Ich werde mich aufs Schach konzentrieren. Alles andere wird wie üblich sein.


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