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Das Balzverhalten des Homo Kaesseffiensis

Ein pseudowissenschaftlicher Fotoroman zur deutschen Schach-Hochzeit des Jahres von Veronika Werner, Spitzenspielerin der Karlsruher SF (KSF) und Teamkapitän Holger Kiefhaber

von Von Prof. Prof. Dr. Dr. Hartmut M. Kuppenheimer, November 2002

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Veronika Werner und Holger Kiefhaber   Veronika Werner und Holger Kiefhaber

 

   Während Eichhörnchen und Braunbär anfangen, Nüsse zu sammeln oder sich Speck für den tiefen Winterschlaf anzufressen, scheint den Homo Kaesseffiensis die nahende Kälte und die kurzen Tage wenig zu scheren. Das drahtige Männchen vernachlässigt nicht nur die Nahrungsaufnahme und -suche, sondern schmilzt völlig kontraproduktiv die wichtigen Pfunde durch überflüssiges tägliches langes Laufen ab! Die vergeudete Energie hält den kecken Burschen nicht davon ab, sich mit Paarungsgedanken zu tragen! Da! Ein possierliches Weibchen! Das Balzritual leitet der Homo Kaesseffiensis mit glitzernden Augen ein, um zu erfahren, ob sich das Weibchen willens zeigt, seine Gefühle zu erwidern (Foto 1) - oder ob es sich doch lieber vor der kalten Jahreszeit pragmatisch zeigt und in Schwindel erregenden Höhen weiße und schwarze Figürchen zum Knabbern sammelt, als sich später von einem zuweilen wankelmütigen und lustlosen Männchen ausgehungert wärmen lassen zu müssen. Wie einst Bernhard Grzimek in einer seiner beliebten Sendungen nachwies, ist dabei das sonstige schwache Geschlecht - ähnlich der Amazonen - beim Homo Kaesseffiensis das starke. Es sammelt die köstlichen Plastik- und Holzfigürchen, die sich entweder auf karierten Feldern, in kleinen Leinensäckchen oder Kästen verbergen, weit erfolgreicher als die männliche Spezies! Nur vor Urzeiten soll einmal das Männchen in den obersten Wipfeln der Ligen ähnlich emsig die ulkig geformten Köstlichkeiten, die zuweilen an Pferdchen erinnern, geschnappt und gehortet haben. Im Zuge der Evolution zeigte sich dann aber das Weibchen des Homo Kaesseffiensis auf Grund seines prächtig entwickelten Hirnlappens für besser geeignet, die Figürchen zu pflücken. Besonders kannibalisch agieren unter den Homo Kaesseffiensis die so adrett dreinblickenden Weibchen des Stammes der Werneronen! Meist treten sie mindestens zu zweit auf und sind in Rudeln besonders aggressiv beim Figurensammeln. Dabei vererbt der Stammvater der Werneronen sein Geschick nicht nur seinem Nachwuchs, sondern gibt früh sein Wissen mit größter Passion seinen Zöglingen preis. Mit kleinen, süßen Leckereien wie Elo-Bonbons belohnt der alte, weise Häuptling der Werneronen jeden noch so kleinen Fortschritt im überlebenswichtigen Kampf und dankt täglich mit einem Kniefall auf seinem 64-feldrigen Holzbrett gen Moskau seiner Göttin Caissa, dass seinem Stamm mit so lernfähigem Nachwuchs derlei viel Glück beschert ist.

   Doch zurück zu dem Paarungsritual, liebe Freunde. Oho! Das Weibchen - ausgerechnet eines des gerade beschriebenen Stammes der Werneronen - findet offensichtlich Gefallen an dem vorsichtig heranpirschenden Homo Kaesseffiensis! Oder handelt es sich nur um eine gewitzte Finte, damit es nachher dem leichtgläubigen Männchen einfacher die Figürchen wegschnappen kann? Der mit windschnittiger Kopfbehaarung versehene Liebestolle ahnt noch nichts Böses. Das herrliche Lachen verstärkt seine Gefühle, unwiderstehlich fühlt es sich hingezogen zu dem lila gefederten Prachttier! Das Männchen geht jetzt aufs Ganze!!! Stürmisch wirft es die gespitzten Lippen an die Wange des Weibchens. Die gefühlvoll massierte erogene Zone löst freudige Erregung bei der Werneronenveroni - so heißt im Fachjargon der Kaesseffiensis-Forscher der ältere Nachwuchs des Stammes - aus! Die Eroberung ist dem Männchen, das dem Nebenstamm der Kiefernadeln-, Kieferlatschen und Kieferhabern angehört, geglückt! Die drei großen K, wie der Nebenstamm unter Experten kurz bezeichnet wird, wurde einmal mehr seinem Ruf gerecht! Durch zärtliche Berührungen und einschmeichelndes Gurren becirct er die hübschesten Homo Kaesseffiensise und lässt deren Pulsschlag höher hüpfen. Erfahrungsgemäß suchen sich die Homo Kaesseffiensis, nachdem sie sich gefunden haben, ein gemeinsames Nest. Wie Schwäne werden sie ihr Leben nun künftig zusammen genießen und Nachwuchs heranziehen. Angesichts des Talents dieser Homo-Kaesseffiensis-Eltern wird es eine prächtige Herde der Figurensammler werden!

   Zufrieden stapft das Männchen ob seiner erfolgreichen Umwerbung mit stolz geschwellter Brust von dannen. Die Werneronenveroni widmet sich mit einem warmen Gefühl in der Brust wieder dem Figurensammeln. Egal, wie erfolgreich sie in den Wipfeln der obersten Ligen sein wird: Der nächste kalte Winter kann kommen!

 

Hochzeitsfeier

Holger und Veronika Kiefhaber recken strahlend einen bei der Hochzeitsfeier eroberten Zwerg in die Höhe

 

   Um nicht den Eindruck zu erwecken, dass der Nebenstamm der Kieferhabern nur aus nichtsnutzigen Gigolos besteht, die fleißige Figürchensammlerinnen erobern, um ihnen anschließend das leckere Gut wegzuschmatzen, hier der Gegenbeweis. Der Homo Kaesseffiensis hortet bevorzugt auf karierten Holzbrettern, die die Welt bedeuten, emsig Material, um seine künftigen Nachkommen füttern zu können!

 










Homo Kaesseffiensis, Kieferhabern - Homo, Schwachspieliensis
Legoland Open, 2002

 

1.e4 d6 2.d4 g6 3.Sc3 Lg7 4.h3 c6 5.a4 a5 6.Sf3 Sf6 7.Le3 0-0 8.Le2 Sa6 9.0-0 Sc7 10.Sd2 e5 Zunächst schien der Homo Kaesseffiensis nur verhalten seiner Aufgabe, dem Figürchensammeln, nachzukommen. Doch gleich geht's los! 11.dxe5! Aha, ein erster kleiner Happen der so bekömmlichen schwarzen Masse. 11...dxe5 12.Lc5 Hält begierig Ausschau nach einem fetten Opfer. 12...Te8 13.Sc4 Sd7 14.La3 Dg5 15.Sd6 Dieses breit gewachsene Figürchen, das dem natürlichen Feind auf e8 zu entkommen hoffte, scheint es dem Homo Kaesseffiensis angetan zu haben. Wieder wird es ins Visier genommen. 15...Td8 Hoppelt noch eins weiter. 16.Lc4 Se6 17.Sxf7! Weniger gewitzte Gesellen hätten sich das Rossfleisch auf e6 einverleibt und sich anschließend mit fettem Wanst, womöglich inklusive eines Nachtischs auf e6, zufrieden getrollt. Nicht jedoch der weitsichtige Jäger! Die vermeintliche Hatz nach dem inzwischen auf d8 versteckten Fettwanst erweist sich nur als famose Finte! Der Waidmann stärkt sich mit einem kleinen Bissen, der auf f7 abfällt, und wirft die Angel nach dem Braten seines Lebens aus! 17...Kxf7 Riecht denselbigen noch nicht! 18.Lxe6+! Brillant! Ein weiteres kleines schwarzes Dragee eingeworfen und den kapitalen Hecht aus seinem Rochade-Teich herausgezogen. 18...Kxe6 19.Sd5 Diagramm Holla! Versucht den feisten Feind weiter wie eine Gans zu stopfen, auf dass sie an all dem Schrot und Korn ersticke. 19...cxd5 20.Dxd5+ Nun begibt sich sogar die bisher so träge Wuchtbrumme ins Sammelgetümmel. 20...Kf6 21.f4 exf4 22.Le7+! Und wieder ein feiner Nadelstich, um auf einen größeren Figurenspieß zu kommen. 22...Kxe7 23.Dxg5+ Perfekt! Der erste kolossale Lohn für das energische Sammeln. Eine fettere Beute geht kaum. 23...Lf6 24.Dxf4 Kleiner Nachtisch. Mampf. 24...Tf8 25.Dh6 Tf7 26.e5 Man ist ja kein Unmensch, der Rivale soll sich auch kurz laben dürfen. 26...Sxe5 27.Tae1 Le6 Diagramm Und weiter geht's. 28.Txf6! Txf6 29.Txe5! Taf8 30.Dxh7+ Und noch ein Häppchen dank der großen Laufbereitschaft (mittlerweile über elf Felder)! 30...T8f7 31.Dh4 b6 32.Tb5 Kf8 33.Dh6+ Ke7 34.Txb6 Diagramm Jetzt ist's gut. Der Homo Schwachspieliensis wankt hinfort und räumt den bestellten Acker für den überlegenen Homo Kaesseffiensis. Und was lernen wir aus dieser weißen Sammelaktion? Egal, was passiert, der Homo Kaesseffiensis, speziell der Nebenstamm der Kieferhabern, denkt immer an seine Dame und opfert sie nie für kurze andere Gelüste! 1-0

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